Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
noch nicht so gut lesen, oder?«
Mir fielen auf Anhieb ein paar Erwiderungen ein, aber keine schien wirklich passend.
»Und wenn ich Ihnen einen Auftrag gebe, dann erledigen Sie ihn, verdammt. Arbeiten Sie für mich oder arbeiten Sie nicht für mich?«
Vermutlich bezog er sich auf meine Weigerung, in meinem Memo die beiden Bieter für den Gefängnisauftrag zu disqualifizieren, sprach es aber nicht explizit aus. Ich hoffte auf etwas detaillierte Ausführungen zu diesem Thema. Nur zu gerne hätte ich Charlie Ciminos Eingeständnis auf Band gehabt, dass jemand mein Memo gefälscht hatte.
Ich reichte ihm das Dokument, an dem ich gestern in meinem Büro im Regierungsgebäude gearbeitet hatte. Es war ein Memo über den Gefängnisauftrag mit der von Cimino gewünschten Schlussfolgerung, aber diesmal von mir verfasst.
Er betrachtete es zwei Sekunden. »Was ist das?«, wollte er wissen.
»Das«, erwiderte ich, »ist ein Memorandum, das ich gestern geschrieben habe und in dem ausgeführt wird, warum die beiden
günstigeren Bieter für den Gefängnisauftrag nicht tauglich sind und Higgins den Zuschlag erhalten sollte.«
»Wir haben bereits so ein …«
»Klar, haben Sie bereits eines, wer auch immer es geschrieben hat. Wer hat es übrigens geschrieben?«
Cimino starrte mich einfach nur wütend an. Bereits mein zweiter Fehlschlag. Er würde mir nicht dabei helfen, mich selbst aus der Patsche zu ziehen. Vermutlich würden Tucker und Chris Moody amüsiert kichern, wenn sie mich hier vergeblich herumstochern hörten.
»Wer immer es geschrieben hat – es ist Müll«, fuhr ich fort. »Es war nicht überzeugend. Wenn Sie die beiden Bieter disqualifizieren wollen, dann ist das hier der richtige Weg. Das ist das Memo, das Sie brauchen.«
Er starrte eine Weile lang durch mich hindurch. Und ich gebe zu, in einem kurzen Panikanfall dachte ich: Er weiß Bescheid; doch mir blieb nichts anderes übrig, als äußerlich die Ruhe zu bewahren, und irgendwann senkten sich seine Augen auf das Dokument. Er überflog es, bis er zu der entsprechenden Stelle kam. »Okay. Ja. Das ist besser.« Er blickte zu mir auf. »Hört sich besser an.«
»Jack Hauser war neulich bei mir«, sagte ich. »Ich vertrete ihn jetzt in einem Streitfall mit der Stadt.«
Er fixierte mich und seine Augen wurden schmal. »Ach wirklich?«
»Irgendwie hab ich den Eindruck, wir haben im Moment etwas Verständigungsprobleme«, sagte ich.
Wir umtänzelten das Thema. Mir blieb nicht viel anderes übrig. Schließlich konnte ich nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen. Ich musste ihm klarmachen, dass wir jetzt am selben Strang zogen, ohne es direkt auszusprechen. Er
sollte verstehen, dass es einen Grund für meinen plötzlichen Meinungsumschwung gab und dafür, dass meine sture Weigerung, seinen Anweisungen zu folgen, plötzlich diensteifrigem Gehorsam gewichen war. Der vermeintliche Grund lag schlicht und einfach darin, dass er die Baufirma Hauser an mein Anwaltsbüro verwiesen hatte. Jemand wie Cimino würde bereitwillig glauben, dass ich mit ins Boot wollte und ihm als ergebener Helfershelfer dienen würde, wenn mir dafür nur die entsprechenden Anreize geboten wurden. So tickte er, und es war psychologisch tröstlich für ihn, wenn andere ähnliche Motivationen erkennen ließen. Er schickte mir diesen Klienten, um mich mit an Bord zu holen, und ich gab ihm zu verstehen, dass es gewirkt hatte.
»Wirklich?«, sagte er. Er hielt sich bedeckt, was clever von ihm war.
Ich deutete auf das Dokument. »Ein paar der Unternehmen werden nicht glücklich darüber sein, dass ihnen der Gefängnisauftrag durch die Lappen gegangen ist. Vielleicht klagen sie. Vielleicht schlagen sie Lärm. Reden darüber. Mit Reportern. Politikern. Scheiße, womöglich sogar mit der Polizei. Diese Leute werden herausfinden wollen, was dahintersteckt.«
Er hörte mir mit stoischer Miene zu. »Erzählen Sie mir da irgendwas, das ich nicht bereits weiß?«
»Nein, ich denke, Sie wissen es. Aber dieses andere Memo, auf dem mein Name steht, das ich aber nicht geschrieben habe – dieses Memo ist Müll. Es würde nicht standhalten. Hören Sie«, sagte ich und beugte mich vor, »falls jemals irgendein Geschäftsbereich der BBK unter die Lupe genommen werden sollte, müssen Sie jederzeit darauf verweisen können, dass Sie auf anwaltlichen Rat hin gehandelt haben. Aber dieser anwaltliche Rat muss überzeugend klingen, Charlie.
Und dieses andere Memo – es ist alles andere als überzeugend. Ganz im
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