Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
mittlerweile offensichtlich geschaltet hatte.
»Der zweite Grund ist: Die Charlie-und-Jason-Show funktioniert nicht ohne Jason. Richtig, Lee? Charlie mag mich. Ich sorge dafür, dass er juristische Rückendeckung hat; zumindest glaubt er das. Ich verschaffe ihm ein sicheres Gefühl. Bisher habe ich ihm ein paar prima Ideen geliefert. Und ich bin in den innersten Zirkel vorgedrungen. Vermutlich würde es Sie mindestens ein weiteres Jahr kosten, um jemanden zu finden, der so nah dran ist wie ich.«
»Ausgeschlossen«, erklärte Moody. »Wir stellen keinen Freifahrschein für potenzielle Angeklagte aus.«
»Wie Sie meinen.« Ich erhob mich und marschierte an Tucker vorbei zur Tür. »Sie haben vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit. Entweder Sie entlasten Shauna Tasker für immer von allen Vorwürfen, oder Sie können mich gernehaben.«
Ich stieß die Glastür auf und lief in Richtung Aufzug. Einer der beiden – nicht schwer zu erraten, wer – fing die Tür ab und folgte mir. Ich drückte den Aufzugknopf und begann zu pfeifen. Chris Moody stand dicht neben mir und sprach mit meinem Profil.
»Der Punkt geht an Sie«, sagte er. »Ihre Freundin kriegt einen Freifahrschein. Aber es ist mir ernst mit dem, was ich gerade dadrin gesagt habe. Ich werde Sie gemeinsam mit Cimino und den Übrigen anklagen. Das garantiere ich Ihnen. Haben Sie das gehört, Rockstar? Ich gebe Ihnen meine beschissene Garantie darauf. Ich werde Sie wegen allem belangen, was ich bereits gegen Sie in der Hand habe, und außerdem
wegen allem, was mir sonst noch so einfällt. Und nur wenn ich ab jetzt eine hundertprozentige Kooperation von Ihrer Seite sehe – und ich meine hundert Prozent, nicht neunundneunzig –, dann denke ich vielleicht über eine Reduzierung nach. Trotzdem werden Sie im Gefängnis landen. Vielleicht zwei Jahre, vielleicht drei. Mit allem, was Sie gerade geäußert haben, haben Sie sich eine tiefe, tiefe Grube gegraben. Sie, mein Freund, werden eingelocht. Stellt sich lediglich die Frage, wie lange.«
Sein Gesicht war krebsrot. Ich hatte ihm eine reingewürgt, doch er hatte mindestens ebenso viel ausgeteilt, wie er eingesteckt hatte. Nun konnte ich mir jede Hoffnung auf guten Willen seinerseits abschminken. Ich würde zusammen mit Charlie Cimino, Greg Connolly und wem auch immer auf der Anklagebank sitzen.
Ich hatte Shauna entlastet, aber zu einem beträchtlichen Preis.
Um ein altes Sprichwort abzuwandeln: Es gibt nichts Schlimmeres als die Rache eines geschmähten Staatsanwalts.
Tiefer
Februar 2008
40
»Wir waren immer dankbar, für die Behörde arbeiten zu dürfen. « Beklommen beäugte Mitchell DeSantis Charlie Cimino und mich, während wir unsere Fischplatten verspeisten. Er meinte damit die Finanzbehörde, für die DeSantis’ Unternehmen staatliche Lotterietickets im Wert von jährlich vier Millionen druckte. »Ich glaube, wir haben die Aufträge der Finanzbehörde immer pünktlich erfüllt.«
»Aber nun haben wir eine neue Regierung«, erklärte Cimino, unsere Standarderöffnung in den letzten zwei Wochen. Mit einer neuen Verwaltung – auch wenn sie bereits ein Jahr im Amt war – kamen Veränderungen, besonders da eine andere politische Partei am Ruder war. Das lieferte zumindest einen gewissen Vorwand. »Wir machen Stichproben und haben gewisse Bedenken.«
»Bedenken? Was für Bedenken? Ich habe nichts von irgendwelchen Beschwerden gehört.« DeSantis war ein dünner, nervöser Mann. Sein Kinn und seine Nase verliehen ihm ein gebildetes, fast vogelähnliches Aussehen.
Cimino warf ihm einen abschätzigen, gelangweilten Blick zu, der sein Gefühl von Macht demonstrieren sollte. »Dann erfahren Sie jetzt davon.«
Nun war ich an der Reihe. Cimino musste inzwischen nicht mal mehr in meine Richtung schauen. Wir waren ein perfekt eingespieltes Team. »Mr. DeSantis«, sagte ich, »laut Vertrag
kann die Behörde den Auftrag jederzeit ohne Kündigungsfrist beenden, wenn ein Grund dafür vorliegt. Und wenn kein Grund vorliegt, dann beträgt die Kündigungsfrist neunzig Tage bis zur neuerlichen Ausschreibung des Auftrags.«
»Aber was liegt denn vor?«, wollte er wissen. »Wir haben immer termingerecht geliefert. Da war einmal die Sache mit der neuen Tinte – die wir sofort wieder in Ordnung gebracht haben, ohne dem Staat etwas dafür in Rechnung zu stellen.«
»Was mein Anwalt hier sagen möchte, Mitch, ist Folgendes: Wir brauchen keinen Grund. Und danach bleiben Ihnen noch neunzig Tage. Aber falls Jason die Behörde
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