Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
ihnen zuhören sollte oder Peter, der in aller Kürze den Plan für die Nacht erklärte. Es schien Francis so, als wollte Peter ihm die Einzelheiten ersparen, als wollte er ihn möglichst an den Rand der Geschehnisse drängen und aus der Gefahrenzone heraushalten.
    »Lucy soll der Köder sein?«, fragte Francis.
    »Ja und nein«, erwiderte Peter. »Sie wird dort sein, und sie mimt den Lockvogel. Aber das ist es auch schon. Ihr wird nichts passieren. Wir haben das alles durchgeplant. Die Moses-Brüder decken sie auf der einen Seite und ich auf der anderen.«
    Das stimmt nicht
, dachte Francis.
    Einen Moment lang schwieg er, denn es gab zu viel zu sagen, und er wusste nicht, wo er anfangen sollte. »C-Bird, was ist los?«
    Francis rieb sich die Hände, als wollte er etwas Klebriges loswerden. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte er, auch wenn er wusste, dass es gelogen war. Er stotterte, und er wollte seiner Stimme unbedingt Stärke verleihen, Leidenschaft und Überzeugungskraft, doch während er sprach, hatte er das Gefühl, dass jedes Wort, das ihm über die Lippen kam, voller Schwäche war. »Ich hab’s nur gespürt. Es war dasselbe Gefühl, das ich hatte, als er an mein Bett kam und mich bedroht hat. In der Nacht, als er den Tänzer mit einem Kissen erstickt hat. Dasselbe hab ich gefühlt, als ich Cleo da hängen sah …«
    »Cleo hat sich selber erhängt.«
    »Er war da.«
    »Sie hat sich selbst das Leben genommen.«
    »Er war da!«, sagte Francis und legte allen Nachdruck in seine Worte, den er aufbringen konnte.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Er hat ihre Hand verstümmelt, nicht Cleo. Der Daumen wurde entfernt, er konnte nicht an die Stelle gefallen sein, wo wir ihn gefunden haben. Nirgends war eine Schere oder ein selbst gemachtes Messer zu finden. Nur dort im Treppenhaus war Blut, sonst nirgends, genau da also muss ihr der Finger abgeschnitten worden sein. Nicht sie hat das getan. Das war er.«
    »Aber wieso?«
    Francis legte die Hand an die Stirn. Er fühlte sich, als hätte er Fieber, als wäre die ganze Welt in seiner Umgebung von der Sonne versengt. »Um sich mit ihr in Verbindung zu bringen. Um zu zeigen, dass er überall ist. Ich kann es letztlich nicht sagen, Peter, aber es war eine Botschaft, und zwar eine, die wir nicht verstehen.«
    Peter betrachtete Francis aufmerksam, doch unverbindlich. Es war, als glaubte er Francis alles, was er sagte, und dann doch wieder nicht. »Und die Entlassungsverhandlungen? Du sagst, du hast gefühlt, dass er da war?« Peter konnte die Skepsis in seiner Stimme nicht verbergen.
    »Der Engel muss kommen und gehen können. Er braucht Zugang zu beiden Welten – drinnen und draußen.«
    »Wieso?«
    Francis holte tief Luft. »Macht. Sicherheit.«
    Peter nickte und zuckte gleichzeitig die Schultern. »Vielleicht. Mag sein. Aber alles in allem, C-Bird, ist der Engel einfach ein Killer mit einer besonderen Vorliebe für einen bestimmten Körperbau sowie Haarschnitt und -farbe und einer Neigung zur Verstümmelung. Vermutlich könnte Gulptilil oder sonst irgendein Seelenklempner sich endlos darüber auslassen, dass der Engel als Kind misshandelt worden ist, aber letztlich zählt das nicht. Unterm Strich ist er nur ein übler Bursche, der üble Taten begeht, und ich denke mal, wir schnappen ihn uns heute Nacht, weil er ein zwanghafter Typ ist, der dem Köder, den wir für ihn gelegt haben, nicht widerstehen kann. Hätten wir am besten gleich so machen sollen, statt mit Befragungen und Patientenakten unsere Zeit zu vergeuden. So oder so wird er auftauchen. Und das war’s dann.«
    Francis wollte sich Peter so gerne anvertrauen, doch er konnte es nicht. »Peter«, sagte er vorsichtig, »vermutlich hast du mit allem, was du sagst, Recht. Aber wenn nun nicht. Wenn er nun nicht das ist, wofür du und Lucy ihn haltet. Wenn nun alles, was bisher passiert ist, auf etwas ganz anderes hinausliefe.«
    »C-Bird, ich kann dir nicht folgen.«
    Francis schluckte Luft. Seine Kehle fühlte sich trocken an, und er brachte kaum mehr als ein Flüstern heraus. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, wiederholte er. »Aber alles, was du und ich und Lucy getan haben, entspricht dem, was er von uns erwartet hat …«
    »Wie gesagt: Das gilt für jede Ermittlung. Eine konsequente Untersuchung der Fakten und Details.«
    Francis schüttelte den Kopf. Er wollte wütend werden, empfand aber nur Angst. Schließlich hob er den Kopf und sah sich um. Er entdeckte Newsman, der eine Zeitung aufgeschlagen hatte

Weitere Kostenlose Bücher