Die Anstalt
– dann begriff er, dass vielleicht ein, zwei Meter von ihm entfernt, doch ohne dass er das Geringste sehen konnte, Peter und der Engel ineinander verkeilt waren und sich zwischen allerlei Gerümpel auf dem Kellerboden wälzten. Francis streckte den Arm aus, doch die beiden Männer hatten sich von ihm weggerollt, und einen kurzen, entsetzlichen Moment lang war er vollkommen allein und lauschte gebannt auf die tierischen Laute eines verzweifelten Zweikampfs auf Leben und Tod, der sich in seiner Nähe oder auch meilenweit entfernt abspielte.
Im Amherst-Gebäude war Mr. Evans außer sich und setzte alles daran, die Patienten zu organisieren und in ihren Schlafsaal zurückzubefördern, doch Napoleon machte ihm, von den Ereignissen beflügelt, Scherereien und bestand hartnäckig darauf, sie hätten ihre Anweisungen von C-Bird und Fireman, und niemand würde sich von der Stelle rühren, bis Miss Jones sicher im Krankenwagen abtransportiert und Francis und Peter wieder aufgetaucht seien. Diese kühne Behauptung des kleinen Mannes entsprach nicht ganz der Wahrheit, denn während er, von Newsman flankiert, in der Mitte des Korridors stand und sich Mr. Evil widersetzte, vertraten sich mehrere Patienten im Flur die Beine. Hinter der immer noch verriegelten Tür zum Frauenschlafsaal am anderen Ende machten sich im Chor eine Reihe Befürchtungen Luft – »Mord! Feuer! Vergewaltigung! Hilfe!« –, womit sie, solange sie nicht wussten, was vorgefallen war, einfach sämtliche Möglichkeiten durchgingen. Bei dem Höllenlärm war es schwer, einen klaren Kopf zu behalten.
Dr. Gulptilil beugte sich über die blutende Lucy am Boden, während zwei Sanitäter sich fieberhaft um sie bemühten. Einem gelang es endlich, die Blutung in ihrem Bein mit einem Stauschlauch zu stillen, während ein anderer ihr einen Plasmatropf am Arm anbrachte. Sie war bleich und schwebte zwischen Ohnmacht und Wachen, versuchte, etwas zu sagen, brachte aber nichts über die ausgetrockneten Lippen. Schließlich gab sie auf und driftete an der Grenze zur Wirklichkeit hin und her. Nur von fern bekam sie mit, dass Leute ihr zu helfen versuchten. Mit Big Blacks Hilfe verfrachteten die beiden Sanitäter sie auf eine Bahre und hoben sie hoch. Zwei Leute vom Wachdienst in grauer Uniform standen unsicher herum und warteten auf Anweisungen.
Als Lucy hinausgerollt wurde, wandte sich Gulp-a-pill an die Moses-Brüder. Sein erster Instinkt war, lautstark auf einer Erklärung zu bestehen, doch dann beschloss er, erst einmal abzuwarten. Und so fragte er nur: »Wohin?«
Big Black trat vor. Seine weiße Pflegerjacke war von dem Versuch, Lucys Wunden zu stillen, blutverschmiert. Bei Little Black war es nicht anders.
»In den Keller runter«, sagte Big Black. »C-Bird und Fireman sind ihm gefolgt.«
Gulptilil schüttelte den Kopf. »Du meine Güte«, sagte er flüsternd, obwohl er fand, dass die Situation eigentlich nach Kraftausdrücken verlangte. »Zeigen Sie mir, wo«, forderte er die Pfleger auf.
Die Moses-Brüder führten den Chefarzt zur Kellertür. »Sie sind in den Tunnel?«, fragte Gulptilil, obwohl er die Antwort bereits wusste. Big Black nickte. »Wissen wir, wo der rauskommt?«
Little Black schüttelte den Kopf.
Dr. Gulptilil hegte keineswegs die Absicht, irgendjemandem durch den dunklen Schlund des Heizungsschachts zu folgen. Er holte tief Luft. Er war einigermaßen zuversichtlich, dass Lucy Jones ihre Verletzungen überleben würde, wie brutal sie auch zugerichtet war, es sei denn, Schock und Blutverlust würden sich gegen sie verschwören. Aus professioneller Distanz musste er einräumen, dass diese Möglichkeit bestand. Im Moment allerdings machte er sich keine allzu großen Gedanken darüber, wie es mit ihr weiterging. Doch dem Chefarzt war nur allzu klar, dass vermutlich noch jemand in dieser Nacht sterben würde, und er versuchte, sich schon jetzt darüber klar zu werden, was für ein Ärger ihm dann erst ins Haus stand. »Also«, sagte er seufzend, »wir können nur vermuten, dass er entweder zum Williams, dem nächstgelegenen Bau, rüberführt oder zum Kraftwerk zurück, da sollten wir also jeweils suchen.« Dabei ließ er unerwähnt, dass die Suche an diesen beiden Stellen nur Erfolg versprach, wenn Francis und Peter es bis dorthin schafften, eine Annahme, zu der er sich nicht durchringen konnte.
Im Dunkel des Kellers kämpfte Peter hart.
Er wusste, dass er schwer verwundet war, doch wie schwer genau, konnte er nicht sagen. Es war, als
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