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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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jüngeren Freund und blieb immer wieder stehen, um angestrengt in das Dunkel zu hören, das er allmählich verfluchte, weil es das Tempo ihrer Verfolgung stark hemmte. Ihn beschlich das Gefühl, dass sie nur halb so schnell und halb so gut durchkamen, wie sie sollten, und er flüsterte Francis zu, sie müssten schneller gehen. Im Tintenschwarz der Röhre schien es ihnen, als hätten sie jede Verbindung zur Welt über der Erde abgebrochen, und sie beide versuchten ganz allein, eine gefährliche Beute zu jagen, die sich irgendwo vor ihnen versteckte. Peter versuchte, seinen Kopf zu logischem, präzisem Denken zu zwingen, die Situation abzuschätzen und zu erwägen, vorauszuschauen und vorherzusagen, doch das erwies sich als unmöglich. Das alles gehörte zu Licht und Luft oben über ihren Köpfen, und Peter stellte fest, dass er nicht mehr darauf zurückgreifen konnte. Er wusste nur, dass der Engel einen Plan, ein Vorhaben verfolgte, doch ob es um Flucht oder Ausweichen oder einfach nur Verstecken ging, konnte er nicht ergründen. Er wusste nur, dass er vorwärts kommen und dafür sorgen musste, dass Francis weiterging, denn er hatte die schreckliche Angst, dass kein Dschungelpfad, den er je entlanggeschlichen war, und kein brennendes Gebäude, das er je betreten hatte, auch nur annähernd so gefährlich war wie der Pfad, auf dem er sich jetzt befanden. Peter vergewisserte sich, dass die Pistole entsichert war.
    Er stolperte und fluchte und fluchte zum zweiten Mal, als er das Gleichgewicht wiedergewann.
    Francis trat auf ein undefinierbares Hindernis und schnappte nach Luft, während er die Arme von sich streckte, um nicht hinzufallen. Er hatte den Eindruck, dass hier jeder Schritt so unsicher war wie bei einem Kind, das gerade laufen lernt. Doch als er aufsah, entdeckte er plötzlich einen Punkt aus gelbem Licht, scheinbar Meilen von ihnen entfernt. Er wusste, dass Entfernungen im Dunkeln schwer abzuschätzen waren, und in der nächsten Sekunde war ihm klar, dass dort vorne etwas anderes auf sie wartete, und er versuchte, dem Licht entgegenzueilen, um aus dem Tunnel herauszukommen, egal, was vor ihnen lag.
    »Was meinst du?«, hörte er Peter flüstern.
    »Das Kraftwerk?«, antwortete er leise. »Ein anderes Wohnheim?«
    Keiner von ihnen hatte die geringste Ahnung, worauf sie zusteuerten. Sie wussten nicht einmal, ob sie in einer geraden Linie hergekommen waren. Sie waren desorientiert, verängstigt, und ihre Nerven bis zum Zerreißen gespannt. Peter klammerte sich an die Waffe, weil wenigstens die ihm als etwas Reales, etwas Verlässliches erschien. Francis hatte nichts Konkretes dieser Art, an das er sich klammern konnte.
    Francis lief weiter dem fahlen Licht entgegen. Mit jedem Schritt wurde es größer, zwar nicht an Leuchtkraft, aber doch an Durchmesser, ein bisschen so wie das allererste Morgengrauen über einem fernen Gebirge, das gegen den Nebel und die Wolken und die letzten Ausläufer eines heftigen nächtlichen Gewitters kämpft.
    »Weiter«, drängte Peter. Er sagte, um seine eigene Stimme zu hören und sich zu bestätigen, dass die klaustrophobische Enge des Heizungstunnels gleich überstanden war. Francis war seinerseits froh, Peter reden zu hören, auch wenn die Worte aus der Dunkelheit hinter ihm kamen, körperlos wie von einem Gespenst, das ihm auf den Fersen war.
    Die beiden Männer kämpften sich weiter vorwärts und stellten fest, dass das fahle gelbe Licht, das sie lockte, endlich ein bisschen Klarheit in das Dunkel ihres Wegs brachte. Francis zögerte und hielt sich eine dreckverschmierte Hand vors Gesicht, als wäre es überraschend, dass er plötzlich wieder sehen konnte. Er stolperte erneut, als sein Bein in irgendwelchem unförmigen Gerümpel hängen blieb. Dann blieb er abrupt stehen, denn etwas allzu Offensichtliches schien ihm zum Greifen nahe, und er wollte es verstehen. Peter gab ihm einen leichten Schubs, und sie kamen an die Stelle in der Wand, an der ihr Schacht endete. Als sie in das schwache Licht hinausstolperten und sich freuten, dass sie wieder sehen konnten, wurde Francis bewusst, was ihn die letzten Sekunden beschäftigt hatte.
    Sie hatten den ganzen Tunnel durchquert, waren aber nicht ein einziges Mal auf unangenehme Spinnweben gestoßen, die sich über den dunklen Hohlraum spannten. Das war nun wirklich vollkommen unmöglich. Es musste Spinnen im Tunnel geben.
    Und dann begriff er, was es zu bedeuten hatte. Jemand anders war dort durchgekommen und hatte sie zerstört.
    Er hob

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