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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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herüber, dass ich die berauschende Frische ihrer gestärkten weißen Tracht und ihres Haarshampoos riechen konnte. »Nein«, sagte sie kaum leise. »Wichtige Besucher. Sie haben ja keine Ahnung, Mr. Petrel, was die Leute hier auf Station über Sie reden. Sie sind das größte Rätsel in der Klinik. Anweisungen von ganz oben, damit Sie das beste Zimmer kriegen. Die beste Behandlung. Die ganze Zeit halten Leute die Hand über Sie, die keiner kennt. Und dann heute auf einmal so ein paar VIP s in ’ner langen schwarzen Limousine, die Sie nach Hause holen. Sie müssen jemand Wichtiges sein, Mr. Petrel. Ein Prominenter. Zumindest denken das die Leute hier.«
    »Nein«, sagte ich. »Ich bin nichts Besonderes.«
    Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Sie sind zu bescheiden.«
    Hinter ihr ging die Tür auf, und der leitende Psychiater steckte den Kopf herein. »Ach, Mr. Petrel«, sagte er, »Sie haben Besuch.«
    Ich sah zur Tür und hörte hinter ihm eine vertraute Stimme. »C-Bird? Was treibst du da drinnen?«
    Und dann eine zweite: »C-Bird, machst du irgendwem Ärger?«
    Der Psychiater trat beiseite, und Big Black und Little Black kamen ins Zimmer.
    Falls Big Black sich verändert hatte, dann war er noch riesiger geworden. Er hatte einen imposanten Taillenumfang, der wie ein Ozean in ein Fass von einem Brustkorb und die dicken Arme überging, und darunter Stahlpfeilerbeine. Er trug einen dreiteiligen Nadelstreifenanzug, der nach meinem unmaßgeblichen Eindruck sehr teuer schien. Sein Bruder war nicht weniger herausgeputzt, mit Lederschuhen, in denen sich die Deckenlampen spiegelten. Bei beiden zeigten sich die ersten grauen Strähnen, und Little Black hatte eine Goldrandbrille fast auf der Nasenspitze sitzen, was ihm eine gewisse intellektuelle Ausstrahlung verlieh. Es kam mir so vor, als hätten sie ihre Jugend abgelegt und gegen Seriosität und eine gehobene Stellung getauscht.
    »Hallo, Mr. Moses und Mr. Moses«, sagte ich.
    Die beiden Brüder waren im Nu an meinem Bett. Big Black streckte seine massige Hand aus und patschte mir auf die Schulter. »Geht’s besser, C-Bird?«, fragte er.
    Ich zuckte die Schultern.
    Dann wurde mir bewusst, dass ich damit nicht unbedingt einen allzu positiven Einruck vermittelte, und so fügte ich hinzu: »Also, ich bin nicht gerade verrückt auf all die Medikamente, aber ich denke, mir geht’s auf jeden Fall bedeutend besser.«
    »Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, sagte Little Black. »Einen verdammten Schrecken.«
    »Als wir dich gefunden haben«, sagte Big Black ruhig, »waren wir nicht sicher, ob du durchkommst. Du warst wirklich schon ziemlich hinüber, C-Bird. Hast mit Leuten geredet, die nicht da waren, mit Sachen um dich geworfen, dich geprügelt, gebrüllt. Ziemlich unheimlich.«
    »Mir ist es eine Weile nicht so gut gegangen.«
    Little Black nickte. »Wir haben alle schon mal schwere Zeiten erlebt. Hast uns eine mordsmäßige Angst gemacht.«
    »Ich wusste nicht, dass
Sie
mich gefunden haben«, sagte ich.
    Big Black lachte und sah seinen Bruder an. »Na ja, eigentlich machen wir so was schon lange nicht mehr. Nicht wie in den guten alten Zeiten, als wir jung waren und in diesem alten Laden gearbeitet haben und dem ollen Gulp-a-pill nach der Pfeife tanzen mussten. Das war mal. Aber wir bekamen einen Anruf und sind sofort rübergeflitzt, und wir sind verdammt froh, dass wir gerade noch ankamen, bevor du …«
    »Ich mich umgebracht habe?«
    Big Black lächelte. »Also, wenn du’s so ungeschminkt sagen willst, C-Bird, dann hast du’s genau getroffen.«
    Ich lehnte mich ein wenig in die Kissen zurück und sah die beiden Männer an. »Woher wussten Sie …«, fing ich an.
    Little Black schüttelte den Kopf. »Also, wir haben dich schon seit ’ner ganzen Weile im Auge, C-Bird. Haben regelmäßig bei Mr. Klein im Behandlungszentrum nachgefragt, welche Fortschritte du machst. Und ’ne Menge Anrufe von den Santiagos von gegenüber. Die haben uns geholfen, auf dich aufzupassen. Und dann die örtliche Polizei und ein paar Geschäftsleute in deiner Gegend, die haben C-Bird über die Jahre alle ein bisschen im Auge behalten. Wundert mich, dass du davon nichts mitbekommen hast.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Ahnung. Aber wie haben Sie die nur dazu gebracht …«
    »’ne Menge Leute sind meinem Bruder und mir verpflichtet, im großen Stil, C-Bird. Und dann gibt’s ’ne Menge Leute, die dem Bezirkssheriff – er wies mit dem Kopf auf Big Black –

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