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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Lucy Jones. Die hatte die Augen zusammengekniffen, ihr Gesicht war starr. Eine Sekunde lang hatte Francis das Gefühl, sie sei glühend heiß und eiskalt in einem.
    Sie atmete langsam und sagte ruhig und entschlossen: »Ich werde diesen Mann finden, Doktor.«
    Gulp-a-pill starrte hilflos auf die Fotos. Francis sah, dass er versuchte, das Ausmaß der Krise einzuschätzen. Nach einer Weile streckte er die Hand aus, nahm alle Bilder vom Tisch und legte sie wie ein Falschspieler zusammen, als hätte er sie vorher gut durchgemischt, obwohl er genau wusste, wo sich das Pikass befand. Er ordnete sie zu einem Stapel und klopfte damit senkrecht auf den Tisch, um eine gerade Kante zu bekommen. Dann händigte er ihn Lucy aus. »Ja«, sagte er gedehnt, »ich glaube, das werden Sie. Oder zumindest alles daransetzen.«
    Francis hatte das Gefühl, dass Gulp-a-pill kein einziges Wort von dem meinte, was er sagte. Und dann dachte er noch einmal nach. Vielleicht meinte Gulptilil das eine oder andere von dem, was er sagte, ernst und anderes nicht. Es war ziemlich knifflig, herauszufinden, was wozu gehörte.
    Der Arzt setzte sich und trommelte einen Moment lang mit den Fingern auf den Tisch. Er sah zu der jungen Staatsanwältin hinüber und zog die buschigen schwarzen Augenbrauen hoch, als ahnte er, was als Nächstes kam.
    »Ich brauche Ihre Unterstützung«, sagte Lucy schließlich.
    Dr. Gulptilil zuckte die Schultern. »Selbstverständlich, das liegt auf der Hand. Meine Hilfe und die Hilfe anderer, gewiss. Doch trotz der starken Übereinstimmung zwischen dem Todesfall, den wir hier hatten, und den Fällen, die Sie uns so spektakulär vor Augen geführt haben, glaube ich, dass Sie sich in Wahrheit irren. Ich bin davon überzegt, dass unsere Lernschwester auf tragische Weise von dem Patienten angegriffen wurde, der sich derzeit in Haft befindet und des Verbrechens angeklagt ist. Doch im Interesse der Gerechtigkeit werde ich Ihnen selbstverständlich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln helfen, und sei es auch nur zu Ihrer Beruhigung.«
    Wieder fiel Francis auf, dass der Arzt ein bestimmtes Wort sagte und etwas anderes meinte.
    »Ich werde so lange hier bleiben, bis ich ein paar Antworten habe«, sagte Lucy.
    Dr. Gulptilil nickte langsam. Er rang sich ein säuerliches Lächeln ab. »Auf Antworten verstehen wir uns hier vielleicht nicht allzu gut«, sagte er langsam. »Fragen haben wir mehr als genug. Doch Lösungen finden sich weitaus schwerer. Und ganz bestimmt nicht mit der juristischen Präzision, die Ihnen vorschwebt, Miss Jones. Gleichwohl«, fuhr er fort, »halten wir uns zu Ihrer Verfügung, so weit es in unserer Macht steht.«
    »Um die Ermittlungen angemessen durchführen zu können«, sagte Lucy mit Nachdruck, »werde ich, wie Sie richtig sagten, auf Hilfe angewiesen sein. Und ich brauche Zutritt.«
    »Ich darf Sie nochmals daran erinnern, dass dies hier eine Nervenheilanstalt ist, Miss Jones«, warf der Arzt hastig ein. »Unsere Aufgaben hier sind vollkommen anderer Natur als die Ihren, und könnten mit den Ihren in Konflikt geraten. Es wäre nicht zu verantworten, wenn Ihre Anwesenheit die Abläufe in dieser Einrichtung durcheinander brächte. Noch dürfen Sie sich mit Ihrem Anliegen der Patientengemeinschaft aufdrängen, so dass der labile Zustand einer Reihe von Menschen, die wir behandeln, dadurch noch verschlimmert wird.«
    Der Doktor schwieg und fuhr dann in einem selbstsicheren Singsangton fort: »Wir werden Ihnen die Krankenberichte zugänglich machen, so weit Sie Einsicht wünschen. Doch was die Stationen betrifft und die Befragung potenzieller Zeugen oder Verdächtiger – nun, da sind uns die Hände gebunden. Immerhin stehen wir Tag für Tag Menschen bei, die mit ernsten und oftmals erdrückenden Leiden geschlagen sind. Unsere Aufgabe ist therapeutischer, nicht investigativer Natur. Wir haben hier niemanden, der über die Art Fachkenntnis verfügt, die Sie benötigen werden …«
    »Das ist nicht wahr«, sagte Peter the Fireman leise vor sich hin. Bei seinen Worten horchten alle auf, und das folgende Schweigen erfüllte den Raum mit einer trügerischen Ruhe. Mit ruhiger, fester Stimme fügte er hinzu: »Ich schon.«

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    Teil zwei
    Eine Welt der Geschichten
     

10
    Meine Hand war so verkrampft und wund wie meine ganze Existenz. Ich hielt den Bleistiftstummel so fest, als wäre er eine Art Rettungsleine, die mich mit der Zurechnungsfähigkeit verband. Oder auch mit der Unzurechnungsfähigkeit. Es fiel mir

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