Die Arena
wie Little Walter in seinem Bettchen im Raum nebenan.
Zuletzt hatten die vier sie ermahnt, ja den Mund zu halten, und sie blutend auf der Couch zurückgelassen: verletzt, aber lebend. Sie hatte beobachtet, wie die Lichtfinger ihrer Scheinwerfer über die Decke im Wohnzimmer glitten, als sie wendeten, um in die Stadt zurückzufahren. Danach war sie mit Little Walter allein gewesen. Sie war mit ihm auf und ab gegangen, endlos auf und ab, und hatte nur haltgemacht, um ein Höschen anzuziehen (nicht den rosa Slip; den wollte sie nie wieder tragen) und es im Schritt mit Toilettenpapier auszustopfen. Sie hatte Tampons, aber schon die Vorstellung, dort etwas hineinzustecken, war ihr zuwider.
Endlich war Little Walters Kopf schwer auf ihre Schulter gesackt, und sie spürte, dass er auf ihre Haut sabberte - ein untrügliches Zeichen dafür, dass er wirklich und fest schlief. Sie hatte ihn wieder in sein Bettchen gelegt (und darum gebetet, dass er diese Nacht durchschlafen würde), danach hatte sie Phils Schuhkarton aus dem Kleiderschrank geholt. Das Dreamboat - irgendein starkes Beruhigungsmittel, sie wusste nicht genau, welches hatte zuerst die Schmerzen dort unten gelindert und dann alles ausgelöscht. Sie hatte über zwölf Stunden lang geschlafen.
Und nun das.
Little Walters Schreie waren wie helles Licht, das durch dichten Nebel brach. Sie rappelte sich aus dem Bett auf, lief in sein Zimmer und wusste bereits, dass das gottverdammte Bettchen, das Phil in halb bekifftem Zustand gebaut hatte, endlich zusammengekracht war. Vergangene Nacht, als die »Deputies« mit ihr beschäftigt gewesen waren, hatte Little Walter gewaltig an den Gitterstäben gerüttelt. Das musste sein Bettchen weiter geschwächt haben, so dass es heute Morgen, als er angefangen hatte, sich zu bewegen ...
Little Walter lag zwischen den Trümmern auf dem Boden. Er kam mit einer blutenden Platzwunde an der Stirn auf sie zugekrochen.
»Little Walter!«, kreischte Sammy und riss ihn hoch. Sie warf sich herum, stolperte über eine zerbrochene Latte, sank auf ein Knie, rappelte sich auf und hastete mit dem brüllenden Kleinen ins Bad. Sie drehte den Wasserhahn auf, aber natürlich kam kein Wasser, weil es keinen Strom für die Pumpe im Brunnen gab. Sie schnappte sich ein Handtuch, tupfte seine Stirn ab und legte die Wunde frei - sie war nicht tief, aber lang und gezackt. Davon würde er eine Narbe behalten. Sie drückte das Handtuch so fest dagegen, wie sie sich traute, und versuchte, Little Walters neuerliches Wut- und Schmerzgebrüll zu ignorieren. Blut klatschte in fingernagelgroßen Tropfen auf ihre nackten Füße. Als sie an sich herabsah, stellte sie fest, dass der blaue Slip, den sie angezogen hatte, nachdem die »Deputies« gefahren waren, jetzt bräunlich purpurn verfärbt war. Zuerst dachte sie, das wäre Little Walters Blut. Aber auch auf ihren Oberschenkeln waren Blutstreifen.
5
Irgendwie brachte sie Little Walter dazu, lange genug stillzuhalten, dass sie die Platzwunde mit drei SpongeBob-Heftpflastern versorgen und ihn in ein Unterhemd und seine letzte saubere Latzhose (auf deren Latz in roter Schrift MAMAS TEUFELCHEN gestickt war) stecken konnte. Dann zog sie sich selbst an, während Little Walter, dessen wildes Schluchzen sich zu lustlosem Schniefen verringert hatte, auf dem Fußboden im Kreis krabbelte. Sie begann damit, dass sie das durchgeblutete Häschen in den Mülleimer warf und ein frisches anzog. Sie polsterte den Schritt mit einem zusammengelegten Abwaschschwamm aus und nahm einen zweiten als Reserve mit. Sie blutete noch immer. Nicht pulsierend, aber doch viel stärker als bei ihren schlimmsten Perioden. Und sie hatte die ganze Nacht geblutet. Ihr Bett war mit Blut getränkt.
Sie packte eine Sporttasche für Little Walter, dann hob sie ihn auf. Er war schwer, und sie spürte, wie sich neue Schmerzen dort unten einnisteten: pochende Unterleibsschmerzen, wie man sie bekam, wenn man etwas Verdorbenes gegessen hatte.
»Wir fahren in die Ambulanz«, sagte sie, »und sei ganz beruhigt, Little Walter, Dr. Haskill macht uns beide wieder heil. Außerdem sind Narben bei Jungen nicht schlimm. Manchmal halten die Mädchen sie sogar für sexy. Ich fahre so schnell, wie ich kann, dann sind wir im Nu da.« Sie öffnete die Tür. »Alles kommt wieder in Ordnung.«
Aber ihre Rostlaube von einem alten Toyota war alles andere als in Ordnung. Mit den Hinterreifen hatten die »Deputies« sich nicht abgegeben, aber sie hatten beide
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