Die Arena
fühlen bedeutet, über magischen Schwung zu verfügen, und man sollte (wieder nach Big Jims Meinung) damit gebieterisch dahingleiten.
Wäre er etwas früher oder später aus der großen alten Villa der Familie Rennie in der Mill Street getreten, hätte er nicht gesehen, was er sah, und wäre vermutlich gezwungen gewesen, ganz anders mit Brenda Perkins umzugehen. Aber er kam genau im richtigen Augenblick heraus. So war es, wenn man es fühlte: Die gegnerische Verteidigung brach auseinander, und man stürmte durch die entstehende magische Lücke und erzielte mühelos seine zwei Punkte.
Es war der rhythmische Ruf Aufma-CHEN! Aufma-CHEN!, der ihn aus seinem Arbeitszimmer lockte, in dem er sich Notizen zu der Notstands-Verwaltung, wie sie heißen sollte, gemacht hatte - nach außen hin mit dem fröhlichen, grinsenden Andy Sanders an der Spitze, während Big Jim die Graue Eminenz bleiben würde. Solange etwas noch irgendwie funktioniert, gibt's nichts zu reparieren war die erste Regel in Big Jims politischem Betriebshandbuch, und Andy als Strohmann zu haben, funktionierte immer fabelhaft. Ganz Chester's Mill wusste, dass Andy ein Idiot war, aber das spielte keine Rolle. Man konnte die Leute immer wieder mit denselben Tricks reinlegen, weil achtundneunzig Prozent von ihnen noch größere Idioten waren. Und obwohl Big Jim nie eine politische Kampagne dieses Umfangs geplant hatte - sie lief auf eine städtische Diktatur hinaus -, bezweifelte er nicht, dass sie funktionieren würde.
Er hatte Brenda Perkins nicht auf seine Liste möglicher Negativ-Faktoren gesetzt, aber das spielte keine Rolle. Wenn man es fühlte, lösten Negativ-Faktoren sich von selbst in Luft auf und verschwanden. Auch das akzeptierte man als etwas, was einem zustand.
Er ging auf dem Gehsteig zur Ecke Mill und Main Street, eine Strecke von nicht mehr als hundert Schritten, auf der sein Bauch friedlich vor ihm hin und her schwang. Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite lag der Stadtanger. Etwas weiter hügelabwärts standen sich Rathaus und Polizeistation gegenüber, dazwischen der Platz mit dem Kriegerdenkmal.
Von der Ecke aus war die Food City nicht zu sehen, aber er konnte den gesamten Geschäftsbereich der Main Street überblicken. Und er sah Julia Shumway. Sie kam mit einer Kamera in der Hand aus der Redaktion des Democrat gehastet. Sie joggte die Straße entlang auf die skandierenden Stimmen zu und versuchte unterwegs, sich die Kamera über die Schulter zu hängen. Big Jim beobachtete sie. Eigentlich regelrecht komisch, wie eilig sie es hatte, an den Ort der neuesten Katastrophe zu kommen.
Es wurde noch komischer. Sie machte halt, kehrte um, kam zurückgejoggt, rüttelte an der Bürotür, stellte fest, dass sie unverschlossen war, und schloss ab. Dann hastete sie erneut davon, um zuzusehen, wie ihre Freunde und Nachbarn sich schlecht benahmen.
Sie erkennt erstmals, dass die Bestie überall ist und jeden beißen kann, wenn sie erst mal aus dem Käfig ist, dachte Big J im. Aber keine Sorge, Julia - ich kümmere mich um dich, wie ichs immer getan habe. Vielleicht musst du den Ton deines lästigen Blättchens etwas mäßigen, aber ist das nicht ein geringer Preis für garantierte Sicherheit?
Natürlich war das ein Sonderangebot. Und wenn sie uneinsichtig blieb ...
»Manchmal passieren eben Sachen«, sagte Big Jim. Er stand mit seinen Händen in den Hosentaschen an der Ecke und lächelte. Und als er die ersten Schreie ... das Geräusch von zersplitterndem Glas ... die Schüsse hörte, wurde sein Lächeln breiter. Sachen passieren eben - das wäre nicht genau Juniors Ausdruck gewesen, aber Big Jim fand, dass er eine gute Beschreibung war für Herrschaft ohne ...
Sein Lächeln wich einem Stirnrunzeln, als er Brenda Perkins entdeckte. Die meisten Leute auf der Main Street waren in Richtung Food City unterwegs, um zu sehen, was der Lärm bedeutete, aber Brenda kam die Main Street herauf, statt sie hinunterzugehen. Vielleicht bis zu Jim Rennies Villa herauf .. , was nichts Gutes bedeuten konnte.
Was könnte sie heute Morgen von mir wollen? Was könnte so wichtig sein, dass es Lebensmittelunruhen im hiesigen Supermarkt übertrifft?
Natürlich war es möglich, dass Brenda überhaupt nicht an ihn dachte, aber sein Radar hatte angesprochen, und er beobachtete Sie genau.
Julia und sie gingen auf entgegengesetzten Straßenseiten aneinander vorbei. Keine bemerkte die andere. Julia versuchte zu rennen, während sie mit ihrer Kamera kämpfte.
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