Die Arena
Ein weiteres Geschenk der Götter.
Und nun das hier. Ein drittes Geschenk. Ein gigantisches. War es wirklich möglich, dass sie Angies Leiche noch nicht gefunden hatten? Oder stand er vor einer Falle?
Junior konnte sich vorstellen, wie der Sheriff der Castle County oder ein Detective der State Police sagte: Wir brauchen nur in Deckung zu bleiben und zu warten, Jungs. Der Mörder kehrt immer an den Tatort zurück. Das ist eine allgemein bekannte Tatsache.
Fernsehscheiß. Aber als er jetzt die Straße wie von einer unsichtbaren äußeren Macht angezogen überquerte, rechnete Junior damit, dass Suchscheinwerfer aufflammen und ihn wie einen Schmetterling auf einem Stück Pappe aufspießen würden; er war darauf gefasst, dass jeden Moment jemand - wahrscheinlich durch ein Megafon - brüllte: »Halt, stehen bleiben und Hände hoch!«
Nichts geschah.
Als er mit jagendem Herzen und pochenden Schläfen (aber noch immer ohne Kopfschmerzen, was gut war, ein gutes Zeichen) die Einfahrt der McCains erreichte, blieb das Haus dunkel und still. Nicht mal ein Notstromaggregat brummte hier, obwohl bei den Grinnells nebenan eines arbeitete.
Junior warf einen Blick über seine Schulter und sah eine große weiße Lichtblase, die über den Bäumen stand. Irgendetwas am Südende der Stadt oder vielleicht drüben in Motton. Die Ursache des Unfalls, der den Stromausfall bewirkt hatte? Schon möglich.
Er ging ums Haus herum zum Hintereingang. Falls seit Angies Unfall niemand heimgekommen war, würde die Haustür noch unversperrt sein, aber er wollte nicht vorn hineingehen. Er würde es tun, wenn er musste, aber vielleicht ließ sich das vermeiden. Schließlich hatte er einen Lauf.
Der Türknopf ließ sich drehen.
Junior steckte den Kopf in die Küche und roch sofort das Blut - ein Geruch wie von Sprühstärke, nur ein bisschen abgestanden. Er fragte: »Hi? Hallo? Irgendwer daheim?« Er war sich ziemlich sicher, dass niemand zu Hause war, aber falls doch, falls Henry oder LaDonna durch irgendeinen verrückten Zufall drüben am Stadtanger geparkt und zu Fuß hergekommen waren (und irgendwie ihre tot auf dem Küchenboden liegende Tochter übersehen hatten), würde er schreien. Ja! Laut schreien und »die Leiche entdecken«. Das würde nichts gegen den gefürchteten Van der Spurensicherer nutzen, ihm aber einen kleinen Zeitvorsprung verschaffen.
»Hallo? Mr. McCain? Mrs. McCain?« Dann in einer plötzlichen Eingebung: »Angie, bist du zu Hause?«
Würde er sie so rufen, wenn er sie umgebracht hatte? Natürlich nicht! Aber dann durchzuckte ihn ein schrecklicher Gedanke:
Was war, wenn sie antwortete? Wenn sie auf dem Fußboden liegend antwortete? Mit Blut in der Kehle?
»Reiß dich zusammen«, murmelte er. Ja, das musste er tun, aber es war schwer. Vor allem bei Dunkelheit. Außerdem passierte in der Bibel solches Zeug immer wieder. In der Bibel wurden Leute manchmal wieder lebendig wie die Zombies in Die Nacht der lebenden Toten.
»Irgendwer daheim?« Nichts. Nada.
Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, aber nicht genug. Er brauchte Licht. Er hätte von zu Hause eine Stablampe mitbringen sollen, aber solche Dinge vergaß man leicht, wenn man daran gewöhnt war, einfach einen Schalter zu betätigen. Junior durchquerte die Küche, wobei er über Angies Leiche hinwegstieg, und öffnete die erste der beiden Türen auf der gegenüberliegenden Seite. Dahinter lag eine Speisekammer. Er konnte undeutlich Regale mit Büchsen und Flaschen erkennen. Er versuchte es mit der anderen Tür und hatte mehr Glück. Sie öffnete sich in einen Wäscheraum. Und wenn er sich nicht täuschte, was den Umriss eines Gegenstands betraf, der gleich rechts in einem Regal stand, hatte er weiter einen Lauf
Er hatte sich nicht getäuscht. Das Ding war eine Stablampe, die schön hell brannte. Er würde vorsichtig sein müssen, wenn er damit in der Küche herumleuchtete - die Jalousien herunterzuziehen, war bestimmt eine ausgezeichnete Idee -, aber im Wäscheraum konnte er nach Herzenslust herumleuchten. Hier drin war das in Ordnung.
Seifenpulver. Bleichmittel. Weichspüler. Ein Eimer und einen Schrubber. Gut. Ohne Strom würde es nur kaltes Wasser geben, aber aus der Leitung kam bestimmt genug, um einen Eimer zu füllen - und dann gab es natürlich noch die Spülkästen an den verschiedenen Toiletten. Und er wollte ohnehin kaltes Wasser. Kaltes gegen Blutflecken.
Er würde putzen wie die Superhausfrau, die seine Mutter gewesen war, weil sie die
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