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Die Arena

Titel: Die Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Elite XP3 sei unvergleichlich viel größer. Das war nur logisch. Zum einen würde die Geschwindigkeit viel höher sein. Zum anderen würde sich die gesamte kinetische Energie auf die Spitze eines zwölf Gramm schweren Geschosses konzentrieren. Er war davon überzeugt, dass die Sache klappen würde. Das Ganze hatte die unzweifelhafte Eleganz einer algebraischen Gleichung.
    Rory sah sein lächelndes (aber natürlich bescheidenes) Gesicht auf der Titelseite von USA Today; stellte sich vor, wie er in den Nightly News with Brian Williams interviewt wurde; sah sich bei einem Umzug zu seinen Ehren auf einem blumengeschmückten Fesrwagen sitzen - von Mädchen Marke Prom Queen umgeben (wahrscheinlich in trägerlosen Abendkleidern, vielleicht aber auch in Badeanzügen), während er unter einem Konfettiregen der Menge zuwinkte. Er würde DER JUNGE, DER CHESTER'S MILL GERETTET HAT sein.
    Er riss das Gewehr aus dem Schrank, stieg auf den Hocker und griff sich eine Schachtel mit Xp3-Munition aus dem oberen Regal. Er schob zwei Patronen in die Kammer (eine als Reserve), dann stürmte er wieder hinaus, wobei er das Gewehr wie ein siegreicher rebelista über dem Kopf schwang (aber - das musste man ihm lassen - er hatte den Sicherungshebel umgelegt, ohne auch nur daran zu denken). Der Schlüssel zu dem Yamaha-Quad, dessen Benutzung ihm verboten worden war, hing am Schlüsselbrett in Stall 1. Während er die Winchester mit einigen Expandern hinter dem Fahrersitz des Quads befestigte, hielt er den Schlüsselanhänger zwischen den Zähnen. Dabei fragte er sich, ob es einen Knall geben würde, wenn die Kuppel platzte. Wahrscheinlich hätte er die Ohrenschützer vom oberen Schrankregal mitnehmen sollen, aber zurückzugehen, um sie zu holen, war undenkbar; er musste die Sache jetzt durchziehen.
    So ist das mit großen Ideen.
     Er fuhr mit dem Quad um Stall 2 herum und machte nur lange genug halt, um die Größe der Menschenmenge abzuschätzen. Trotz aller Aufregung wusste er, dass er nicht auf die Stelle zuhalten durfte, wo die Kuppel die Straße querte (und wo die Spuren der gestrigen Kollisionen noch wie Schmutzschlieren an einer nicht geputzten Fensterscheibe hingen). Dort konnte ihn jemand aufhalten, bevor er die Chance hatte, die Kuppel zum Platzen zu bringen. Statt DER JUNGE, DER CHESTERS MILL GERETTET HAT, zu sein, würde er dann vermutlich als DER JUNGE, DER EIN JAHR LANG KUHEUTER EINFETTEN MUSSTE, enden. Ja, und in der ersten Woche würde er das auf einer Couch liegend tun, weil sein Hintern beim Sitzen zu sehr wehtat. Letzten Endes würde jemand anderes das Lob für seine Idee einheimsen.
    Deshalb blieb er auf einem Diagonalkurs, auf dem er die Kuppel ungefähr fünfhundert Meter von dem Zelt entfernt erreichen würde. Wo er anhalten musste, würde ihm eine Kette von niedergedrückten Stellen im Gras zeigen. Diese stammten, das wusste er, von tot vom Himmel gefallenen Vögeln. Er sah, wie die in diesem Bereich postierten Soldaten sich nach dem herannahenden Röhren des Quads umdrehten. Er hörte Schreckensrufe der Rummelbesucher und Betenden. Der Choralgesang verstummte misstönend.
    Das Schlimmste war, dass er seinen Vater sah, der seine schmuddelige John-Deere-Mütze schwenkte und dabei brüllte: »RORY GOTTVERDAMMT NOCHMAL HALT SOFORT AN!«
    Rory steckte zu tief in dieser Sache drin, um anzuhalten, und - folgsamer Sohn oder nicht - er wollte nicht aufhören. Das Quad rumpelte über eine Bodenwelle, und er flog vom Sitz hoch, klammerte sich mit beiden Händen fest und lachte wie ein Verrückter. Seine eigene Deere-Mütze war nach hinten gedreht, aber er wusste nicht einmal, wann er das getan hatte. Das Fahrzeug kippte gefährlich, blieb dann aber doch auf den Rädern. Nun war er fast da, und auch einer der Soldaten in Arbeitsanzügen rief ihm zu, er solle anhalten.
    Das tat Rory, und zwar so plötzlich, dass er beinahe nach vorn über den Lenker des Yamahas gegangen wäre. Aber weil er vergaß, in den Leerlauf zu schalten, ruckelte das verdammte Ding weiter und stieß tatsächlich gegen die Kuppel, bevor der Motor ausging. Rory hörte Metall knirschen und Scheinwerferglas zersplittern.
    Weil die Soldaten fürchteten, von dem Quad überfahren zu werden (das Auge, das nichts sieht, was ein heranrasendes Fahrzeug aufhalten könnte, löst starke Instinkte aus), wichen sie nach beiden Seiten zurück und hinterließen eine schöne große Lücke, so dass Rory sie nicht erst auffordern musste, sich wegen einer möglichen explosiven

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