Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe
vorbei und setzte hastig ihren Weg die Treppe hinab fort. Die nächsten Räume, an denen sie vorbeikam, gehörten Aurian. Nach einem Augenblick des Zögerns drückte Eliseth die schwere Tür auf. Die Zimmer waren aufgeräumt – so aufgeräumt, wie Anvar sie in jener Nacht zurückgelassen hatte, als er mit seiner Herrin aus Nexis geflohen war. Eliseth rümpfte die Nase über den modrigen Geruch, der in diesen Zimmern herrschte. Die feuchte Luft war schal und abgestanden, der lange nicht mehr benutzte Kamin kalt und grau und mit einem dicken Aschenbelag überzogen. Spinnweben und Staub hüllten die Möbel wie ein geisterhafter Schleier ein, und an den vermodernden Kissen hatten Mäuse genagt.
Die Wettermagusch lächelte. Wenn der Erzmagusch seinen Willen durchsetzte, würde Aurian schon bald einen ähnlichen Zustand in ihrer Seele erleben. Wie gut, daß ich dich nicht getötet habe, Aurian , dachte Eliseth. Miathan kann dich viel mehr leiden lassen, als ich es vermocht hätte ! Mit diesem Gedanken drehte sie sich auf dem Absatz um, kehrte der düsteren Kammer, ohne sich noch einmal umzusehen, den Rücken und machte sich weiter auf den Weg in ihre eigenen Räume, ein Stockwerk weiter unten.
Während die Magusch sich weiter oben zu schaffen gemacht hatte, hatte einer der wenigen ihnen noch verbliebenen Dienstboten – ein zerlumptes Balg mit spitzem Gesicht – ihre Räume saubergemacht. Als Eliseth eintraf, warf das Mädchen ihr hinter einem Vorhang zerzauster, brauner Locken einen verängstigten Blick zu und machte dann, seinen Putzlumpen mit schmutzigen Fingern fest umklammernd, einen flüchtigen Knicks. »Ich – ich habe dir ein Bad eingelassen, Lady«, wisperte sie ängstlich. »Ich hoffe, das war richtig.«
Das Küchenmädchen hatte sich selbst übertroffen bei ihren Bemühungen, Eliseths Gemach wieder in Ordnung zu bringen. Die zerbrochenen Spiegel waren fort, und kein einziger Glassplitter war auf dem glänzenden Boden zurückgeblieben. Die Möbel waren abgestaubt und die Weinkrüge und Kelche weggeräumt. Die Flecken an der Wand, dort, wo ihr Weinglas aufgeprallt war, waren vollkommen verschwunden, und in dem sauber ausgefegten Kamin loderte ein helles Feuer. Eliseth nickte zustimmend. Endlich! Wenigstens eine von diesen Schlampen weiß, wie man arbeitet. Sie entließ das Mädchen und schickte sie mit dem Befehl, daß man ihr, der Magusch, eine Mahlzeit zubereiten solle, in die Küche zurück.
Als Eliseth ihr Badezimmer betrat, war sie noch dankbarer. In dem quadratischen Eisenofen brannte ein Feuer, die Badewanne war voll dampfendem Wasser, und Seife sowie duftende Öle lagen für sie bereit. Frisch gewaschene Handtücher hingen in der Nähe des glühenden Ofens, damit sie ein wenig warm waren, wenn sie gebraucht wurden. Die Magusch war entzückt. War für einen Unterschied solche Annehmlichkeiten doch machten, dachte sie. Ihre frühere Magd war von einem der Todesgeister ermordet worden, in jener Nacht, als Miathans abscheuliche Kreaturen in Nexis Amok gelaufen waren, und seitdem waren sie in der Akademie so knapp mit Hilfskräften, daß Eliseth noch keine neue Magd für sich hatte finden können. Aber dieses Mädchen war wirklich nicht schlecht … Eliseth lächelte. Vielleicht wendet sich das Blatt für mich endlich wieder, dachte sie. Sie zog die Robe aus, die sie als altes Weib getragen hatte, und ihr Gesicht verdüsterte sich bei der Erinnerung daran zu einem finsteren Stirnrunzeln. Mit einem gemurmelten Fluch ballte sie das Kleid zusammen und warf es in den Ofen, wo es sogleich Feuer fing und verbrannte.
Als sie sich in das duftende Wasser gleiten ließ, schnitt das Bedauern über den Verlust von Davorshan wie ein Messer durch Eliseths Seele. Sie vermißte den jungen Wettermagusch. Unter ihrer Führung war er immer talentierter geworden, sowohl in der Magie als auch in ihrem Bett, und er hatte sich als ein williges und nützliches Instrument ihrer Pläne gezeigt, bis Miathan ihn weggeschickt hatte, um Eilin zu töten, und er selbst dabei umgekommen war. Eliseth war froh über Miathans Auftrag, herauszufinden, wer Davorshan ermordet hatte, denn sie war entschlossen, ihn zu rächen. Aber in der Zwischenzeit blieb Eilins Tal ein Rätsel, das mit äußerster Gefahr verbunden war. Wie sollte sie herausfinden, was dort vor sich ging? Während die Magusch, in nachdenkliches Grübeln versunken, in dem beruhigenden Wasser lag, nahmen die ersten Keime eines Plans in ihren Gedanken Gestalt an.
Nachdem sie
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