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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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schließlich bebend liegen. Eliseth taumelte einen Schritt nach vorn und fiel auf die Knie, niedergestreckt von ihrem eigenen unerwarteten Schwung und einer übelkeitserregenden Woge der Verwirrung. Erst nach und nach nahm die Wirklichkeit wieder ihren gewohnten Lauf. Eliseth berührte das Pflaster unter sich und unterdrückte einen schrillen Aufschrei, als ein heißer Schmerz durch ihre geschwärzten, blasenübersäten Hände schoß. Jetzt erinnerte sie sich wieder. Sie hatte sich an dem Schwert verbrannt, als sie Aurian das Artefakt geraubt hatte. Instinktiv konzentrierte die Magusch ihre Kräfte darauf, den Schmerz abzublocken. Jede weitere Heilung konnte warten – im Augenblick war das ihre geringste Sorge.
    Und wann war es überhaupt Nacht geworden? Als ihre Augen sich endlich an die Dunkelheit gewöhnt hatten und sich nicht mehr alles vor ihr drehte, schaute Eliseth sich um. Sie erwartete, dasselbe Tal vor sich zu sehen, das sie, wie es schien, nur wenige Sekunden zuvor verlassen hatte. Statt dessen sah sie eine niedrige, weiße Mauer vor sich, die aus dem vertrauten perlmuttartigen Marmor gemeißelt war. Trotz der sie umgebenden Dunkelheit konnte sie den schwachen Schimmer des Gesteins wahrnehmen. Ungläubig und erstaunt raffte die Wettermagusch sich mühsam auf und blickte über die niedrige Brüstung. In dem Tal unter ihr lag Nexis, und sie konnte auch die dunklen Höcker der Hügel dahinter ausmachen, die im Augenblick tiefschwarz in den bewölkten Himmel ragten.
    Trotz der Nachtsichtigkeit der Magusch wirkte Nexis irgendwie verändert – die Umrisse seiner Straßen und Gebäude schienen sich von den Formen, an die Eliseth sich erinnerte, ganz leicht zu unterscheiden. Aber sie verwandte kaum einen Gedanken auf dieses Rätsel. Ihr Herz schlug beim Anblick der Stadt schneller, und sie stieß einen leisen, triumphierenden Aufschrei der Erleichterung aus. Durch irgendein Wunder hatte der Gral sie in die Akademie zurückgebracht und auf das flache Dach des Maguschturms gestellt. Obwohl sie keinen Göttern huldigte, schien es ihr diesmal, als seien ihre unausgesprochenen Gebete erhört worden. Sie hatte ihren schrecklichen Sturz durch den Riß in der Wirklichkeit nicht nur überlebt – sie war auch sicher nach Hause zurückgekehrt. Die Wettermagusch, die in der kühlen Brise leicht schauderte und noch immer unter dem Schock ihrer jüngsten Erlebnisse stand, lehnte sich in der seidenweichen Dunkelheit gegen die Brüstung und atmete mit tiefen Zügen die herrliche, rauchdurchzogene Luft von Nexis ein. Sie war dem Tumult der Ereignisse im Tal nur um Haaresbreite entkommen und immer noch ein wenig benommen. Außerdem war sie über alle Maßen zufrieden mit sich – als sei sie verantwortlich für ihr Glück. Sobald ihr Versuch, Aurian zu besiegen, mit so dramatischen und tödlichen Konsequenzen auf Eliseth zurückgefallen war, daß sie aus der Welt gerissen wurde, hatte ihre einzige Sorge dem Überleben gegolten. Sie konnte sich nur an einen flirrenden Strahl vielfarbigen Lichts erinnern – das Gefühl, aufgesaugt und in einen dunkel glitzernden Strudel gezogen zu werden. Sie erinnerte sich daran, daß sie sich mit einer verzweifelten, wilden Sehnsucht in die Akademie zurückgewünscht hatte – aber wer hätte auch geahnt, daß die Artefakte ihren Wunsch so wörtlich nehmen würden? Gewiß hatte die Kraft ihres eigenen Willens sie gerettet.
    Ihr hämischer Triumph wurde von einem schwachen, kaum hörbaren Geräusch und einer winzigen Bewegung, die sie nur aus den Augenwinkeln wahrnahm, gestört. Mit einem erschrockenen Fluch fuhr Eliseth herum. Hinter ihr schob sich eine dunkle Gestalt schwach über das Dach. Eine blasse Hand blitzte auf und griff nach dem kostbaren Schwert. Anvar! Als Eliseth langsam ausatmete, klang es wie das Zischen einer Giftschlange. In der Panik ihres Sturzes durch die Zeit und der anschließenden Erleichterung darüber, wieder in Nexis zu sein, hatte die Wettermagusch für einen Moment vergessen, daß Aurians Geliebter ebenfalls in den Strudel gezogen worden war.
    Die Magusch sah, wie Anvar erstarrte. Er hatte offensichtlich bemerkt, daß sie ihn entdeckt hatte. In der tiefen Finsternis auf dem Dach traf sein Blick den ihren, und eine Sekunde lang sah Eliseth Furcht, Entschlossenheit – und den eisigen Stahl unversöhnlichen Hasses. Dann stürzte er mit unvermuteter Geschwindigkeit nach vorn und versuchte verzweifelt, das Schwert zu ergreifen. Eliseth reagierte auf der Stelle. Sie

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