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Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara

Titel: Die Artefakte der Macht 04 - Dhiammara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Gesicht war sonnengebräunt; seine Züge älter, schärfer, reifer und selbstbewußter als die des zu Tode erschreckten Jungen, den Aurian gerettet und mit dem Forral sich angefreundet hatte. Aurians Geliebter war jetzt ein Mann – und Forral war an seine Stelle getreten.
    »O ihr Götter«, stöhnte der Schwertkämpfer. Seine Beine gaben unter ihm nach. Er ließ sich wie ein uralter Mann auf die Knie fallen und setzte die Kerze auf den Fußboden. Dann begrub er das Gesicht in den Händen, als wolle er Anvars gestohlene Züge verbergen – als wolle er die Wahrheit leugnen. »Was habe ich getan?« flüsterte er. »Was habe ich getan?«
    »Was hast du denn getan?« Die Stimme klang ungewohnt scharf. Aurian stand hoch aufgerichtet und drohend in der Tür. Ihre ganze Haltung verriet Entschlossenheit, obwohl ihre Augen dunkel waren vor Schmerz. Forral sprang auf. Er wünschte sich sehnlichst, ihr entgegenzulaufen, um sie in die Arme zu nehmen und zu trösten, wie er es getan hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war – aber etwas in ihrem Gesicht hielt ihn davon ab.
    Anvar war nicht der einzige, der reifer geworden war, dachte der Schwertkämpfer. Das hier war nicht mehr das naive, vertrauensvolle junge Mädchen, an das er sich erinnerte. Selbst als sie schon ein Paar gewesen waren, hatte Aurian noch etwas von der unverdorbenen Unschuld besessen, die so gar nicht zu der arroganten und oft ungerechten Natur der Maguschgeborenen paßte. Ja wirklich, bis zum allerletzten Augenblick hatte sie immer noch mit ganzer Kraft versucht, an Miathan zu glauben, an dieses Ungeheuer mit der schwarzen Seele. In jenen Tagen hatte Aurian niemals versucht, ihre Magie besonders aufzubauschen, sondern das Vermächtnis ihres Maguschblutes in Gesellschaft Sterblicher eher heruntergespielt. Jetzt umgab ihre Macht sie wie eine flammende Aura. Ihr hageres, grimmiges Gesicht war das einer Kriegerin, und die vom Schmerz gemeißelten Linien und die wachsamen Augen, die so viel Leid, Verrat und Tod gesehen hatten, sprachen dieselbe Sprache. Ein Schaudern durchlief ihn, als er an das kleine Mädchen dachte, das er vor so langer Zeit behütet und geleitet hatte. Was im Namen aller Götter war ihr, während er sie nicht hatte beschützen können, widerfahren?
    Forral konnte seine bittere Enttäuschung nicht verbergen. »Ist das alles, was du mir nach all dieser Zeit zu sagen hast? Aurian, erkennst du mich nicht?«
     
    Grinces letzter Kerzenstummel flackerte und erlosch, dann stürzte die Schwärze auf ihn ein wie ein wildes Tier. Angenommen, die Geister der Magusch existierten wirklich? In diesem Augenblick wünschte Grince, er hätte sich niemals an die Akademie mit ihren verborgenen Geheimnissen herangewagt. Mit Hilfe der Kerzenstummel, die er immer bei sich trug, hatte er sich durch die Abwasserkanalisation getastet, bis er schließlich eine Felsspalte fand, die zu den Tunneln herunterführte, von denen Hargorn ihm einst erzählt hatte. Zuerst hatte er es für eine gute Idee gehalten – Pendrals Wachen wagten es ja offensichtlich nicht, ihn in die Spukhöhle der Magusch zu verfolgen –, aber er hätte sich nie träumen lassen, daß das Gewirr der Korridore unter dem Felsvorsprung derart komplex war. Noch bevor seine letzte Kerze verloschen war, war er stundenlang durch diese Tunnel geirrt und hatte jede Orientierung verloren.
    Der Dieb war erschöpft und wurde von einem quälenden Durst geplagt. Ihm tat alles weh, vom Kopf, wo der hin und her schwingende Eisenhaken ihn getroffen hatte, bis zu den Füßen, die er sich versengt hatte, als er durch den Küchenkamin gerutscht war.
    Bei seiner wilden Flucht durch Pendrals Gebüsch (wer hätte auch gedacht, daß dieser hinterhältige Bastard seinen Garten mit Dorngestrüpp bepflanzt hatte?) hatte er sich an hundert Stellen blutig gekratzt, und an seinen Sturz erinnerten ihn ungezählte blaue Flecken. Die Schwertwunde in seinem Bein brannte, und an seiner Schulter und seiner Taille klebte vertrocknetes Blut, wo der Hund ihm seine gewaltigen Zähne ins Fleisch gebohrt hatte. Diese Verletzungen waren bei weitem die schlimmsten. Jeder Schritt brachte furchtbare Schmerzen mit sich.
    Die Dunkelheit der unterirdischen Tunnel hielt ihn umklammert, und die Luft war staubig und abgestanden, so daß er kaum atmen konnte. Grince schlich langsam durch den Korridor, tastete sich mit beiden Händen an der grob behauenen Mauer entlang und schlurfte wie ein alter Mann, um auf dem unebenmäßigen Steinfußboden

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