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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Fassungsvermögen auf und erkundigte sich, ob das ausreichen würde. Das hier war das andere Ende von Jonahs Briefwechsel mit den Camps.
    Hadrian starrte die Nachrichten an und rieb sich das Kinn. Ihm wurde allmählich etwas klar. Er hatte die Reihenfolge missverstanden, was bedeutete, dass er die Teile falsch zusammengesetzthatte. Jonah hatte nicht wahllos über Ereignisse in den Camps berichtet, sondern war ein aktiver Teil dieser Vorgänge gewesen. Er hatte angefangen, den Camps beizubringen, wie man Medizin herstellt. Einige Monate später waren die ersten Halluzinogene in Carthage aufgetaucht. Hadrian blätterte langsam zurück zu der Seite, auf der die Randnotizen zum ersten Mal versteckt worden waren. Dann ließ er in Gedanken noch einmal das Gespräch vom Nachmittag an sich vorüberziehen. Jonah hatte angefangen, seine Randbemerkungen zu tarnen, nachdem das Branchenverzeichnis aus Hamadas Archiven gestohlen worden war.
    Schließlich ließ Hadrian erschöpft und hungrig den Bleistift sinken, klappte das Buch zu und drückte es sich einen Moment lang an die Stirn. Ihm war nicht nur die Abfolge entgangen, sondern jeder wichtige Zusammenhang. Nelly hatte ihm erzählt, Jonah habe mit ihr über Medizin korrespondiert. Hadrian hatte mit eigenen Augen gesehen, dass Briefe heimlich in die Camps geliefert wurden. Doch das hier änderte alles.
    Er hatte angenommen, es habe während der letzten paar Monate vereinzelte Kontakte gegeben, aber das Tagebuch belegte einen konstanten und zunehmend häufigeren Austausch. Zur selben Zeit waren die kriminellen Machenschaften immer mehr geworden. Jonah hatte keine lockere Brieffreundschaft gepflegt, er hatte den Verbrechern ein eigenes Komplott entgegengesetzt. Leider hatte der vertrauensvolle alte Gelehrte sich unwissentlich ein Jungmitglied der Schakale als Boten ausgesucht.
    In der Hütte saß Jori schlafend am Esstisch, den Kopf auf die verschränkten Arme gebettet. Auf einem öligen Tuch vor ihr lagen ein kleiner Revolver mit ausgeklappter Trommel sowie vier Patronen. Sie war damit beschäftigt gewesen, eine neue Waffe zu reinigen.
    Hadrian fachte das schwelende Feuer wieder an, setzte sich mit einer von Jonahs Pfeifen hin und starrte rauchend in die Flammen. Eines der Scheite war bereits zu Asche zerfallen, als er hinter sich eine Regung hörte, das leise metallische Klicken der Patronen, die in die Kammern geschoben wurden, gefolgt vom Drehen der Trommel. Gleich darauf gesellte Jori sich zu ihm und hielt ihm einen Becher hin. »Ich habe in der Stadt frische Milch gekauft«, sagte sie und zog sich einen Stuhl an seine Seite.
    »Und ich habe mich an deinen Ratschlag gehalten«, erklärte sie. »Allerdings habe ich bis zum Mittag gewartet, weil dann kaum jemand an seinem Platz sitzt. Als ich in Buchanans Büro gekommen bin, wollte Björn sich schon auf mich stürzen und sagte, ich müsse sofort zu Kenton gebracht werden. Aber Buchanan hat ihn zurückgepfiffen und gesagt, ich hätte bestimmt eine amüsante Geschichte zu erzählen. Er hat Björn rausgeschickt und die Tür zugemacht. Am Ende meines Berichts über die
Anna
und Sankt Gabriel hat er mir schon gar nicht mehr zugehört, glaube ich. Er hat gelacht und gesagt, ich solle zum Arzt gehen und mein Gehirn untersuchen lassen.«
    »Aber du bist mit einer Waffe zurückgekommen.«
    »Er hat gesagt, ich sei jedenfalls tapfer gewesen und verdiene eine zweite Chance, weil ich versucht hätte, in die Camps vorzudringen. Dann hat er mich vorläufig seinem Rollkommando zugeteilt.«
    Hadrian ließ die Pfeife sinken und beugte sich vor. »Ist dir klar, was das bedeutet?«
    »Ich habe den Gouverneur noch nie verstanden.«
    »Richte dich nach seinen Taten, nicht nach seinen Worten. Offiziell muss er deine Geschichte als erfunden abtun, aber die Versetzung in sein Rollkommando beweist, dass er fürchtet, du könntest die Wahrheit gesagt haben. So kann erdich einfacher im Auge behalten. Und für Fletcher ist es viel schwieriger, dich zu erwischen.«
    »In der ganzen Stadt wird geredet. Der Rat steckt in einer Art Pattsituation fest. Die anderen wollen den Mann, den Buchanan für van Wycks freien Ratssitz bestimmt hat, nicht bestätigen. Sie sagen, sie kennen ihn nicht, er sei ein Fremder.«
    »Du meinst den Leiter der Müller-Innung.«
    Jori nickte. »Er hat eine Ansprache gehalten und den Gouverneur für seinen kühnen Schachzug zur Wiederergreifung der Attentäterin gelobt. Dieser Müller, den keiner kennt, hat sogar vorgeschlagen, der

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