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Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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Stück Gebäck auf und leckte sich die Finger. »Was ich nicht verstehe, Dax, ist Folgendes: Woher hattest du die Zeit, so oft in die Camps zu reisen?«
    »Das war ja nicht nur ich. Wir haben es aufgeteilt. Jonah ließ mich noch zwei andere der Waisen auswählen.«
    »Wen? Wo sind sie jetzt?«
    »Das hab ich Ihnen erzählt. Sie wurden in eine Bergungsmannschaft gesteckt.«
    Hadrian sah den Jungen fragend an. Dann fiel es ihm wieder ein. »Die beiden, die Kenton einkassiert hat? Das konnte er doch unmöglich wissen.«
    »Die hatten bloß Pech. Die waren bei mir, als er uns an dem Abend überrascht hat. Er wusste, dass es meine Freunde sind. Und dafür lässt er sie büßen.«
    »Wer hat jetzt die Worte für die Camps, Dax?«
    »Es gibt immer Familien, die Nachrichten herausschmuggeln wollen. Aber für diese Nelly und ihre Freunde ist nichts dabei.«
    »Was ist mit Nachrichten der Schakale an Kinzler?«
    Der Junge schaute besorgt in die dunklen Schatten des Stalls, als würde er sich auf einmal vor etwas fürchten. »Wir sollten gehen«, sagte er.
    »Wann haben die Schakale angefangen, Botschaften in die Camps zu schicken?«, ließ Hadrian nicht locker.
    »Letzten Herbst. Nelly hatte mir eines dieser Messer gegeben, die in den Camps benutzt werden, mit einem Schildpattgriff. Ich war in der Nähe des Fischereigeländes und habe Muscheln damit geöffnet, als einer der Schakale mich plötzlich gepackt hat. Er fragte, wem ich es gestohlen habe. Ich sagte, niemandem von hier. Zwei Tage später sind sie zu mir gekommen und haben mich zu sich geholt, in dieses weiße Haus am Hafen. Der einäugige Fletcher hat dort auf mich gewartet. Er hat mir Fragen gestellt, um herauszufinden, ob ich mich in den Camps auskenne.«
    »Die dachten, du gehst dorthin, um Sachen zu stehlen.«
    Dax nickte. »Kapitän Fletcher hat seine Augenklappe abgenommenund mich mit seinem toten Auge angestarrt, diesem Zombie-Auge. Und dann hat er zu mir gesagt, falls ich je etwas von dem Gespräch weitererzählen würde, würde dieses Auge mich sehen.«
    »Und dann haben sie zu dir gesagt, du könntest ein Schakal werden.« Hadrian sah ihn einen weiteren nervösen Blick in die Schatten werfen.
    »Wir sollten gehen«, wiederholte Dax.
    »War das bei der Gelegenheit?«, drängte Hadrian.
    Der Junge verzog das Gesicht. »Nein, nicht da.« Er stand auf und wies in Richtung der Gasse.
    Hadrian musterte ihn schweigend. »Nicht da«, sagte er dann, »weil sie dir dieses Versprechen gegeben haben, nachdem du das Buch von Hamada für sie gestohlen hattest.«
    Dax wurde sehr still. »Das können Sie nicht wissen.«
    »Du bist für Jonah häufig in Takeos Scheune gewesen. Aber er hätte dich nie gebeten, ein Buch zu stehlen. Hör gut zu. Ich muss wissen, was es war.« Er sah ihn eindringlich an. »Welches Buch war für die Schakale so wichtig?«
    »Ein Verzeichnis.«
    »Ein Verzeichnis wovon?«
    Dax machte einen Schritt auf das Licht zu. Die Qual in seiner Miene war unverkennbar. »Geschäfte. Später habe ich es auf diesem eingezäunten Gelände auf Kinzlers Tisch gesehen. Ich hole es zurück. Das habe ich auch in das Telefon gesagt, als Jonah beerdigt wurde. In der Nacht, als ich dachte, ich würde in dem Eiswasser sterben, nachdem das Boot explodiert war, habe ich ständig Jonahs Gesicht gesehen. Als die Wellen über mich hereingebrochen sind und meine Hände zu kalt waren, um das Paddel zu halten, hat er immerzu nach mir gerufen, als würde er am Ufer auf mich warten. Deshalb bin ich bei Bewusstsein geblieben und habe überlebt. Er hatte einen Grund, mir das Leben zu retten. Sobald ich wiederin der Stadt war, bin ich zu seinem Grab gegangen – noch in nasser Kleidung. Und ich habe ihm noch einmal versprochen, dass ich es zurückholen werde.« Plötzlich ertönte aus dem hinteren Teil des Stalls ein leises Stöhnen, das rasch zu einem Geheul anwuchs. Dax ergriff die Flucht.
    Auch Hadrian entfernte sich eilig. Doch dann hielt er inne, denn das Geheul ging in ein Schluchzen über. Mette kam mit einem kleinen Blecheimer aus dem Café gelaufen und schien Hadrian nicht zu bemerken. Er folgte ihr und sah, dass sie eine Tür aufschloss und in einer Art Werkstatt verschwand. Die Tür ließ sie angelehnt.
    Hadrian spähte durch den Spalt und erkannte Stühle in verschiedenen Stadien der Instandsetzung. Sie hingen alle an der Wand, so dass Platz für ein niedriges Feldbett blieb. Mette beugte sich über eine kraftlose Gestalt, die dort lag, und murmelte sanft etwas auf

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