Die Asche der Erde
Priorität. Es wurde eine Übereinkunft getroffen, dank derer unsere Ressourcen nun noch besser zum Wohl der Kolonie eingesetzt werden können.«
»Eine Übereinkunft mit wem genau?«
»Das sagte ich doch. Mit dem Leiter der Handels-Innung. Dem Holländer.«
»Van Wyck«, sagte Hadrian. »Er hat schon zu meiner Zeit im Rat gesessen.«
Buchanan wirkte belustigt. »Er hat angemerkt, dass die Bergungsunternehmen zu gefährlich für kleine Gruppen seien und die Mittel der Regierung ohnehin schon zu breit gestreut. Später haben wir uns darauf geeinigt, dass die Innung es übernehmen würde, die Inspektionen durchzuführen und die Abgaben einzusammeln. Er hat für die nächsten fünf Jahre eine Einnahmensteigerung von jährlich zehn Prozent zugesichert.«
»Wie überaus großzügig von ihm.«
»Er hat dargelegt, wie diese Einkünfte es uns erlauben werden, nicht nur die laufenden öffentlichen Bauvorhaben fertigzustellen, sondern auch neue Projekte zu planen.«
»Demnach weiß die Regierung gar nicht so genau, was von außerhalb eingeführt wird.«
»Blödsinn. Die Innung liefert Berichte ab. Wir haben das Recht, Prüfungen vorzunehmen. Van Wyck unterstützt meine Initiativen von ganzem Herzen und übt einen positiven Einfluss auf den Rat aus.«
»Das klingt eher, als habe er dir für ein Monopol seine Stimme verkauft.«
Buchanan seufzte ungehalten auf. »Du weißt nichts mehrüber die Arbeitsweise des Rates. Van Wyck ist ein aktives Mitglied und macht regelmäßig Verbesserungsvorschläge.«
»Vorschläge?«
»Zur Rationalisierung der Regierungsaufsicht über die Innungen, so dass sie autonomer agieren können. Mit mehr Eigenkontrolle bei den Fischern.«
Hadrian überlegte, was das bedeutete. Fletcher, der Leiter der Fischer-Innung, gehörte ebenfalls dem Rat an. Fischer- und Handels-Innung waren zusammen für deutlich mehr als die Hälfte des Handelsverkehrs von Carthages Wirtschaft verantwortlich. »Du meinst, die Innungen dürfen zunehmend im Geheimen tätig sein.«
»Ich dachte, du wärst dagegen, dass alle Macht sich im Amt des Gouverneurs konzentriert«, wandte Buchanan ein.
»Vielleicht kontrollierst du van Wycks Stimme in Wahrheit gar nicht. Vielleicht kontrollieren er und Fletcher deine. Dein Haus sieht mehr und mehr wie ein Palast aus. Du besitzt in der ganzen Kolonie die erlesenste Sammlung von geborgenen Möbeln.«
»Es ist die Gouverneursvilla«, sagte Buchanan ungerührt. »Die Innung möchte den Leuten ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen, und die Regierung ist nun mal der Repräsentant der Bevölkerung.«
»Was nichts anderes heißt, als dass van Wyck dir Geschenke macht, die deinem Status entsprechen. Ich habe oben eine Standuhr gesehen, die sogar in der alten Welt ein Vermögen gekostet hätte.«
»Van Wyck ist ein Patriot. Er spürt, was wir brauchen. Und genau wie ich ist er dem Fortschritt zugewandt. Erst letzte Woche hat er den Vorschlag geschickt, die Polizeibarkasse zu privatisieren.«
»Geschickt?«
»Er ist krank und hält sich zurzeit auf seiner Pferderanchim Süden auf. Also schickt er Briefe und beglaubigt sie mit seinem Siegelring.«
»Ein Hauch von Mittelalter. Seit wann ist er krank?«
Buchanan zögerte einen Moment und senkte seine Stimme. »Seit ein paar Monaten. Vielleicht sechs oder sieben.«
Hadrian entging nicht, dass der Gouverneur einen nervösen Seitenblick auf das kleine Fenster hoch oben in der Kellerwand warf. »Wer hätte gedacht, dass du nach all der Zeit anfängst, dich vor Baumschakalen zu fürchten.«
Die Worte setzten Buchanan sichtlich zu. Er trank einen großen Schluck seines kostbaren Brandys.
»Auf der Straße geht das Gerücht um, ein Killer mache womöglich die Kolonie unsicher«, wagte Hadrian einen Vorstoß.
Der Alkohol stellte flugs den vertrauten Buchanan wieder her und setzte die Wut frei, die dicht unter der Oberfläche schwelte. Er hatte nicht vorgehabt, Hadrian so viele Interna anzuvertrauen. »Aber du hast keinen Killer gefunden«, parierte der Gouverneur. »Wie üblich trägst du nur dazu bei, meine Probleme zu verkomplizieren. Ich habe den Rat davon überzeugt, dass es eine öffentliche Hinrichtung geben muss, wenn ich den Täter präsentiere. Der Bau deiner geliebten Brücke muss daher vorläufig warten. Stattdessen werden wir einen Galgen errichten.«
Hadrians Mund wurde trocken. »Wir begreifen noch nicht mal ansatzweise, was hinter den Morden steckt.«
»Dem Mord«, berichtigte Buchanan ihn. »Wir werden zu gegebener
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