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Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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Augen.
    »Du verstehst es nicht, dich zu vergnügen«, sagte Subeins grinsend.
    Subzwei sah zu den beiden hin und zögerte. Sein Partner lag erschlafft, einen törichten und genießerischen Ausdruck in den Zügen. Subzwei wandte sich ohne Erwiderung ab und ging weiter.
     

7
    Mischa kletterte durch den engen, verborgenen Riß, der ihre Höhle mit der größeren Kaverne dahinter verband. Die gestohlenen Steine waren weggeschlossen, sie hatte geschlafen und gegessen. Sie warf ihre Kleider auf den Sand und tauchte in das dunkle Wasser, kam vor Kälte keuchend und prustend wieder hoch. In diesem zweiten Höhlenraum war es so kalt, daß Boden und Wände schwarz waren, während an der Decke, die von Luftströmungen aus dem Zentrum ein wenig erwärmt wurde, vereinzelt Lichtzellen gedeihen konnten und einen matten bräunlichen Schein erzeugten. Mischa fand diese Beinahe-Dunkelheit friedlich und beruhigend. Trotz der Kälte ließ sie sich eine halbe Minute lang auf dem Rücken im Wasser treiben, bevor sie zum Rand des Beckens schwamm und aufstand. Der felsige Untergrund war auf einer Seite von Ablagerungen eines feinen, dunklen Sandes bedeckt, den das Wasser im Laufe vieler Jahre von der Außenwelt hereingetragen hatte. Mischa schöpfte mehrere Handvoll von dem nassen Sand und rieb sich damit ab, bis ihre Haut von prickelnder Wärme durchströmt wurde.
     
    Es war Abend, als sie wieder ins Zentrum ging. Sie durchwanderte den Kreis und beobachtete verstohlen die neuen Leute aus der Fremde. Sie trugen keine Uniformen, waren aber leicht zu erkennen. Sie waren größer und dunkler als die Einheimischen, von denen die meisten noch nie Sonnenlicht gesehen hatten. Alle Fremden wirkten kraftstrotzend und stämmig, sie sprachen und lachten laut und häufig. Der ragende Felshimmel dieser unterirdischen Stadt hatte andere Besucher eingeschüchtert, nicht aber diese. Mischa konnte die Furchtlosigkeit der Neuankömmlinge verstehen: Sie waren durch den Sandsturm gekommen und mußten sich in dem Bewußtsein, daß sie die einzigen waren, die seit Menschengedenken diese Probe bestanden hatten, als Auserwählte fühlen.
    Mischa erstieg die Zugangsrampe und beobachtete das Geschehen unter und um den Steinpalast. Als die Tagesbeleuchtung verdunkelt wurde, blieb der neue Eingang offen. Dies konnte Mischa nicht verstehen: Furchtlosigkeit oder auch nur Geringschätzung schienen ihr ein unzureichender Grund dafür, daß die Neuankömmlinge das Risiko einer derartigen Verwundbarkeit eingingen. Ihr Argwohn war geweckt.
    Sie wartete, bis das Kommen und Gehen durch den neuen Palasteingang aufgehört hatte, und es schien, daß diejenigen, die zur Nachtruhe zurückkehrten, eingetroffen waren, und die Nachtschwärmer sich in den Schänken festgesetzt hatten. Dann verließ sie ihren Beobachtungsposten und überquerte den von ungezählten Füßen zertrampelten Sand des unordentlichen Vorplatzes. Die Bettler in den Eingängen und an den Mauern beobachteten sie, und als Mischa vor dem Steinpalast haltmachte, glaubte sie ihr Gewisper und Gekicher zu hören.
    Als Mischa auf den Eingang zutrat, verstummten sie. Unbehelligt schritt sie über die Schwelle und ins Innere.
    Teppiche und Samtbespannungen waren verschwunden. Der Korridor war mit hellbraunen, schallschluckenden Kunststoffplatten ausgekleidet. Die Flächen waren kahl, die Linien gerade, die Ecken rechtwinklig. Die Luft roch seltsam schal und nichtssagend; der natürliche Geruch des Gesteins war verschwunden. Der Teppich war durch weiche Plastikfliesen ersetzt worden.
    Der Korridor führte ohne Abzweigungen oder Nebenräume ins Palastinnere. Die kahle Nüchternheit der Umgebung und das Fehlen jeglicher Versteckmöglichkeit beunruhigten Mischa. Sie erreichte ein Foyer, dessen Springbrunnen durch eine Art Lichtkaskade ersetzt worden war. Die Wandverkleidungen mit ihren eingelassenen Lichtquellen hatten den Grundriß des ursprünglich wohl runden Raumes in ein regelmäßiges Achteck verwandelt, in das vier Korridore mündeten. In drei Korridoren begannen wieder die Teppiche, Wandbespannungen und Gobelins, und Mischa wandte sich dem vierten zu, der nach Art des neuen Eingangs umgestaltet worden war. Als sie den Zentralraum durchquerte, beeinflußte der schwache Luftzug ihres Vorübergehens die Lichtkaskade, deren Tönung sich langsam von Rot zu weichem Blau veränderte.
    Der umgestaltete Korridor war so gradlinig und nüchtern wie der vorige, doch bemerkte Mischa, daß eine optische Täuschung eingebaut war,

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