Die Asklepios Papiere (German Edition)
Frage eher vor sich hin genuschelt, als ihm gestellt hatte.
„ Na, ich meine, diese ganze…Schnitzeljagd. Mit dem Kapitel Peter hatte ich immerhin schon vor Monaten sauber abgeschlossen. Jetzt stellt sich sogar heraus, dass seine E-Mail nur eine Finte war. Was kümmern mich irgendwelche Unterlagen? Ich bekomme bald ein Baby und wäre gestern beinahe getötet worden. Soll doch die Polizei ihre Arbeit machen und Peter und alles was damit zusammenhängt suchen!“
„ Du klingst ja auf einmal so frustriert?“
„ Ich weiß auch nicht Lennard. Paris ist so schön. Wieso kann ich den Aufenthalt nicht einfach genießen, etwa Inspiration aufsaugen und mich dem Schreiben meines Buches widmen? Andernfalls habe ich nämlich bald Probleme, meine Miete zu bezahlen.“
Die Metro hielt mit einem Quietschen der Bremsen an einer Haltestelle, deren Namen Hannah nicht erkennen konnte. Sie blickte fragend zu Lennard.
„Nein, wir müssen noch weiter“, sagte er und schüttelte den Kopf. Nachdem sich der Zug wieder in Bewegung gesetzt hatte, deutete er vielsagend auf ihren Bauch.
„ Peter ist immerhin der Vater deines Kindes und wenn ich dich richtig einschätze, fühlst du dich irgendwie verpflichtet, ihn zu finden.“
Hannah antwortete nur mit einem Grummeln. Sie überfiel mit einem Mal ein schlechtes Gefühl. Ihre Intuition sagte ihr, dass sie in Gefahr schwebten. Wieso sollte der Unbekannte plötzlich nicht mehr hinter ihr her sein? Nur weil sie niemanden sah bedeutete das nicht, dass sie nicht trotzdem verfolgt wurde. Sie fragte sich ernsthaft, ob diese geheimnisvollen Informationen ihr Leben und das ihres ungeborenen Kindes wirklich wert waren.
„Außerdem bist du neugierig. Sonst wärst du doch bestimmt nicht auf den Eiffelturm geklettert.“
„ Vielleicht hast du ja Recht, aber wenn wir auf dem Friedhof nichts finden, dann ist Schluss“, sagte Hannah resolut. „Dann übergebe ich Peters Video der Polizei und das war´s dann für mich.“
Lennard sah sie an und nickte.
Die automatische Bandansage wies darauf hin, dass der nächste Halt Pére Lacha ise sei, wo sie aussteigen mussten. An der Tür drängten sie sich durch eine Schulkasse, die scheinbar ebenfalls zum Friedhof wollte. Einige Schüler hielten Reiseführer in den Händen während ein junger Lehrer lauthals über den Friedhof dozierte und sich dabei auch nicht durch die Aussteigeprozedur unterbrechen ließ. Auch wenn ihm offensichtlich kaum ein Schüler zuhörte, verminderte das nicht seinen Enthusiasmus von Le Cimetiére du Pére-Lachaise zu schwärmen. Hannah bedachte die beiden neben ihr stehenden Mädchen mit einem mitfühlenden Blick. Aus eigener Erfahrung wusste sie nur allzu gut, dass es zum Naturell der meisten Lehrer gehörte, sich ausgesprochen gerne selbst reden zu hören.
Um nicht ins Gedränge zu geraten, ließen Lennard und Hannah der Schulklasse den Vortritt. Sie folgten den Jugendlichen gemächlichen Schrittes in Richtung Ausgang, wobei es leider beinahe unvermeidlich war, einige Ausführungen von Herrn Dr. Röttger aufzuschnappen.
„… ist der größte Friedhof von Paris und zugleich die erste als Parkfriedhof angelegte Begräbnisstätte der Welt. Der Friedhof ist nach Pater Francois d´Aix Lachaise benannt, auf dessen Gärten der Friedhof errichtet wurde. Auf dem Friedhof sind zahlreiche berühmte Persönlichkeiten in teils prunkvollen kapellenähnlichen Grabmählern beerdigt.“ Der junge Pädagoge wirkte überfordert und hatte sichtlich Probleme damit, alle seine Schützlinge beieinander zu halten. „Wer von euch sollte das Referat über Pater Lachaise vorbereiten?“ Er sah sich suchend um. „Monika? Ich glaube du warst das. Sobald wir am Eingang sind, machen wir eine kurze Pause und du trägst bitte vor.“
Nach dem Verlassen der Metro waren es fußläufig nur wenige Minuten bis zum Haupteingang des Friedhofs. Eine schlichte schmucklose weiße Mauer wurde durch ein großes geöffnetes Flügeltor mit Stelen zu beiden Seiten unterbrochen, die von stilisierten Fackeln verziert wurden und dem Eintretenden ein sakrales Ambiente vermittelten. Betonpoller, die mit Ketten bespannt den Eingangsbereich autofrei hielten, boten der Schulkasse die Möglichkeit, sich etwas abseits der übrigen Friedhofsbesucher zu sammeln.
Hannah und Lennard gingen an der Gruppe vorbei und betraten den Friedhof. Direkt zur Rechten befand sich ein kleiner Infostand, wo man den offiziellen Friedhofsführer erwerben konnte, in dem die Gräber von
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