DIE ASSASSINE
war mir einerlei. Dies war meine Jagd. Dies war, was ich war.
Dann aber keuchte Borund: »Er lebt noch! Wir müssen ihn hier wegbringen, und ich kann ihn nicht alleine bewegen!«
Die nackte Verzweiflung in seiner Stimme, der pure Schmerz und die Kraft dahinter durchschnitten die weißkalte Wut. Mein Blick zuckte zu Williams Gesicht, das Borund mit den Händen umfasste. Unter dem Fluss sah ich William atmen, sah seinen Atem wie Dampf in der Luft.
»Bitte«, flüsterte Borund.
Mit einer Willensanstrengung ließ ich die Fährte des Mannes entgleiten, stieß die Wut beiseite und rannte an Williams Seite.
»Wir müssen die Blutung eindämmen«, murmelte Borund und streifte seine Jacke mit den Goldstickereien ab. Das weiße Rüschenhemd darunter war bereits schwarz gefleckt mit Williams Blut. »Hol sein Pferd. Ich werde ihn irgendwie im Sattel halten, während du vorausläufst und Gerrold und Lizbeth sagst, sie sollen einen Heiler holen und ein Bett vorbereiten.«
»Ich kann auch die Gardisten holen«, sagte ich und erhob mich, doch Borunds Hand schloss sich fest um meinen Unterarm, hielt mich zurück.
»Kein Wort zu irgendwem!«, zischte er, die Augen schwarz vor Wut. »Besonders nicht zu den Gardisten. Nach allem, was Avrell uns gesagt hat, vertraue ich der Garde nicht mehr. Nur Gerrold, Lizbeth und der Heiler dürfen davon erfahren.«
Ich zögerte, wollte darauf hinweisen, dass noch ein Mannübrig war, dass es gefährlich sein konnte, ihn und William allein zu lassen, dass das Haus zu weit entfernt war, aber die Verzweiflung in seinen Augen ließ mich Abstand davon nehmen.
Er würde nicht auf mich hören, und ich wusste bereits, dass der letzte Mann geflohen war.
Wir hoben William in den Sattel seines Pferdes. Borund ächzte dabei vor Anstrengung, und Köte wieherte und scheute, die Augen weiß vom Geruch des Blutes. Plötzlich erinnerte ich mich daran, wie ich das tote Mädchen zurück zu dessen Mutter getragen hatte, wie gewichtlos es sich in meinen Armen angefühlt hatte, als wäre es nur ein leerer Getreidesack gewesen, schlaff und nutzlos.
William fühlte sich weder leer noch gewichtlos an.
Hoffnung durchflutete mich wie ein Schwall warmen Wassers.
Dann saß William, so gut wir es hinbekamen, und Borund rief: »Lauf! Sag Gerrold, er soll Isaiah holen. Schnell!«
Und ich rannte, schneller, als ich je auf dem Siel gerannt war.
Ich stand angespannt in einem der leeren Schlafzimmer in Borunds Haus und beobachtete den über William gebeugten Heiler. Seine Bewegungen waren hektisch, und Schweiß troff ihm vom Gesicht, obwohl er es ständig mit einem Tuch abwischte. Seine Augen waren geweitet, jedoch aufmerksam auf seine fliegenden Hände gerichtet, die Stoff zerrissen, saubere Tücher gegen den Strom des Blutes pressten und sie hielten, bis sie durchtränkt waren, um sie anschließend beiseite zu werfen. Er flüsterte dabei fortwährend vor sich hin, kurze, angespannte Bemerkungen, die sich anhörten, als rede er mit sich selbst oder als bete er.
Der Boden war bereits von blutgetränkten Tüchern übersät. Ein schwarz-roter Fächer von Blut befleckte die Laken des Bettes. Ich verharrte reglos in der Ecke und beobachtete, wiedas Blut sich am Rand des Lakens sammelte, zu einem Tropfen anschwoll und sich dann zu einem langsamen, zähen Faden abwärts streckte.
»Gesegnete Regentin, hilf uns! Warum hört die Blutung nicht auf?«, flüsterte Isaiah.
Und plötzlich wurde es mir zu viel.
Ich flüchtete aus dem Zimmer und erschreckte Lizbeth auf dem Gang draußen, die gerade mit weiterem Leinen in den Raum eilte. Sie rief: »Varis!«, aber ich war bereits an ihr vorbei.
Ich stürzte in mein Zimmer, das beengend klein war im Vergleich zu dem, in dem William lag, doch ich begrüßte die Enge um mich, als ich mich in die Ecke kauerte und zusammenkrümmte. Tränen drohten, doch ich drängte sie zurück, hüllte mich in den aufgestauten Zorn, der immer noch schwelte, heiß und tief. So tief wie das Feuer.
In der Grelle der Wut sah ich wieder die Straße vor mir, den Kampf, die drei Männer, die Borunds Pferd umzingelten. Ich spürte, wie mein Dolch dem ersten Mann die Kehle aufschlitzte, dem zweiten in die Achselhöhle drang. Und der dritte …
Ich hörte, wie jemand langsam, zögernd die Tür meines Zimmers öffnete, und zog mich tiefer in mich selbst zurück. Die Haut um meine Augen spannte sich. Schritte durchquerten das Zimmer, leicht und vorsichtig, dann murmelte Lizbeth: »Oh, Varis.«
Einen langen
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