Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
Vom Netzwerk:
Pochen in meinem Gesicht, in meiner Brust, in meinem gesamten Körperdurchströmen. Die Schmerzen in der Brust wirkten scharf und gebündelt. Der Rest meines Leibes fühlte sich wie geschunden an. Die Muskeln und das Fleisch waren müde, aller Kraft beraubt.
    Lange Zeit lag ich da und atmete nur. Rauch verunreinigte die Luft.
    »Willkommen.«
    Ich drehte den Kopf und schenkte dem warnenden Stechen im Hals keine Beachtung.
    William saß auf einem Stuhl auf der gegenüber liegenden Seite des Zimmers und beobachtete mich. Er lächelte, und ich spürte, wie sich irgendetwas in der Leere meiner Eingeweide wärmte. »Geben wir nicht ein feines Paar ab?«, fügte er hinzu und lachte.
    Ich lächelte oder versuchte es zumindest. Mein Gesicht hatte mehr davongetragen als bloß die aufgeplatzte Lippe. Ich erinnerte mich, dass der Bärtige mich geschlagen hatte, und hob behutsam eine Hand an die Wange. Sie war geschwollen und heiß.
    Ich ließ die Hand zurücksinken, auch weil mir die Kraft versagte.
    »Wie lange …?«, fragte ich.
    William beugte sich vor. »Fünf Tage. Die ersten beiden Tage hatten wir Angst, wir müssten dich wegen des Feuers woandershin bringen, aber der Regen hat die Flammen gelöscht oder zumindest im Zaum gehalten. Dann bemerkten wir, dass deine Krämpfe jedes Mal weniger schlimm wurden und in größeren Abständen auftraten. Wir vermuteten, es wäre nur eine Frage der Zeit.« Kurz zögerte er, dann fragte er: »Was ist mit dir geschehen?«
    Ich wandte mich von ihm ab und starrte wieder an die Decke. Eine Welle der Angst überkam mich, aber längst nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich hatte noch nie jemandem vom Fluss erzählt und davon, was ich sah. Jedenfalls nicht willentlich.
    Aber nun wusste Avrell davon, und ich vermutete, auch Borund. Ich empfand es als seltsam, dass sie William nicht eingeweiht hatten.
    »Ich sehe die Dinge nicht auf dieselbe Weise wie du«, begann ich. »Wenn ich will, kann ich alles verschwimmen lassen, als ob ich durch Wasser blicke. Nur Dinge, die wichtig sind, zeichnen sich dann deutlich ab. Aber es ist nicht einfach. Manchmal, wenn ich es übertreibe oder etwas Unerwartetes tue, von dem ich zuvor gar nicht wusste, dass ich es kann, werde ich krank.«
    Ich verstummte. Ich war nicht sicher, was ich erwarten sollte.
    Nach langem Schweigen drehte ich den Kopf und sah, dass William immer noch vorgebeugt dasaß und mich beobachtete. Er lächelte; dann stand er auf.
    Mit vorsichtigen Bewegungen, eine Hand an der Seite, kam er zum Bettrand.
    »Am besten, ich mache mich auf den Weg und sage Borund, dass du wach bist. Avrell und er möchten mit dir reden.«
    Mein Magen verkrampfte sich. Ich werde ihn nicht töten , sagte ich mir. Dann aber streckte William die Hand aus und strich mir zärtlich die Haare aus dem Gesicht, wodurch er mich ablenkte. Es war eine leichte Berührung, die mir Schauder über den Hals, die Schultern und den Rücken jagte.
    Ich lag vollkommen still und sah zu, wie er das Zimmer verließ.

    Ich stand am Fenster im Palast und starrte auf die Stadt und den Hafen hinunter. Es hatte drei Tage gedauert, bis ich mich so weit erholt hatte, dass ich aus dem Bett aufstehen konnte, und weitere zwei Tage, bis ich mich gut genug fühlte, um mit Borund zum Palast zu kommen und Avrell zu treffen.
    Borund hatte versucht, mich zu bedrängen, aber ich hörte nicht mehr auf ihn. Ich traf meine eigenen Entscheidungen.
    Unten im Hafen versperrten Patrouillen immer noch den Einlass. Die schlanken Schiffe mit den Bannern der Regentin kreuzten unter der Sonne hin und her. An Land war ein großer Teil der Stadt geschwärzt. Nur noch ein paar verkohlte Mauern und verfallene Gebäude standen dort. Einige Lagerhäuser hatten überlebt, auch die meisten Docks, aber fast ein Viertel der Stadt war niedergebrannt.
    Ich dachte daran, wie Criss die Laterne in meine Richtung geschleudert hatte, und runzelte die Stirn.
    Dann dachte ich an Erick und biss mir auf die Lippe. Ich hatte ihn seit jener Nacht nicht mehr gesehen, hatte ihn in den Tagen danach nur gehört. Und gegen Ende hin, als die Krämpfe nicht mehr so schlimm gewesen waren, da war er nicht mehr im Haus gewesen. Da hatte ich nur noch Borund und Avrell gehört.
    Hinter mir platzte Borund plötzlich hervor: »Wo steckt er?« Er stemmte die Hände in die Seiten und beendete seine unruhige Wanderung.
    Als wäre er gehört worden, öffnete sich die Tür des kleinen Raumes, und Avrell trat ein, gefolgt von Erick.
    Unbewusst

Weitere Kostenlose Bücher