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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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ein. »Sie hat ihm auf die Schulter getippt, und als er sich umgedreht hat, da hat sie ihn abgestochen!«
    Ruckartig fuhr Ericks Kopf zu Blutmal herum. »Wenn du noch ein Wort sagst, schneide ich dir die Zunge raus, du Rotzlöffel!«, herrschte er ihn an.
    Die Drohung jagte mir einen Schauder über den Rücken, bis zu der Stelle, an der Ericks Hand mich noch immer zurückhielt. Meine Haut kribbelte.
    Dann spürte ich abermals Ericks Atem im Nacken.
    »Du hast ihn getötet?«
    Ich nickte und dachte daran, wie der Dolch durch Garrells Hemd geglitten und auf leichten Widerstand gestoßen war, ehe er sein Fleisch durchschnitten hatte. Mit brüchiger Stimme hauchte ich: »Ja.«
    »Dann steht es dir zu, ihn zu kennzeichnen.«
    Seine Hand verschwand aus meinem Rücken, und er trat von mir weg. Nur ein Stück, doch weit genug, dass es schien, als schrumpfte die Welt, bis nur noch ich und Garrell übrig waren, sein schattiges Gesicht, seine schlammbraunen Augen und das Muttermal an seinem Hals, das an einen Alefleck erinnerte.
    Den Dolch in der Hand, kniete ich mich hin. Der Gestank von Blut und Tod, Harn und Kot überlagerte den Modergeruch der Gasse.
    Ich zögerte.
    »Aber ich habe den Mann getötet, der versucht hat, mich zu erdrosseln. Ich habe den fetten Mann getötet. Du selbst hast beide gekennzeichnet, nicht ich.«
    Ericks Stimme klang wie aus der Ferne, als er erwiderte: »Den Kerl, der dich erdrosseln wollte, hast du getötet, um dich selbst zu retten. Den Fetten hast du umgebracht, um mich zu retten. Doch bei dem hier ist es anders, Varis. Du hast ihn getötet, weil es notwendig war. Weil du es wolltest.«
    Ich hob den Dolch zu Garrells Stirn und setzte die Klinge an seiner Haut an. Dann zögerte ich abermals.
    Ich schloss die Augen, dachte an den Mann mit der Würgeschnur und spürte wieder, wie sie in meinen Hals schnitt. Ich hatte immer noch eine Narbe davon, einen weißen Kreis mit einer senkrechten Linie, wo ich mich mit dem eigenen Dolch geschnitten hatte, um mich von der Schnur zu befreien. Ich erinnerte mich noch genau daran, wie ich mich über ihn gebeugt, ihm ins Gesicht gestarrt und ihn angespuckt hatte.
    Die heiße Wut jenes Augenblicks kehrte schlagartig zurück, und ich öffnete die Lider und blickte wieder in Garrells Gesicht. Nur sah ich diesmal weder die Schatten auf seiner Haut noch seine glasigen Augen oder das dunkle Blut des Muttermals.
    Stattdessen sah ich ihn, wie er das Mädchen mit dem strohblonden Haar anstarrte, während es mit dem grünen Tuch spielte. Ich sah, wie sich das Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Dieses träge, satte Grinsen.
    Die Wut schoss durch meine Brust und meine Arme, und ich straffte die Schultern. Dann schnitt ich mit entschlossenen Bewegungen den Geisterthron in Garrells Stirn, ehe ich mich zurücklehnte.
    Es floss kein Blut. Und mir waren auch nicht die sauberen Linien des Zeichens gelungen, das Erick zuvor bei dem Mann hinterlassen hatte, der mich erdrosseln wollte. Dennoch waren meine Schnitte deutlich als der Geisterthron erkennbar.
    Erick kam herbei und legte mir die Hand auf die Schulter. »Gut.«
    Ich hörte ihn kaum. Stattdessen schauderte ich.
    Erick drückte meine Schulter.
    Blutmal schnaubte. »Das war’s? Sie tötet ihn, kennzeichnet ihn, und das war’s? Du bist ein beschissener Gardist!«
    Erick bewegte sich schattenhaft, sodass ich es kaum mitbekam. Mit drei schnellen Schritten war er an Blutmals Seite.Seine Hand schoss vor, umklammerte Blutmals Nacken, drückte ihn mit einem jähen Stoß zu Boden und presste sein Ohr und die Wange in den Dreck der Gasse.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Erick. »Kein weiteres Wort.« Er zog den Dolch und senkte ihn zu Blutmals Gesicht.
    Blutmal schrie auf und begann zu zappeln, die Augen weit aufgerissen, doch Erick stemmte ihm das Knie in den Rücken, während die Hand nach wie vor an Blutmals Hals lag. Dann beugte er sich dicht zu Blutmals Ohr, und dieser stellte jede Gegenwehr ein. Er schloss die Augen und wimmerte leise, verzog die Lippen zu einem verzerrten Grinsen des Schmerzes.
    »Die Regentin wollte ihn tot sehen«, sagte Erick. »Es spielt keine Rolle, wer ihn getötet hat. Ich habe Varis gebeten, ihn aufzustöbern, und das hat sie getan. Es war ihre Entscheidung, ihr Kennzeichen. Die einzige Frage ist …« Erick beugte sich noch näher zu Blutmal, berührte mit dem Dolch dessen Wange. Blutmal sog scharf die Luft ein. »Die einzige Frage ist«, wiederholte Erick, »was ich mit dir machen

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