Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
wird diese Zugangsmöglichkeit nicht im Geringsten bewacht?
Einen solchen Leichtsinn konnte die junge Fürstin absolut nicht verstehen. Immerhin war es dadurch jedem Menschen möglich, der ebenso wie sie auf die Benutzung der unterirdischen Wasserwege kam, sich ungesehen an jeden beliebigen Ort der Stadt zu bewegen – vielleicht sogar mitten in den Drachenpalast hinein. Da sie keine logische Erklärung finden konnte, schüttelte sie diese Überlegung ab und widmete sich dem, was vor ihr lag.
Ab dem Verlassen der Kanäle wurde es schwierig für sie, da sie weder einen Bauplan von Xardans Residenz besaß noch wusste, wo genau in dem gewaltigen Gebäude der Magier seine Nächte verbrachte. Daher dauerte es eine ganze Weile und kostete sie wahrscheinlich mehrere Umwege, bis sie endlich im fünften Stockwerk vor einer großen, hölzernen Tür mit zwei Flügeln und aufwendigen Gravierungen sowie Verzierungen ankam. Sie war ziemlich sicher, dass die Schlafgemächer des Zauberers dahinter liegen würden.
Als sie eher unbewusst das Schloss der Tür testete, ereilte sie eine weitere Überraschung. Der Zugang zu Xardans nächtlichem Reich war nicht verschlossen, sondern ließ sich ganz einfach und vollkommen lautlos öffnen. Altyras Denken wurde in dem Moment zu Todesklinge.
Irgendetwas stimmt doch hier nicht!
, überlegte sich die Assassine äußerst misstrauisch.
Laufe ich etwa mitten in eine Falle hinein?
Obwohl diese Möglichkeit durchaus bestand, schlich sie dennoch weiter und fand auch die Tür, die in das eigentliche Schlafzimmer des Magiers führte, unverschlossen vor. In dem dahinterliegenden Raum herrschte ein schwaches Licht, dessen Quelle man zwar nicht sehen, durch welches man ansonsten jedoch alles sehr gut erkennen konnte. Xardan lag unter einer dicken Decke in einem gewaltigen Himmelbett und hatte die Augen geschlossen. Seine ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge deuteten darauf hin, dass er tatsächlich tief und fest zu schlafen schien. Daher schlich Todesklinge vorsichtig zu dem überdimensionalen Bett, zog lautlos ihren Dolch und hielt ihn ihrem Opfer an die Kehle, während sie sich schnell über dessen Körper kniete. Die Assassine wollte mit ihrer Klinge gerade den Todesstreich ausführen, als das plötzliche Hochklappen von Xardans Lidern sie innehalten ließ.
Diese Augen
, dachte die Altyra in Todesklinge verwirrt.
Woher kenne ich seine Augen?
Sie war sich absolut sicher, diese schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Was sie jedoch am meisten irritierte, war die Tatsache, dass dieser Anblick sie an ihre Kindheit erinnerte.
Warum nur?
"Du hättest deine Chance ergreifen sollen, solange es noch möglich war", ertönte die tiefe Stimme des Magiers. "Wer bist du und wie kommst du hier herein?"
Auch die Stimme weckte in der jungen Fürstin ein Gefühl der Vertrautheit, welches im Gegensatz zu den Augen des Mannes allerdings nicht so weit in der Vergangenheit lag.
"Wer sagt Euch, dass meine Chance bereits vorbei ist?", wollte die Assassine in Altyra wissen, während die junge Fürstin selbst verzweifelt überlegte, weshalb ihr an ihrem Opfer so viele Dinge bekannt vorkamen.
"Ah, jetzt verstehe ich", erwiderte Xardan begreifend. "Du besitzt die Gabe … und darüber hinaus scheinbar einen äußerst starken Willen. Doch um deine Frage zu beantworten: Warum versuchst du nicht einfach einmal, dich zu bewegen?"
Als Todesklinge dieser Aufforderung nachkommen wollte, stieg blankes Entsetzen in ihr auf. Ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen. Sie konnte sich nicht im Geringsten bewegen.
"Was habt Ihr mit mir gemacht?", schrie sie den Zauberer ängstlich an. "Und was soll das bedeuten:
Ich besitze die Gabe
?"
Der Mann lächelte einfach nur und blickte ihr tief in die Augen.
"Was tut Ihr da?", wollte die Assassine in mittlerweile panischem Tonfall wissen. "Antwortet mir!"
"Ich suche nach etwas …", erklärte Xardan sein Verhalten tatsächlich, "… in deinem Inneren."
Todesklinge konnte plötzlich nicht mehr sprechen. Ihr Mund war vollkommen ausgetrocknet und ihre Zunge fühlte sich unendlich schwer an. Daher konnte sie nichts anderes tun, als auf die nächsten Worte des unter ihr liegenden Mannes zu warten.
"Oh ja, hier ist es. Ich habe mich nicht getäuscht. Du bist tatsächlich sehr stark, hast aber scheinbar nicht die geringste Ahnung, wozu du in Wirklichkeit fähig bist."
"Was … was soll das heißen?", fragte Todesklinge, als sie endlich wieder genügend Speichel im Mund hatte, um Worte
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