Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
du von mir?"
"Ich möchte dich um einen Gefallen bitten."
"
Du
bittest
mich
um einen Gefallen?", wiederholte Tylana sichtlich überrascht. "Einmal abgesehen davon, dass ich nicht glaube, was ich gerade eben gehört habe: Weshalb sollte ich dir einen Gefallen erweisen? Das letzte Mal, als du etwas für mich getan hast oder auch nur nett zu mir gewesen bist, ist schon so lange her, dass ich mich nicht einmal mehr daran erinnern kann."
"Du hast recht. Und ich möchte mich ganz ehrlich dafür entschuldigen. Aber du hast trotz allem richtig gehört: Ich bitte dich um einen Gefallen. Auf deine Frage nach dem Warum kann ich dir keine überzeugende Antwort liefern. Würde es vielleicht helfen, dass ich dein Bruder bin?"
"Bevor ich diese Frage beantworte, muss ich dir eine Frage stellen: Wer bist du und was hast du mit Prinz Dynoran von Palderan angestellt? Du siehst zwar aus wie mein Bruder, aber sein Verhalten hast du völlig verfehlt."
"Sehr witzig, Tylana", kommentierte Dynoran diesen Scherz auf seine Kosten mit einem erzwungenen Lächeln. "Aber das habe ich wohl verdient."
"Ja, das hast du wirklich. Und jetzt sage mir endlich, worum es bei diesem Gefallen geht!"
"Einverstanden", äußerte der Prinz, während er noch einmal tief durchatmete. "Ich weiß, dass Fürstin Altyra von Falkenau und du sehr gute Freundinnen seid. Daher möchte ich dich darum bitten, ein gutes Wort für mich bei ihr einzulegen."
"Ich soll
was
?", rief Tylana geschockt.
"Unser letztes Gespräch verlief nicht wirklich gut, wie du selbst weißt. Genau genommen war es eine einzige Katastrophe, wenn du mich fragst. Ich möchte nicht, dass sie dieses schlechte Bild von mir in Erinnerung behält und in mir nur einen eingebildeten und ungehobelten Königssohn sieht."
"Aber ist es nicht genau das, was du bist?", versetzte die Prinzessin ihrem Bruder einen weiteren Stich.
"Denkst du wirklich so von mir?", fragte Dynoran gekränkt.
"Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade nicht mehr genau, was ich von dir halten soll, Bruder", hörte sich Tylana zu ihrer eigenen Überraschung sagen. "Ich war vorhin vielleicht nicht ganz ehrlich. Ich kann mich sehr wohl daran erinnern, dass du früher, als wir noch klein waren, immer für mich da warst. Aber seit du dein Studium in Deragun abgeschlossen hast, bist du so anders."
"Dann erinnere dich doch einfach an den großen Bruder, der dir Äpfel von Bäumen holte, auf die du selbst nicht klettern konntest, oder der dich auf der Schaukel anstieß, weil du höher hinaus wolltest, oder der dich nach Hause zu unserer Mutter trug, wenn du dich beim Spielen einmal wieder am Bein verletzt hattest."
"Ich …"
Tylana wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hätte nicht gedacht, dass sich Dynoran an jene Ereignisse aus ihrer Kindheit so genau erinnern konnte – auch wenn sie selbst kein einziges davon vergessen hatte.
"Verzeiht mir bitte, wenn ich Euch und Eure Schwester störe, Prinz Dynoran", unterbrach in dem Moment ein Dienstbote die Unterhaltung der beiden Geschwister. "Ich habe eine Nachricht von Eurem Vater. Er möchte Euch unverzüglich im Thronsaal sehen."
"Verlangt Vater auch nach mir?"
"Nein, Prinzessin Tylana. Euer Vater schickt ausschließlich nach Eurem Bruder."
"Hab Dank für die Überbringung der Nachricht meines Vaters. Ich werde mich sofort zu König Malron begeben. Du darfst gehen."
"Sehr wohl, mein Prinz. Prinzessin Tylana."
Nach diesen Worten und einer tiefen Verbeugung zog sich der Diener zurück.
"Wie es scheint, bleibt mir nichts anderes übrig, als dich jetzt wieder alleine zu lassen ", sagte Dynoran enttäuscht zu seiner kleinen Schwester. "Versprichst du mir, dass du mit Altyra über mich reden wirst?"
"Ich werde darüber nachdenken."
"Vielen Dank, Schwesterchen!", entgegnete der Prinz so, als hätte sie ihm eine feste Zusage erteilt, und gab ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er schnellen Schrittes zum nächstgelegenen Eingang ins Innere des Palastes eilte.
"Ich habe noch nicht
Ja
gesagt!", rief Tylana ihm hinterher, wobei sie sich insgeheim darüber freute, dass sich das Verhalten ihres Bruders ihr gegenüber so schlagartig wieder verbessert hatte.
Außerdem stieg eine Ahnung über den Grund der Veränderung in ihr auf und sie hoffte, dass dieses neue Verhalten von Dauer sein würde.
Dynoran bekam davon natürlich nichts mit. Er hatte nicht einmal mehr die letzten Worte seiner Schwester gehört. Während er auf dem Weg zum Thronsaal seines Vaters durch die
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