Die Assistentin
unterwegs gewesen war, um mit internationalen Multimillionären, Staatsführern und anderen prestigeträchtigen Mandanten zu verhandeln.
“Zuerst die schlechten Nachrichten”, sagte Up. Seine Stimme dröhnte aus dem Lautsprecher. “Wir konnten den Termin für die Verlesung der Anklageschrift nicht nach hinten verschieben. Jetzt stehen wir für Freitagmorgen um zehn im Kalender. Heute ist Samstag, wir haben also weniger als eine Woche Zeit.”
“Und die guten Nachrichten?”
“Es gibt keine. Am Dienstagnachmittag bin ich wieder im Büro, dann möchte ich mich mit Ihnen und dem Rest des Teams zusammensetzen. Ich habe mir Ihre Akte angesehen, die Berichte der Polizei und vom Labor, die Beweismittel des Staatsanwalts und den Bericht unserer eigenen Ermittler. Wir haben alle Einzelheiten beisammen, aber das Team hat sich noch nicht über die beste Verteidigungsstrategie geeinigt. Inzwischen wird die Zeit knapp. Mit anderen Worten, Mr. Shan: Wir sehen die Bäume, jede Menge Bäume sogar, aber nicht den Wald. Wir stecken fest, und wir müssen verdammt noch einmal wissen, wo es langgehen soll.”
Simon stimmte dem Treffen zu.
Dir würde ich zu gerne sagen, wo es langgeht!
Die anderen Anwälte hatten ihm versichert, alles verliefe nach Plan. Wenn das Team jetzt
ihn
als Kompass brauchte, steckte er wirklich in Schwierigkeiten. Andererseits war Yorty bekannt für seine theatralischen Auftritte vor Gericht. Vielleicht hatte Shan gerade einen Vorgeschmack darauf erhalten.
Simon wanderte in der blitzenden Küche herum, stellte die Gewürze fort und rückte ein paar Gegenstände gerade. Er war sich sehr wohl bewusst, dass er mit seinen Gedanken schon wieder bei ihr war.
Schließlich hielt er es nicht mehr aus und schlich durch den Flur, um an ihrer Tür zu lauschen. Er fragte sich gerade, ob er sie aufschließen sollte, als ihre Stimme ihn erschreckte. Sie stand auf der anderen Seite und sprach mit ihm.
“Sind Sie gekommen, um mir zu sagen, dass Sie mir vertrauen?”
“Geht es Ihnen gut?”, fragte er sie.
“Beantworten Sie meine Frage.”
Er schloss die Tür auf. Jia stand auf der anderen Seite des Raumes. Sie hatte einen Kimono angezogen und band ihn zu.
“Nein”, sagte er. Ihm fiel der gequälte Ausdruck in ihren Augen auf. “Deswegen bin ich nicht gekommen.”
“Warum schicken Sie mich dann nicht fort?”
“Ich weiß es nicht”, gab er zu. “Warum schicke ich Sie nicht fort?”
Sie drehte sich um, das Gesicht zur Wand. “Dann lassen Sie mich allein und schließen Sie die Tür. Ich will Ihnen nur helfen. Kommen Sie wieder, wenn Sie mir glauben.”
Simon machte die Tür zu, ohne sie zu verschließen.
Burton Carr hatte seit sechsunddreißig Stunden weder geschlafen noch die Kleidung gewechselt. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, auf die Fragen einzugehen, die ihn in seinem Blog von einer besorgten Öffentlichkeit erreichten. Er war so dankbar! Die meisten Leser glaubten ihm, dass er unschuldig war und verleumdet worden war, um seine Recherchen zu unterbinden und seine Wiederwahl zu vereiteln. Der missionarische Eifer hielt ihn wach. Das waren seine Leute, und zusammen würden sie etwas verändern können.
Er schloss die Augen und sah ein merkwürdiges Muster aus weißen Punkten und Blitzen. Wahrscheinlich hatte er seine Augen überanstrengt. Und er war erschöpft. Er nahm seine Finger von der Tastatur und ließ sich in seinem Stuhl zurücksinken. Mit einem tiefen Seufzer spürte er, wie der harte Klumpen in seiner Brust langsam verschwand. Noch immer waren Tag und Nacht alle Lichter im Haus an. Er fürchtete, die Einsamkeit würde ihn überwältigen, wenn er sie ausmachte, auch nur ein Einziges.
Einige Zeit später klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch. Müde und verwirrt öffnete Burton die Augen. Er konnte sich nicht vorstellen, wer ihn so spät am Samstagabend noch anrufen könnte. Außer seine Frau. Er griff nach dem Headset. “Happy?”
“Nein, ich bin nicht glücklich, Burt. Und ich bin auch nicht deine Frau.”
Die Stimme des Mannes hatte einen frostigen Unterton. Burt musste unwillkürlich zittern, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. “John Fuller?” Unter anderen Umständen hätte Burt die Stimme des Vorsitzenden des Democratic National Committee sofort erkannt. Aber es war schon spät, und das war kein gewöhnlicher Anruf.
“Ja, Burton, hier ist John. Ich bin gerade von einer Wohltätigkeitsveranstaltung nach Hause gekommen und habe einen Haufen
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