Die Assistentin
fallen. Stöhnend hob er ein Kissen auf, warf es auf den nächsten Sessel und ließ sich schwerfällig darin nieder. “Fühlt sich an wie eine geprellte Rippe”, sagte er.
Nach den Informationen, die sie über seine Krankheit eingeholt hatte, hatte Lane erwartet, deutliche Anzeichen von Muskelschwund und allgemeinem körperlichen Verfall zu entdecken. Doch sie sah nichts davon. Geprellte Rippe oder nicht, todkrank oder nicht, er hatte die Figur eines Kämpfers. Sie hatte schon von Sixpacks gehört. Jetzt wusste sie endlich, warum so ein Wirbel um ein paar schön geformte Bauchmuskeln gemacht wurde. Selbst mit all den Wunden und blauen Flecken war unschwer zu erkennen, dass er noch einige weitere körperliche Vorzüge besaß. Er könnte glatt als Model für Männerunterwäsche arbeiten. Lane versuchte, es zu ignorieren.
Sie hockte sich auf die Armlehne des Sessels und beugte sich vor, um die Wunde an seinem Kopf zu säubern. “Ich schätze, du willst auch nicht, dass ich die Polizei rufe. Das werde ich auch nicht”, sagte sie. “Aber nur, wenn du mir erklärst, was hier vor sich geht. Wer waren die Eindringlinge und warum haben sie dein Haus verwüstet? Was haben sie gesucht?”
“Ich weiß es nicht.”
Ja, klar.
“Stimmt es, dass du die Beweise gestohlen hast?” Sie lehnte sich zurück und sah ihn an. “Rick, hast du sie genommen? Sind die Kerle deshalb hier eingebrochen?”
Sein zorniges Schweigen wertete sie als Ja. “Aber warum hast du Beweise gestohlen, die diese Bastarde ins Gefängnis gebracht hätten? Haben sie dich dafür bezahlt?”
Die Stille dehnte sich aus, und sie ließ es zu. Aber er war noch längst nicht aus dem Schneider. Sie war ihm nah genug, dass sie seinen Atem spürte. Nah genug, um ihm wehzutun.
“Weil sie dich sonst in Stücke gerissen hätten”, sagte er schließlich.
“Wer? Die Typen aus der Lodge?”
“Nein, der Staatsanwalt. Die Presse. Die Öffentlichkeit. Jeder, der davon lebt, Nachrichten über hübsche kleine Mädchen zu verbreiten, die sexuell ausgebeutet werden – in diesem Fall von wohlhabenden, angesehenen Männern. Es wäre ein Medienspektakel ohnegleichen geworden, und du hättest im Mittelpunkt gestanden. Ich habe das schon oft genug erlebt.”
Er verlagerte sein Gewicht und zuckte zusammen. “Die Opfer werden in solchen Situationen meistens zerstört. Normalerweise sind sie schon völlig fertig, ehe sie überhaupt erwischt werden. Das warst du nicht. Ich dachte, ich könnte dich retten.”
“Du hast es für mich getan? Um mich zu schützen? Aber du hast mich doch gehasst!”
“Ich habe gehasst, was du getan hast.”
“Und deswegen hast du es riskiert, ins Gefängnis zu gehen, und deine Karriere aufs Spiel gesetzt?”
“Ich habe meine ganzes Leben auf der Straße verbracht und mit hoffnungslosen Kids zu tun gehabt. Das fing an, als ich selbst noch ein Kind war und die anderen Kinder in der Nachbarschaft gesehen habe. Neds Mutter und Schwester waren drogenabhängig. Vielleicht hat es einfach das Fass zum Überlaufen gebracht, als ich dich getroffen habe.”
Seine Stimme klang schroff. Wahrscheinlich war es ein Zeichen, wie nahe ihm die Sache ging. Trotzdem war sie sich noch nicht sicher, ob sie ihm die Geschichte abkaufen sollte. “Und was ist mit den Typen aus der Hunting Lodge? Sie sind deinetwegen davongekommen!”
“Ihnen wäre so oder so nichts passiert. Der Fall steckte fest. Die Aufnahmen aus der versteckten Kamera waren nicht gut genug, um die Männer eindeutig zu identifizieren. DNA-Tests waren damals noch sehr teuer und wurden nur bei Mord angeordnet. Der Staatsanwalt wusste das. Trotzdem trieb er den Fall voran, weil er scharf auf die öffentliche Aufmerksamkeit war. Er hätte zugelassen, dass du in aller Öffentlichkeit bloßgestellt wirst, nur damit er als Held dastehen kann, der ein kleines unschuldiges Mädchen gegen die bösen Perversen verteidigt. Aber die ganze Sache war von vornherein zum Scheitern verurteilt.”
Lane wusste nicht, was sie sagen sollte. Davon hatte sie nichts gewusst. Schweigend fuhr sie fort, seine Kopfwunde zu säubern und zu verbinden. Dann reinigte sie seine Schultern, die Arme und den Rücken. Kopfwunden bluteten immer heftig, aber bis auf ein paar frische Prellungen entdeckte sie keine weiteren neuen Verletzungen.
“Vielleicht solltest du deine Brust selbst waschen”, schlug sie vor. “Wenn du wirklich eine Rippe geprellt hast, könnte ich dir wehtun.”
Sie drückte ihm die Tücher in die Hand
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