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Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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Nicht, weil er Angst gehabt hätte. Es tat ihm in der Seele weh. So weit hätte es nie kommen dürfen.
    “Ich habe dir gesagt”, erklärte Burt junior, “dass Mom schläft.”
    “Burt, bitte …”
    “Sie will dich nicht sehen.”
    “Burt, Sohn, ich habe nichts von dem getan, was sie mir vorwerfen. Du musst mir glauben …”
    “Dad, ich weiß, dass du nichts Böses getan hast.”
    Der Junge begann erneut, verlegen mit den Füßen zu scharren. Er versuchte die Tür zu schließen, aber Burton streckte eine Hand aus, um ihn aufzuhalten. “Wirklich?”, sagte er. “Du glaubst mir?”
    “Ja, klar.”
    “Danke …” Burtons Stimme brach, sodass er nur noch flüstern konnte. “Dafür danke ich dir.” Er ergriff die Hand seines Sohnes. Alles, was er wollte, war eine warme Geste, doch Burt junior zuckte zusammen und wich zurück.
    “Bitte, lass uns in Ruhe”, sagte er und schloss die Tür.
    Burton Carr, der angesehene Kongressabgeordnete, brach auf den Stufen vor dem Haus seiner Schwägerin zusammen. Er sank auf die Knie, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wie das wohl aussehen mochte. Er war sein ganzes Leben lang ein Diener des Staates gewesen, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Acht Mal war er in den Kongress gewählt worden, seit sechzehn Jahren war er Abgeordneter. Burt junior wurde im selben Jahr geboren, als er für die erste Amtszeit gewählt wurde. Davor hatte er auf Staatsebene Politik gemacht. Jeder hatte ihm gesagt, dass er zu Höherem berufen sei. Er fragte sich, was sie jetzt von ihm dachten, diese Menschen, die ihn für einen Auserwählten gehalten hatten.
    Er hatte ebenfalls daran geglaubt.
    Die vermummte Gestalt in dem Auto auf der anderen Straßenseite fiel ihm nicht auf. Er sah auch nicht die Kamera mit dem Teleobjektiv und hörte nicht das schnelle Klicken des Auslösers. Er war ganz von dem heftigen Schmerz in seinem Inneren in Anspruch genommen – und von der Überlegung, was er tun konnte, um ihn zu stoppen. Sein eigener Sohn war zum Torwächter geworden, der ihm den Zugang zu seiner Familie verweigerte. Konnte er noch tiefer sinken in seiner Verzweiflung? Er begriff nicht, dass irgendjemand von seiner Familie glauben konnte, er sei zu so etwas Furchtbarem fähig. Über zwanzig Jahre lang hatte seine Frau zu ihm gestanden. Seine Kinder waren von seinem Blut, und Blut war stärker als alles andere, oder nicht? Wer stand ihm näher? Wer kannte ihn besser?
    Doch als er endlich die Kraft fand, aufzustehen und zu seinem Auto zu gehen, begriff er, dass sie ihn vielleicht
doch nicht
kannten. Vielleicht kannte ihn niemand richtig. Er hatte sich nie die Zeit genommen, ihnen zu zeigen, wer er war. Er war sich nicht einmal sicher, ob er es selbst wusste. Ist das mein Vergehen, fragte er sich, dass meine Fassade so gut, so überzeugend ist, dass mich niemand wiedererkennt, sobald sie fehlt? Möglicherweise verbarg sich seit Jahren ein Ungeheuer hinter der Maske des Kreuzritters.
    Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche, putzte sich die Nase und trocknete sich die Augen. Das Klicken der Kamera hörte er immer noch nicht.
    Jerry Blair war ein merkwürdiger Kerl, das war Rick Bayless sofort klar. Er trug eine Sonnenbrille im Büro, und er machte seltsame Sachen mit seinen Daumen.
    Rick hatte sich für den Nachmittag einen Termin bei dem Mann geben lassen, der den Discounterriesen TopCo lenkte. Natürlich hatte er einen falschen Grund für seinen Besuch angegeben. Rick war zu früh gekommen und hatte etwas Kaffee auf seinen Anzug verschüttet – eine Katastrophe! Er hoffte, die überschwängliche, überaus dienstbeflissene Empfangsdame würde ihm den Schlüssel für den Waschraum der Geschäftsführung geben. Was sie auch getan hatte, sodass Rick ungehindert in den Hallen des Allerheiligsten herumstreifen konnte.
    Er hatte Blair in einem riesigen Büro gefunden, ein Raum mit Glaswänden, die es ihm leicht machten, ihn eine Weile zu beobachten. Jerry Blair war ein großer Mann mit dichtem Haar und einem Bart. Er lag fast in seinem Chefsessel, die Hände ruhten auf der Brust, die Daumen zusammengepresst. Die Augen waren vermutlich geschlossen, doch wegen der Sonnenbrille war Rick sich nicht sicher. Hielt er etwa ein kleines Nickerchen?
    “Mr. Fletcher? Mr. Blair hat jetzt Zeit für Sie.”
    Es war die nervöse junge Frau, die ihm den Schlüssel zum Waschraum gegeben hatte. Als Rick angekommen war, hatte er ihr eine Visitenkarte gegeben, die ihn als Bob Fletcher

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