Die Assistentin
es in der Sorgerechtsvereinbarung.”
Niemand schien sich die Mühe gemacht zu haben, Felicity zu erklären, dass diese Vereinbarung nach dem Tod ihrer Mutter keine Gültigkeit mehr hatte. Blair bedeutete seiner Angestellten mit einem Nicken zu gehen, und Felicity drehte sich zu ihrem Vater um.
“Dad, du hast der Band wieder abgesagt! Wie konntest du nur?! Ich habe gerade ihre Homepage gecheckt. An meinem Geburtstag haben sie einen anderen Auftritt!”
Blair erhob sich. “Felicity, wie du siehst, habe ich gerade eine Besprechung.”
Sie starrte Rick an, als nähme sie zum ersten Mal Notiz von ihm. “Na und? Ich wette,
er
belügt und betrügt seine Tochter nicht. Du hast es mir nicht einmal erzählt! Das ist so demütigend. Wenn meine Freunde das herausbekommen! Da kann ich mir gleich einen Strick nehmen!”
“Felicity, sag nicht so etwas.”
“Ach ja, wegen
Mom,
nicht wahr?” Sie verdrehte die Augen. “Wahrscheinlich hat sie sich umgebracht, weil du bei der Scheidung so heimtückisch und geizig warst.”
Blair wurde aschfahl. Ihm schienen die Worte zu fehlen. Hilflos sah er Felicity an. Rick wollte sich schon einmischen und dem Mann gegen seine eigene Tochter zur Seite springen, doch das war eine Angelegenheit, die nur die beiden etwas anging. Und es war eine Tragödie.
Während ihrer Ehe war Jerry Blairs Exfrau ein Mal wegen Drogenbesitzes verhaftet worden, doch Blairs hochbezahlte Anwälte hatten die Sache mit einem Fingerschnippen aus der Welt geschafft. Natürlich hatten genau dieselben Anwälte sie während des Scheidungsprozesses nach Strich und Faden fertig gemacht. Offensichtlich hatte der Mut sie verlassen, und als es sich abzeichnete, dass sie ihre Tochter verlieren würde, hatte sie wieder zu Drogen und Tabletten gegriffen. Die Medien spekulierten lange darüber, ob es Selbstmord gewesen war; der Untersuchungsrichter kam zu dem Schluss, dass sie versehentlich eine Überdosis genommen hatte. Seitdem erzog Jerry Blair seine Tochter allein. Zumindest versuchte er es.
Felicity machte eine ungehaltene Handbewegung. “Egal. Ich werde schon eine Band finden, gegen die die Gutter Punk Bone Dawgs wie Waschlappen aussehen. Und versuch nicht, mich zu bremsen, mein lieber, treu sorgender Vater. Oder ich
werde
mich umbringen.”
Sie stürmte aus dem Büro und schien in ihrem Kielwasser eine dröhnende Stille zu hinterlassen.
Blair sammelte sich so weit, dass er sich bei Rick entschuldigen konnte. “Sie ist nie richtig über den Tod ihrer Mutter hinweggekommen”, erklärte er. “Ich hoffe, Sie entschuldigen sie – und mich. Ich muss unser Treffen leider beenden.”
Blair komplimentierte Rick hinaus und verschwand durch eine Tür, die vielleicht zu einem Konferenzzimmer führte. Rick nahm sich einen Moment Zeit, um sich gründlich im Büro umzusehen. Eine Wand war mit Auszeichnungen und Urkunden vollgehängt. Auf einer Konsole hinter dem Schreibtisch standen mehrere gerahmte Fotos von Blairs Tochter. Rick bemerkte auch einen großen schwarzen Regenschirm und einen Regenmantel an einem Haken hinter der Tür, aber es klingelten keine Alarmglocken. Gelegentlich regnete es sogar in Südkalifornien.
Migräne, energetische Kraftübungen und eine aufmüpfige Tochter? Jerry Blair kam Rick nicht wie ein Mann vor, der sein eigenes Leben im Griff hatte. Und dieser Mann lenkte einen Riesenkonzern wie TopCo? War die Beschreibung “charmanter Exzentriker” womöglich eine Andeutung, dass er schwul war? Rick verstand wirklich nicht, was Lane an ihm fand.
17. KAPITEL
L ane griff in die Schreibtischschublade, zauberte zwei Riegel dunkler kräftiger spanischer Schokolade hervor und bot ihrer Schwester von dem Schatz an. Der Duft des edlen Kakaos beruhigte ihre Nerven.
“Das brauche ich jetzt”, sagte sie. “Was ist mit dir?”
In Sandras Lächeln schwang ein Hauch von Nostalgie mit, als würde sie sich daran erinnern, wie ihre kleine Schwester vor so vielen Jahren plötzlich vor ihrer Tür gestanden war. Doch schon war der Augenblick wieder vorbei.
Lane wünschte, sie und Sandra hätten ein paar gemeinsame Erinnerungen als Schwestern gehabt. Aber sie hatten einander nie sehr nahegestanden, und Lane hatte sich stets dafür verantwortlich gefühlt. Ihre Eltern hatten sich ständig bekriegt. Für Lane war es besonders schwer gewesen, da sie ein Teil des Problems war. Ihre Mutter hatte geglaubt, dass ihr Vater Lane bevorzugte, und ihn deswegen beschimpft.
Lane hatte keine Ahnung gehabt, was sie tun sollte.
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