Die Aufrichtigen (German Edition)
wahres Wort?«
»Ganz genau. Ich glaube, dass wir den Mörder finden, wenn wir das Buch finden.«
»Oder den Umschlag!«
»Wetten, dass sich das Buch und der Umschlag bei ein und derselben Person befinden?Und wetten, dass wir bei Pater Donatus fündig werden!«
»Willst du ihn verhaften?«
»Kann schon sein!«
»Ich finde, du solltest das mit deinem Chef absprechen, ich meine—«
»Kommt nicht in Frage. Das ist mein Fall!«
»Aber Sophie!«
»Lass den mal die Aussage von Maiorinus überprüfen. Ohne meinen Chef kann ich die Ratte vielleicht nicht schnappen, aber niemand kann mich daran hindern, diesem Pater einen Besuch abzustatten!«
»Ich habe damit gerechnet, dass Sie mich aufsuchen, nachdem Sie schon einen meiner Schüler verhaftet haben«, sagte Pater Donatus kühl, als Sophie und Leo sein Studierzimmer betraten.
Er erhob sich von seinem Stuhl und blieb hinter dem großen dunklen Schreibtisch stehen. Der Raum war niedrig und hatte nur ein kleines Fenster. Sophie lächelte säuerlich.
»Jawohl, Pater Donatus, wir sind hier um Ihnen wegen des Mordes an Professor Ernst Spohr ein paar Fragen zu stellen.«
Pater Donatus rührte sich nicht. Das Flackern in seinen Augen flößte Leo Furcht ein. Der Pater war ihnen körperlich weit überlegen. Es war Wahnsinn, ohne Verstärkung mit einem Mann zu reden, der wahrscheinlich ein Mörder oder vielleicht noch etwas Schlimmeres war. Leo baute sich vor der Zimmertür auf und bemühte sich, möglichst entschlossen auszusehen.
»Hat Ihnen der Junge erzählt, dass ich den Professor getötet habe? Er belastet mich doch nur, um von der eigenen Überreaktion abzulenken.«
»So etwas kann nur ein Pfaffe sagen«, zischte Sophie, »ein Mord ist immer noch etwas anderes als eine Überreaktion! Wenn Sie wenigstens den Mumm hätten, zu Ihrer Tat zu stehen. Was glauben Sie, wie mich diese Pseudohelden nerven, die jeden Tag den dicken Otto mimen und dann, wenn es darauf ankommt, lächerliche Lügen erfinden, um sich rauszuwinden.«
»Ich weiß, was Sie meinen«, lächelte der Pater, »aber Sie irren sich, ich winde mich nicht. Es ist nur so: ich habe den Professor wirklich nicht ermordet!«
»Es geht auch anders«, schnitt Sophie ihm das Wort ab. »Wir können Sie gerne zum Verhör mitnehmen. Aber ich finde es besser, wenn Sie einfach meine Fragen beantworten. Oder wollen Sie, dass alle sehen, wie wir Sie abführen? Also, wo waren Sie in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch?«
Pater Donatus stutzte. War diese junge Polizistin wirklich so hartgesotten, wie sie tat?
»Sie irren sich, Frau Kommissarin«, antwortete er ruhig. »Ich werde Ihnen also nirgendwohin folgen. Ich will mit meinem Anwalt sprechen.«
»Ich bin keine Kommissarin«, unterbrach ihn Sophie. »Auf dem Präsidium können Sie telefonieren. Einmal!«
Der Pater neigte sich nach vorn, wie eine Raubkatze, die sich zum Sprung bereit macht. Leo ballte die Fäuste.
»Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass Sie sich eine Menge Ärger einhandeln, mit dieser eigenmächtigen Aktion. Ich weiß, dass Sie ohne Befugnis hier ermitteln. Ich habe mich erkundigt, nachdem Sie gestern Nacht meine Andacht gestört haben.«
»Ich weiß, jetzt kommt das mit den einflussreichen Freunden«, entgegnete Sophie lakonisch. »Aber freuen Sie sich nicht zu früh, wir bekommen jeden Moment Verstärkung.«
Bei ihrem letzten Wort bemerkte Sophie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe und ging instinktiv einen Schritt zurück. Das war ihre Rettung. So schnell und leicht, dass Leo gar nicht richtig mitbekam, was geschah, packte der Pater den Schreibtisch und warf ihn mit seinen gewaltigen Händen um. Wäre Sophie nicht zurückgewichen, so hätte der Tisch sie getroffen und zu Boden geworfen. So aber schrammte nur die Tischkante an ihrem Schienbein entlang. Sophie schrie auf. Doch sie blieb stehen, ohne auch nur einen Blick auf ihre Füße zu werfen. Der Pater brauchte einige Zeit, um zu verstehen, dass sein Ausbruchsversuch gescheitert war. Vielleicht war er sich seiner Sache einfach zu sicher gewesen, vielleicht war er aber auch noch niemals einem Gegner wie Sophie gegenüber gestanden. Im nächsten Augenblick starrte er in die Mündung ihrer Pistole. Sie entsicherte die Waffe. Das metallene Klicken holte den Pater aus seiner Lähmung zurück.
»So, mein Lieber«, sagte Sophie ruhig, »da sind wir schneller am Ende als ich dachte. Glaub‘ mir, ich kann mit dem Ding verdammt gut umgehen.«
Leo spürte wie
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