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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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ging. Aber der Alkohol schien etwas in ihr ausgelöst zu haben. All ihre Wut und ihr Frust wurden an die Oberfläche gespült, und Ron bekam den ganzen Hass ab, den sie auf sich selbst hatte, auf ihr Leben und all die Hässlichkeiten, die sie hatte ertragen müssen.
    »Ein Aufstieg, dein Club?« Jetzt kreischte sie nur noch. »Dass ich nicht lache! Ich hatte unten am Hafen bessere Freier als in deinem Laden, Kumpel. Und was dich betrifft - mich haben zwergwüchsige Matrosen besser gefickt als du mit deinem Stummelschwanz. Der dreckige kleine Wurmfortsatz, den du vorzuweisen hast, und dein Stöhnen und Ächzen und Schwitzen … ich muss schon kotzen, wenn ich nur daran denke. So, jetzt weißt du verdammt noch mal Bescheid.«
    Ron sah sie entgeistert an. Noch nie hatte eine Hure so mit ihm geredet. Besonders keine von seinen eigenen. Er war außer sich vor Wut, und der spontane Schlag mit dem Handrücken in Madges Gesicht war ein Schock für beide. Und dann begann der Kampf.
    Mit ihren vielen Extrapfunden war Madge eine beachtliche Gegnerin. Sie packte Ron an den Haaren und zerrte ihn ohne viel Federlesens vom Sofa, wobei ihre schweren Brüste vor Anstrengung bebten. Schon seit ewigen Zeiten hatte sie sich gegen Männer zur Wehr setzen müssen. Das gehörte zu ihrer Arbeit und war notwendig zum Überleben. Diesmal ging es jedoch um etwas Persönliches. Madge war ihr Leben lang missbraucht worden, und dieser Mann wollte jetzt ihre Tochter missbrauchen. Sie spürte kalte Wut und auch Eifersucht in sich aufsteigen. Fühlte, wie der grenzenlose Hass auf ihn und auf alle Männer
von ihr Besitz ergriff. Sie schlug die Fingernägel in seinen Hals und spuckte ihm ins Auge.
    Halb blind nahm Ron ihr Gesicht wahr und erkannte, dass die Frau völlig die Kontrolle verloren hatte. Die feuchten Augen mit der verklumpten Wimperntusche und den blauen Lidschatten gehörten einer enthemmten Frau. Nach Jahren des Missbrauchs und der Misshandlungen schlug sie jetzt zurück.
    Ron verkörperte jetzt jeden einzelnen Mann, der sie grob misshandelt hatte, jede spießige Frau, die auf ihre Kosten einen Witz gerissen hatte, jeden Freier, ob übel oder nicht erwähnenswert, der ihr verächtlich den Liebeslohn in die Hand gedrückt hatte.
    Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte stieß der Mann sie so heftig von sich, dass sie durchs Zimmer taumelte und mit Wucht an die Wand auf der gegenüberliegenden Seite prallte. Als Ron auf die Beine kam, beobachtete sie ihn misstrauisch, und ihr massiger Leib bebte von Kopf bis Fuß.
    »Ich brech dir den verdammten Hals, Weib.« Als er auf sie losstürmte, hatten beide nicht bemerkt, dass Cathy in der Tür stand und alles mit ansah. Sie rannte durchs Zimmer und riss Ron wie besessen an den Haaren.
    »Lass meine Mom in Ruhe! Lass sie los! Geh nach Hause, Ron, um Gottes willen!«
    Er stieß sie achtlos von sich.
    »Geh nach Hause, Mann. Meine Mutter ist betrunken und du auch. Komm morgen früh wieder.« Cathys Stimme überschlug sich fast vor Angst.
    Die Sullivans von nebenan, die so oft unter dem Lärm litten, klopften wieder einmal gegen die Wand. Da sie an derartige Tumulte gewöhnt waren, hielten sie die Situation für nicht ernst genug, um sich einzumischen oder etwas zu unternehmen. Wie geschlagene Ehefrauen konnte man eben auch geprügelte Huren einfach unbeachtet lassen oder deren Lage sogar hinnehmen.
Opfer häuslicher Gewalt blieben stets sich selbst überlassen. Das war der Lauf der Welt.
    Ron schlug jetzt ruhig und methodisch auf Madge ein. Der erste Schock war zu kalter Wut geworden. Unter seinen Schlägen sank Madge auf dem Fußboden zusammen. Sie verschränkte die Arme über dem Kopf und entspannte sich so, wie Menschen es lernen, die immer wieder Gewalt erleiden. Schläge werden von einem schlaffen Körper leichter abgefangen, und nur die Anspannung der Muskeln verursacht richtige Schmerzen. Madge war an Schmerzen gewöhnt, lebte Tag um Tag mit ihnen. Bei der Arbeit war ihr Leben ständig bedroht, und verprügelt zu werden, war für sie ein kleines Übel.
    Für Cathy war es anders. Sie nahm das Brotmesser vom Tisch, stellte sich neben Ron und flehte ihn an, ihrer Mutter nicht mehr länger wehzutun. Sie sah, wie Madges Körper Schlag um Schlag hinnehmen musste, und als Rons Zorn beinahe verraucht war, holte er noch einmal aus, um ihr den letzten Tritt zu versetzen.
    In dem Moment stieß Cathy ihm das Messer in den Hals. Es war eine reine Reflexhandlung. Sie wollte nur, dass er aufhörte, ihrer

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