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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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muskulöse Arme und Beine, und seine Bauchpartie war gewichtig, rund und verblüffend fest. Da die Muskeln durchtrennt worden waren, wusste er sehr wohl, dass er nie wieder wie Johnny Weissmüller aussehen würde. Das war ihm völlig schnurz, denn er fand, dass es bei seinem ohnehin absonderlichen Aussehen darauf nun auch nicht mehr ankam.
    Er wickelte ein Handtuch um die Hüften, setzte den Wasserkessel auf und hob seine Post auf, die er sofort in eine Schublade warf. Nur alle paar Monate einmal sah er sich seine Briefe etwas genauer an. Warum nicht von vornherein dem Ärger aus dem Weg gehen, den sie doch unweigerlich ins Haus brachten? Kaum je wurde ihm etwas Interessantes zugestellt, meistens waren es nur Rechnungen oder Reklamesendungen. Niemand stand ihm so nahe, dass er etwa persönliche Post hätte erwarten können.
    Während Speck und Tomaten brutzelten, durchquerte er sein
Vorderzimmer und schaltete das Radio ein. Morgens brauchte er einen gewissen Geräuschpegel.
    Seine Wohnung war penibel aufgeräumt, was Besucher immer wieder erstaunte, und es herrschte eine klinische Sauberkeit, beinahe schon wie in einem Operationssaal. Die Wände waren weiß getüncht, er besaß ein paar gute Bücher, und seine Schallplattensammlung galt bei den wenigen Freunden, die er hatte, als ebenso kurios wie grandios, enthielt sie doch alles Erdenkliche, von Burt Bacharach bis zu den Stones. Auf der dunkelbraunen Auslegeware standen zwei braune Zweisitzer-Cordsofas mit braunen Armlehnen aus Plexiglas. Ein großer Couchtisch, bis auf einen Aschenbecher von jeglichem Krimskrams befreit, rundete die Möblierung ab.
    Nirgends ein Foto oder ein persönliches Souvenir, von denen man hätte schließen können, wer hier wohnte. Das Zimmer sah aus, als wartete es nur darauf, dass ihm sein Besitzer endlich einen persönlichen Charakter verleiht. Nur der Küche war anzusehen, dass sie benutzt wurde, denn Gates kochte für sein Leben gern, und seine Töpfe und Pfannen, seine Rezeptbücher und seine Gewürzgläser verliehen der Wohnung so etwas wie Charakter.
    Er besaß einen Belling-Elektroherd mit vier großen Platten. Dieser Herd war der teuerste Einrichtungsgegenstand in der Wohnung und gleichzeitig der meistbenutzte. Außerdem besaß er einen Acht-Spur-Kassettenspieler, den er anwarf, wenn ihm mal wieder die Lust auf einen Kochmarathon überkam.
    Im Gegensatz zu seinesgleichen kam er nicht auf die Idee, von den Beatles oder anderen Top-Gruppen zu schwärmen. Ihm gefiel, was ihm gefiel, und die alltägliche Beschäftigung mit denen, die er »Abschaum der Menschheit« nannte, machte ihn zu dem rigorosen Individualisten, der er war.
    Die kleine Wohnung war sein Zufluchtsort, an dem er die Ruhe vor der Hektik seiner Arbeit fand. Entsprechend schirmte er sie ab.

    Einen weiteren Besitz hegte er ebenfalls: einen großen schwarzen Lincoln Zephyr, den er abgöttisch liebte.
    Die einzige Konzession, die er an die aktuelle Mode machte, waren die überbreiten Schlipse, die er trug, aber auch die galten schon fast wieder als altmodisch. Gates besaß Hunderte davon, und da er sie liebte, trug er sie stur weiter.
    Eigenbrötlerisch, wie er war, wusste er genau, dass ihn viele für höchst sonderbar hielten. Aber das machte ihm nichts aus, und er genoss sein Einzelgängerleben.
    Als er über sein dünnes, kurzgeschorenes Haar strich und auf den Wetterbericht wartete, läutete das Telefon. Vor sich hin fluchend, blickte er sehnsüchtig auf sein Frühstück und ging auf den Flur hinaus.
    Niemand stand ihm so nahe, dass er gewagt hätte, ihn vor zehn Uhr morgens zu Hause anzurufen. Es musste sich um etwas Dienstliches handeln, entweder einen Mord oder zumindest einen beachtenswerten Mordversuch. Ein bewaffneter Raubüberfall wäre gerade noch akzeptabel, aber ansonsten war kein Verbrechen wichtig genug, ihm das Frühstück zu verderben.
    Der Anrufer war Duncan Goodings, und es war nur gut, dass ihm nicht klar war, mit was für einem Mann er es zu tun hatte. Sein Nervenkostüm war noch nie Duncans Stärke gewesen.
     
    Cathy erwachte und fragte sich, wo sie war. Intensiver Geruch von gebratenem Speck zog ins Zimmer, und ihr Magen knurrte erwartungsfroh. Sie war schrecklich hungrig.
    Das Feuer war neu aufgeschichtet, und Regen prasselte unablässig mit einem Geräusch an die Fenster, das seltsam beruhigend wirkte. Sich reckend kam sie hoch und sah sich um. Im kalten Tageslicht sah das Zimmer schäbig aus: die Möbel abgewetzt, die Tapeten verblichen, der

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