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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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Sie hatte keine Ahnung, was die Polizei im Moment tat - ob man nach ihr fahndete und ob der Schlag, den sie Jailer verpasst hatte, schlimm genug gewesen war, um sie diesmal endgültig für lange Zeit hinter Gitter zu bringen.
    Sie war schrecklich verstört.
    Neben einem Strip-Club an die Häuserwand gelehnt, ihre wenigen Habseligkeiten einschließlich der gestohlenen Kleidungsstücke an die Brust gedrückt, schaute sie zu, wie die Welt an ihr vorüberzog.
    Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, in wie großen Schwierigkeiten sie steckte. Sie hätte ebenso gut zu dem Mord an Ron stehen können, denn so wie die Dinge jetzt lagen, war sie keinen Deut besser dran.
    Zusammen mit dem Nebel senkte sich Kälte über London, und endlich riss sich Cathy aus ihren Tagträumen. Es war spät, aber noch immer eilten die Leute geschäftig umher. Laute Musik drang durch Fenster und Türen, und die Straßen wimmelten von Männern und Frauen, die Zerstreuung und Aufregung suchten.
    Bleich vor Müdigkeit und Schmerzen, ging Cathy langsam los. Die Schmerzen in ihren Fingern waren kaum auszuhalten, und der Ernst ihrer Lage wurde ihr von Stunde zu Stunde deutlicher bewusst. Sie verstand jetzt, was Denise gemeint hatte, als sie sagte: »Es gibt kein Zurück.«
    Mit dem Angriff auf den Mann in der Schule hatte sie sich auf Gedeih und Verderb dem System ausgeliefert. Wenn man sie jetzt aufgriff, konnte man sie mit Fug und Recht zurück nach Benton oder sogar an einen noch schlimmeren Ort schicken.

    Warum ihr dieser Gedanke erst jetzt kam, wusste Cathy nicht. Sie wusste nur, dass sie sich in einer üblen Lage befand und niemand besorgt genug war, um ihr zu helfen.
     
    Caroline und Eamonn saßen in einem kleinen Pub in Whitechapel. Sie hatte sich schwer herausgeputzt, und Eamonn betrachtete sie mit Besitzerstolz. Caroline sah nicht schlecht aus, und ihre Augen waren umwerfend.
    Es gefiel ihm zudem sehr, dass ihre Familie so gute Verbindungen besaß. Carolines Vater, Jack Harvey, hatte für einen Malteser Gangster namens Victor Messon gearbeitet.
    Victor war ein Hüne, der Leute wie Jack Harvey anheuerte, damit sie die heiklen Dinge erledigten. Es hieß zudem, dass er Jack als Freund besonders geschätzt hatte. Alles lief bestens zwischen den beiden, bis sie sich in dieselbe Frau verliebten. Es handelte sich um eine winzige Jüdin namens Rita Goldfinch, die atemberaubend schön war und die größten und sanftesten braunen Augen besaß. Zumindest hatte Jack immer von ihnen geschwärmt. Wie die von Caroline zogen auch Ritas Augen alle Menschen in ihren Bann, aber unglücklicherweise hatten sie zwei gewalttätige Männer gleichzeitig angezogen, und der eine wie der andere war wild entschlossen, sie für sich zu gewinnen.
    Zwar waren beide bereits verheiratet, aber das war kein Problem. Sie wollten nämlich keine neue Partnerin, sondern eine Mätresse. Es gab jedoch einige, die der festen Meinung waren, Victor hätte seine Frau verlassen und mit dem kleinen jüdischen Mädchen einen neuen Hausstand gegründet.
    Doch die Chance bekam er nicht.
    Jack Harvey ermordete das Liebespaar vor der Tür des Dean Swift Pub. Jetzt saß er in Broadmoor, und sein Ruf als Gangster war durch die brutale Tat nur noch gestärkt worden. Er hatte Victor mit einem Kreuzschlüssel zu Tode geprügelt und anschließend der schwer geprüften Rita, die doch keinen von beiden gewollt hatte, die Kehle durchgeschnitten.

    Jacks Tochter war in der Überzeugung aufgewachsen, dass ihr der Respekt zustand, den der Name »Harvey« mit sich brachte. Ihr Vater war weggesperrt, aber er hatte draußen noch Freunde - so hieß es jedenfalls. Caroline hatte sich kaum etwas aus ihm gemacht. Ihre Mutter war es, die ihn noch immer besuchte, von ihm sprach, als sei er eine Mischung aus dem Papst und Charlton Heston, und die Erinnerung an ihn im East End lebendig erhielt.
    Caroline liebte die Tatsache, dass ihr Vater so berüchtigt war, und schlug daraus Kapital. Sie schrieb ihm jedes Jahr eine Weihnachtskarte und ab und zu mal ein paar Zeilen, wenn die Mutter sie dazu zwang. Caroline suchte - und brauchte - den Respekt der Menschen in ihrer Umgebung. Und wenn sie erreichen könnte, dass auch ein Großer wie Eamonn ihr diesen Respekt erwies, wäre ihr Glück vollkommen.
    Als sie im Blind Beggar Pub saßen und der Musikbox lauschten, kam ein junger Mann herein. Er war recht groß und dunkel, das Haar geschnitten wie ein College-Student. Caroline bemerkte, dass er einen Mohairanzug trug, als sie ihn

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