Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Königs kümmerte. Hausfrauen machten sich die milde Witterung zunutze und versuchten, Wäsche zu trocknen, die normalerweise einfach auf der Leine gefroren wäre, dann holten sie sie herein, als der Tag in die früh einsetzende, sturmgefärbte Dunkelheit überging. Sie waren enttäuscht; ihre Wäsche war nicht trocken geworden; zu viel Feuchtigkeit war in der Luft.
    Die Tiere waren unruhig. Die Menschen waren nervös. Kluge Schankwirte öffneten ihre Pforten nicht. Sie hatten die fallenden Quecksilbersäulen in ihren Barometern gesehen, und lange Erfahrung sagte ihnen, dass die Männer bei geringem Luftdruck streitsüchtig waren.
    Delain wappnete sich für den bevorstehenden Sturm, und alle warteten.

97
    Ben und Naomi liefen abwechselnd neben dem Schlitten her. Sie erreichten Peynas Bauernhaus am Sonntagnachmittag um zwei Uhr - etwa zur selben Zeit, als Dennis auf seiner Matratze aus königlichen Servietten erwachte und Peter sein karges Mittagessen zu sich nahm.
    Naomi sah wirklich bezaubernd aus - die Anstrengung des Laufens hatte ihren braungebrannten Wangen das dunkle Rosa von Herbstrosen verliehen. Als der Schlitten in Peynas Hof anhielt und die Hunde bellten, wandte sie das lachende Gesicht zu Ben.
    »Bei den Göttern, ein Rekord!«, rief sie. »Wir haben es drei - nein, vier! - Stunden früher geschafft, als ich erwartet hätte! Und kein einziger Hund hat schlappgemacht! Aiy, Frisky! Aiy! Braver Hund!«
    Frisky, die riesige, weiße, anduanische Schlittenhündin mit den graugrünen Augen lief an der Spitze des Rudels. Sie sprang in die Höhe und zerrte an ihrem Geschirr. Naomi öffnete es und tanzte mit dem Tier im Schnee herum. Es war ein seltsamer Walzer, anmutig und barbarisch zugleich. Hund und Herrin schienen einander voll aufrichtiger Zuneigung zuzulachen. Einige der anderen Hunde lagen keuchend und schnaufend auf den Seiten, offensichtlich erschöpft, aber weder Naomi noch Frisky schienen auch nur im Geringsten müde zu sein.
    »Aiy, Frisky! Aiy, meine Gute! Guter Hund! Du hast ein vortreffliches Rennen gelaufen!«

    »Aber wofür?«, fragte Ben düster.
    Sie ließ Friskys Pfote los und wandte sich wütend zu ihm … aber sein niedergeschlagener Gesichtsausdruck ließ ihren Zorn verrauchen. Er sah zum Haus. Sie folgte seinem Blick und begriff. Sie waren hier, ja, aber was war hier? Ein verlassenes Bauernhaus, mehr nicht. Warum, um alles in der Welt, waren sie hierher gekommen - und so schnell? In einer Stunde … zwei Stunden … vier Stunden wäre das Haus noch ebenso verlassen gewesen. Peyna und Arlen waren im Norden, Dennis irgendwo in den Tiefen des Schlosses. Oder in einer Gefängniszelle oder in einem Sarg, in dem er auf sein Begräbnis wartete, wenn er erwischt worden war.
    Sie ging zu Ben und legte ihm zögernd eine Hand auf die Schulter. »Kopf hoch«, sagte sie. »Wir haben getan, was wir konnten.«
    »Haben wir das?«, fragte er. »Ich weiß nicht.« Er schwieg, dann seufzte er tief. Er hatte die Strickmütze abgenommen, und sein goldenes Haar glänzte sanft im Licht der Nachmittagssonne. »Tut mir leid, Naomi. Ich wollte nicht unfreundlich zu dir sein. Du und deine Hunde, ihr habt ein Wunder vollbracht. Ich bin nur der Meinung, wir sind noch weit von dort entfernt, wo wir wirklich nützlich sein könnten. Und ich fühle mich so hilflos.«
    Sie sah ihn an, seufzte und nickte.
    »Komm«, sagte er, »gehen wir hinein. Vielleicht finden wir ein Zeichen, was wir als Nächstes tun müssen. Wenigstens aber werden wir ein Dach über dem Kopf haben, wenn das Unwetter losbricht.«
    Drinnen fanden sie keinerlei Hinweise. Es war nichts weiter als ein verlassenes, einsames Bauernhaus, das
überstürzt verlassen worden war. Ben streifte unruhig von Zimmer zu Zimmer und fand nichts. Nach einer Stunde sank er unglücklich neben Naomi im Wohnzimmer nieder … in denselben Sessel, in dem Anders Peyna gesessen hatte, als er sich die unglaubliche Geschichte von Dennis anhörte.
    »Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, ihn aufzuspüren«, sagte Ben.
    Er sah auf und sah, dass sie ihn betrachtete, ihre hellen Augen waren rund und voller Aufregung.
    »Es könnte eine geben«, sagte sie. »Wenn der Schnee noch eine Weile auf sich warten lässt …«
    »Wovon redest du?«
    »Frisky!«, rief sie. »Verstehst du denn nicht? Frisky kann seine Fährte aufnehmen! Sie hat die feinste Nase, die ich je bei einem Hund gesehen habe!«
    »Der Geruch muss Tage alt sein«, sagte er. »Auch der größte jemals lebende Spürhund

Weitere Kostenlose Bücher