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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Neuestem hatte eine bestimmte Maid Peters Aufmerksamkeit erregt, und so blieb er gerade kaum länger als eine halbe Stunde bei seinem Vater.
    Wenn Flagg einmal kam, nachdem Peter gegangen
war, würde der alte Mann kaum ein zweites Glas Wein ablehnen.
    Ein ganz spezielles Glas Wein.
    Ein heißer Jahrgang, mein Lord, dachte Flagg, und ein Grinsen erschien auf seinem hageren Gesicht. Wahrlich ein heißer Jahrgang - und warum auch nicht? Der Weinberg befindet sich, glaube ich, direkt neben dem Eingang zur Hölle, und wenn diese Substanz anfängt, in Euren Eingeweiden zu wirken, dann werdet Ihr ganz sicher denken, Ihr seid in der Hölle.
    Flagg warf den Kopf zurück und begann zu lachen.

21
    Nachdem er seinen Plan ausgeheckt hatte - einen Plan, der ihm sowohl Roland wie auch Peter für immer vom Hals schaffen würde -, vergeudete Flagg keine Zeit mehr. Zuerst verwandte er all seine Zauberkraft darauf, den König wieder gesund zu machen. Es entzückte ihn, festzustellen, dass seine Zaubermittel wieder besser funktionierten als seit langer, langer Zeit. Auch das war eine Ironie. Er wollte aufrichtig, dass es Roland besser ging, und so wirkten seine Zaubermittel. Aber dem König sollte es nur besser gehen, damit er ihn töten konnte und jedem deutlich wurde, dass es sich um Mord handelte. Eigentlich war es sehr komisch, wenn man genauer darüber nachdachte.
    In einer windigen Nacht, weniger als eine Woche, nachdem der Keuchhusten des Königs sich gebessert hatte, schloss Flagg seinen Schreibtisch auf und holte das Teakholzkästchen heraus. »Gut gemacht«, murmelte er der Kläfferkarotte zu, die als Antwort hirnlos winselte, dann hob er den schweren Deckel und holte das kleinere Kästchen heraus. Dieses öffnete er mit dem Schlüssel um seinen Hals und nahm das Päckchen heraus, das den Drachensand enthielt. Er hatte das Päckchen verhext, so dass ihm die furchtbare Macht des Drachensands nichts anhaben konnte. Glaubte er jedenfalls. Aber Flagg ging kein Risiko ein und packte das Päckchen mit einer kleinen silbernen Pinzette.

    Er legte es neben einen der Pokale des Königs auf den Schreibtisch. Schweiß stand ihm in großen, runden Tropfen auf der Stirn, denn dies war wirklich eine gefährliche Aufgabe. Ein kleiner Fehler, und er würde mit seinem Leben dafür bezahlen.
    Flagg ging hinaus auf den Flur, der zu den Verliesen führte, und begann zu keuchen. Er hyperventilierte. Wenn man schnell atmet, dann füllt man den ganzen Körper mit Sauerstoff und kann sehr lange den Atem anhalten. Im kritischen Stadium seiner Arbeit wollte Flagg überhaupt nicht atmen. Es würden ihm keine Fehler unterlaufen, weder große noch kleine. Er hatte zu viel Spaß, um zu sterben.
    Er nahm einen letzten kräftigen Atemzug der frischen Luft an dem vergitterten Fenster direkt vor seinen Gemächern und trat wieder ein. Er ging zu dem Umschlag, nahm den Dolch aus dem Gürtel und schnitt ihn vorsichtig auf. Auf dem Schreibtisch lag ein flaches Stück Obsidian, das der Zauberer als Briefbeschwerer benutzte - damals war Obsidian der härteste bekannte Stein. Er ergriff das Briefchen wieder mit der Pinzette, drehte es um und schüttete das meiste des grünen Sands heraus.
    Eine Winzigkeit hob er auf - kaum mehr als ein Dutzend Körnchen, aber diese waren für seinen Plan von größter Wichtigkeit. So hart der Obsidian war, der Stein fing sofort an zu rauchen.
    Inzwischen waren dreißig Sekunden verstrichen.
    Er ergriff den Obsidian, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass kein Körnchen Drachensand seine Haut berührte - wenn das geschah, würde es sich durch seinen Körper fressen, bis es das Herz erreichte und entzündete.
Er neigte den Stein über den Pokal und schüttete den Sand hinein.
    Dann schenkte er rasch, bevor sich der Sand in das Glas fressen konnte, vom Lieblingswein des Königs ein - von demselben Wein, den Peter etwa zu diesem Zeitpunkt seinem Vater bringen würde. Einen Augenblick lang schimmerte der Rotwein in einem unheimlichen Grünton, dann nahm er seine normale Farbe wieder an.
    Fünfzig Sekunden.
    Flagg ging zu seinem Schreibtisch zurück. Er ergriff den flachen Stein und seinen Dolch am Griff. Nur wenige Körnchen Drachensand hatten die Klinge beim Aufschneiden berührt, aber sie fraßen sich bereits in das Metall, und giftige Rauchschwaden stiegen von den Pockennarben in dem anduanischen Stahl empor. Er trug Stein und Dolch auf den Flur hinaus.
    Siebzig Sekunden, und seine Lunge begann nach Luft zu schreien.
    Zehn Meter

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