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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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eines hatte er ihn nie beneidet, und das war Peters bevorstehende Thronbesteigung. Das war eine Verantwortung, die sich Thomas in seinen wildesten Träumen niemals gewünscht hatte. Und nun kam ein Albtraum zum anderen. Es genügte scheinbar nicht, dass man ihn mit der Neuigkeit geweckt hatte, sein Bruder sei wegen Mordes an ihrem Vater verhaftet und zu lebenslanger Haft in der Nadel verurteilt worden. Nun kam Flagg auch noch mit der fürchterlichen Kunde, dass er statt Peter König war.
    »Nein, ich möchte nicht König sein, ich werde nicht König sein. Ich … ich weigere mich. ICH WEIGERE MICH UNTER ALLEN UMSTÄNDEN!«
    »Du kannst dich nicht weigern, Thomas«, erklärte
Flagg brüsk. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass es am besten war, Thomas so zu behandeln: freundlich, aber fest und entschlossen. Thomas brauchte Flagg jetzt mehr, als er jemals zuvor jemanden auf der Welt gebraucht hatte. Flagg wusste das, aber er wusste auch, dass er ganz in Thomas’ Gewalt war. Eine Weile würde er zügellos und launisch sein und zu allem bereit; er musste also darauf achten, dass er den Jungen gleich jetzt unter seinen Einfluss brachte.
    Du brauchst mich, Tommy, aber es wäre ein großer Fehler von mir, dir das zu sagen. Nein, du musst es zu mir sagen. Es darf kein Zweifel daran bestehen, wer das Sagen hat. Nicht jetzt und auch später nicht.
    »Kann mich nicht weigern?«, flüsterte Thomas. Nach Flaggs furchtbarer Offenbarung war er hochgeschnellt und hatte sich auf die Ellbogen gestützt. Nun ließ er sich kraftlos wieder auf das Kissen zurückfallen. » Ich kann nicht? Aber ich fühle mich wieder sehr schwach. Ich glaube, das Fieber kommt wieder. Ruft den Doktor. Vielleicht muss ich zur Ader gelassen werden. Ich …«
    »Dir geht es ausgezeichnet«, erklärte Flagg und stand auf. »Ich habe dir die beste Medizin gegeben, das Fieber ist abgeklungen, und du brauchst nur noch ein wenig frische Luft, damit alles wieder gut wird. Aber wenn du einen Arzt brauchst, nur damit er dir genau dasselbe sagen soll, Tommy«, (hier nahm Flaggs Stimme einen leicht gekränkten Tonfall an), »dann musst du nur läuten.«
    Flagg deutete auf die Glockenschnur und lächelte verhalten. Es war ein nicht eben freundliches Lächeln.
    »Ich verstehe deinen Wunsch, dich im Bett zu verstecken, aber ich wäre nicht dein Freund, wenn ich dich
nicht darauf hinweisen würde, dass jede Zuflucht, die du im Bett oder im Kranksein suchst, eine falsche Zuflucht ist.«
    »Falsch?«
    »Ich rate dir, aufzustehen und damit anzufangen, deine Kraft wiederzuerlangen. Du wirst in drei Tagen mit königlichem Pomp und großer Zeremonie gekrönt werden. Wenn man dich im Bett auf die Plattform trägt, wo Peyna mit Krone und Zepter wartet, so wäre das eine entwürdigende Art, deine Regierungszeit zu beginnen, aber ich versichere dir: Sollte es notwendig sein, so werden sie es tun. Königreiche ohne Oberhaupt sind unbehagliche Königreiche. Peyna möchte dich so schnell wie möglich gekrönt sehen.«
    Thomas lag in seinen Kissen und versuchte, diese Information zu verarbeiten. Seine Augen waren groß vor Furcht.
    Flagg zog seinen rot gefütterten Mantel vom Bettpfosten und wirbelte ihn über die Schultern, dann hakte er die Goldkette am Hals ein. Als Nächstes holte er einen Stock mit Silberknauf aus der Ecke. Er ließ ihn kreisen, hielt ihn quer über die Hüfte und verneigte sich in Thomas’ Richtung. Der Mantel … der Hut … der Stock … das alles machte Thomas Angst. Eine schreckliche Zeit war angebrochen, und er brauchte Flagg mehr als jemals zuvor, und Flagg sah aus … sah aus, als wäre er …
    Er sieht aus, als wäre er für eine Reise angezogen.
    Seine Panik vor wenigen Augenblicken war nur eine unbedeutende Ängstlichkeit, verglichen mit den schrecklich kalten Händen, welche jetzt nach Thomas’ Herz griffen.
    »Und nun, lieber Tommy, wünsche ich dir Gesundheit
für den Rest deines Lebens, alle Freude, die dein Herz tragen kann, eine lange, glückliche Herrschaft … und Lebewohl!«
    Er ging in Richtung der Tür und glaubte bereits, der Junge wäre so gelähmt vor Furcht, dass er, Flagg, sich eine Strategie einfallen lassen müsse, um von selbst ans Bett des kleinen Narren zurückkehren zu können, als es Thomas endlich gelang, einen einzigen erstickten Laut hervorzubringen: »Wartet!«
    Flagg drehte sich mit einem höflich besorgten Gesichtsausdruck um. »Mein Lord König?«
    »Wohin … wohin geht Ihr?«
    »Nun ja …« Flagg sah überrascht drein,

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