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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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kippte das Tablett. Zuerst nur ein wenig, dann immer mehr. Glas und Schüssel zerschellten auf dem Fußboden. Das Stew verspritzte zu einem widerwärtigen Klecks.
    »Leckt es auf«, sagte der Wachsoldat. »Leckt es auf wie der Hund, der Ihr seid!«
    Er drehte sich um. Peter sprang plötzlich von Wut erfüllt nach vorn und schlug den Mann. Der Schlag hallte wie ein Pistolenschuss durch das Zimmer.
    Knurrend zog der Gardist sein Kurzschwert heraus.
    Peter lächelte grimmig, hob das Kinn und entblößte seine Kehle. »Nur zu«, sagte er. »Ein Mann, der einem anderen ins Essen spuckt, ist wahrscheinlich auch ein Mann, der einem Unbewaffneten die Kehle aufschlitzt. Nur zu. Ich glaube, dass auch Schweine Gottes Werk tun, und meine Scham und mein Kummer sind sehr groß. Wenn Gott will, dass ich leben soll, so werde ich leben, aber wenn Gott will, dass ich sterbe und ein solches
Schwein wie dich geschickt hat, mich zu töten, so sei es.«
    Aus der Wut des Gardisten wurde Verwirrung. Nach einem Augenblick steckte er das Schwert weg.
    »Ich werde meine Klinge nicht beschmutzen«, sagte er, aber die Worte waren gemurmelt, und er konnte Peter nicht in die Augen sehen.
    »Bring mir frisches Essen und zu trinken«, sagte Peter leise. »Ich weiß nicht, mit wem du gesprochen hast, Soldat, und es ist mir auch einerlei. Ich weiß nicht, warum du so versessen darauf bist, mich des Mordes an meinem Vater schuldig zu sprechen, obwohl noch keine einzige Aussage gehört worden ist, aber auch das ist mir einerlei. Aber du wirst mir frisches Fleisch und etwas zu trinken bringen und eine Serviette dazu, und das wirst du tun, bevor die Uhr halb sieben schlägt, andernfalls werde ich nach Peyna läuten lassen, und du wirst heute Nacht noch weiter unten als Flagg schlafen. Meine Schuld ist noch nicht bewiesen, Peyna untersteht noch meinem Befehl, und ich schwöre, dass ich die Wahrheit gesagt habe.«
    Währenddessen wurde der Leibgardist immer bleicher, denn ihm wurde klar, dass Peter tatsächlich die Wahrheit sprach. Aber das war nicht der einzige Grund für sein Erbleichen. Als seine Kameraden erzählten, man habe Peter mit Blut an den Händen erwischt, hatte er ihnen geglaubt - hatte ihnen glauben wollen -, aber jetzt kamen ihm ernste Zweifel. Peter sah nicht wie ein schuldiger Mann aus, und er benahm sich auch nicht so.
    »Ja, mein Lord«, sagte er.
    Der Soldat entfernte sich. Einige Augenblicke später öffnete der Oberst der Garde die Tür und sah herein.

    »Ich dachte, ich hätte etwas gehört«, sagte er. Dann sah er die zerschellte Schüssel und das Glas. »Hat es hier Ärger gegeben?«
    »Keinen Ärger«, sagte Peter ruhig. »Ich habe das Tablett fallen lassen. Der Gardist ist gegangen, um mir ein neues zu holen.«
    Der Oberst nickte und ging.
    In den folgenden zehn Minuten saß Peter auf dem Bett und dachte angestrengt nach.
    Es klopfte kurz an der Tür. »Herein«, sagte Peter.
    Der bärtige Gardist mit den schlechten Zähnen trat mit einem neuen Tablett ein. »Mein Lord, ich möchte mich entschuldigen«, sagte er mit verlegener Steifheit. »Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so verhalten, und ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Bei meinem Leben, ich weiß es nicht. Ich...«
    Peter winkte ab. Er fühlte sich sehr müde. »Denken auch die anderen wie du? Die anderen Gardisten?«
    »Mein Lord«, sagte der Soldat und stellte das Tablett vorsichtig auf Peters Schreibtisch ab, »ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich so denke.«
    »Aber denken die anderen, dass ich schuldig bin?«
    Es folgte eine längere Pause, dann nickte der Soldat.
    »Und gibt es etwas, was sie in erster Linie gegen mich anführen?«
    »Man spricht von einer Maus, die verbrannt ist … man sagt, dass Ihr geweint habt, als Peyna Euch beschuldigt hat …«
    Peter nickte. Ja, es war ein schwerer Fehler gewesen zu weinen, aber er hatte es nicht verhindern können … und nun war es geschehen.
    »Die meisten sagen aber nur, dass Ihr erwischt worden
seid, dass Ihr König werden wolltet, und dass es so sein muss.«
    »Dass ich König werden wollte und dass es so sein muss«, wiederholte Peter.
    »Ja, mein Lord.« Der Gardist stand da und sah Peter kläglich an.
    »Danke. Geh jetzt, bitte.«
    »Mein Lord, ich möchte mich entschuldigen...«
    »Ich nehme deine Entschuldigung an. Und nun geh bitte, ich muss nachdenken.«
    Der Gardist, der aussah, als wünschte er sich, er wäre niemals geboren worden, ging zur Tür hinaus und schloss sie hinter

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