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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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weitgehend geklärt. Es gab jetzt eine ziemlich konkrete Vorstellung der nächsten Stunden. Sie wußte nicht genau, wie lange sie schon fuhren. Hatte es versäumt, beim Einsteigen auf die Uhr zu schauen. Anfangs hatte sie noch auf die Straße geachtet. Dann stand fest, daß sie nicht Richtung Autobahn und weiter in die Eifel fuhren, sondern Richtung Raderberg. Zu Retlings Haus. Natürlich zu Retlings Haus! Er hatte doch von Steinen gesprochen, von denen sein Freund hoffte, daß Albert Retling sie ihm zeigte. Im Wochenendhaus gab es keine Juwelen, dafür hatten sie schon zurückkommen müssen. Doch zur Zeit gab es auch in Retlings Haus keine nennenswerten Stücke zu besichtigen. Das wußte sie mit Sicherheit. Daraus schloß sie, daß es keinen Grund gab, sich länger als unbedingt notwendig bei den Retlings aufzuhalten. Sie würden nur seinen Freund dort abholen. Wahrscheinlich würde er ihr gar nicht erlauben, mit ins Haus zu gehen. Im Geist sah sie das vor sich, spielte die Szene durch. Er stieg aus, sagte zu ihr:

    »Wart einen Moment, Püppi. Ich hol’ nur meinen Kumpel. Es geht gleich weiter. «

    Dann erklärte er ihr noch, daß sie in einem anderen Wagen weiterfahren würden. Im Wagen seines Freundes. Warum hatte er den nicht genommen, um zu ihr zu kommen? Vielleicht war er ihm zu schäbig. Vielleicht hatte sein Freund ihm das Fahrzeug nicht überlassen wollen, nach sieben Jahren in einer Zelle. Das war nicht so wichtig. Wichtig war nur, wie es weiterging. 7 Während er auf das Haus zuging, konnte sie die Zeit nutzen. Ihre Sachen nehmen, Mantel, Handtasche, Koffer, aussteigen, während er auf das Haus zuging. Am Straßenrand warten, bis er mit seinem Freund zurückkam. Dann die Sachen in den Fond des anderen Wagens legen, sich ebenfalls auf die Rückbank setzen. Sein Freund würde fahren, und er würde vorne neben ihm sitzen wollen. Und dann würden sie fahren, irgendwohin. Es kam ihr so vor, als dauerte die Fahrt schon eine Ewigkeit. Vielleicht war das das Ziel. Wir werden uns lieben, bis wir verrückt werden. Vielleicht war das der Preis.
    Es tut mir leid, Ed. In die Verzweiflung mischte sich Wut. Und die machte es Edmund fast unmöglich, sich weiterhin ruhig zu geben und die passenden Argumente zu finden. Es war reine Zeitverschwendung, vor diesem Schreibtisch zu sitzen. Kleiber hörte sich an, was er zu sagen hatte, das ja. Aber Kleiber machte mit sichtlich gelangweilter Miene auch deutlich, daß er den Text kannte, Wort für Wort. Immerhin hatte er damals die ganze Ungeheuerlichkeit zu Protokoll genommen. Und blöd war Kleiber nicht, war er auch damals nicht gewesen. Er erinnerte sich noch recht gut an das Gefühl, von einem kleinen Gauner an der Nase herumgeführt zu werden. Auch in bezug auf das Mädchen. Ein Mann, der mit einem Mädchen nichts im Sinn hat, nimmt sich nicht so viel Zeit, ein paar Monate immerhin. Und in den ersten davon war nicht damit zu rechnen gewesen, daß Albert Retling seiner Auszubildenden die Hausschlüssel überließ. Da mußte von Seiten Schramms mehr im Spiel gewesen sein, bedeutend mehr. Nur hatte Kleiber das nicht beweisen können. Aber es war letztlich auch nicht seine Aufgabe, einem Mann Gefühle nachzuweisen. Und im Grunde war das Mädchen gar nicht so wichtig gewesen, nicht für ihn. Sie hatte eine Menge gewußt, dafür hätte Kleiber immer noch seine Hand ins Feuer gelegt. Und dieses verdammte Gutachten hinderte ihn daran, sich noch einmal ausführlich mit ihr zu unterhalten. Dabei war es gar nicht darum gegangen, sie neben Schramm auf die Anklagebank zu bringen. Eine Minderjährige, die an einen kleinen Gauner geraten war. Sie war doch schon genug bestraft. Für Kleiber war damals nur eines wirklich wichtig gewesen, der Name des zweiten Mannes. Mochte Schramm hundertmal behaupten, er habe mit Patrizia nie über seinen Komplizen gesprochen, vielleicht hatte sie in anderer Hinsicht etwas mitbekommen. Und jetzt saß ihm da einer gegenüber, der steif und fest behauptete, es gab keinen zweiten Mann. Eine Behauptung, die Kleiber nur ein müdes Lächeln entlockte. Edmund registrierte es durchaus. Er wußte längst, daß er auf verlorenem Posten kämpfte. Alles in ihm drängte danach, den Raum und das Gebäude auf der Stelle zu verlassen, sich in den Wagen zu setzen und herumzufahren. Einfach nur herumfahren, ziel- und planlos durch die Stadt, getrieben von der irrsinnigen Hoffnung, Patrizia auf diese Weise zu finden. Vielleicht zuerst einmal heim. Da lag eine Waffe im

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