Die Augen Rasputins
mich
mitnimmt, aber du konntest es nicht verhindern. Vielleicht warst du an der Bar festgebunden. Vielleicht hat er dich angesehen, als er hereinkam. Ja, das wird es gewesen sein. Er hat dich angesehen, und du konntest dich nicht mehr rühren. So ist das, wenn er einen ansieht. Man kann sich nicht mehr rühren. Man wird ganz weich und schwach im Innern. Es ist ein herrliches Gefühl. Du läßt dich fallen, und er fängt dich auf. Und… «
Und dann hatte Eddi die Augen geöffnet, die Arme unter dem Nacken herausgezogen. Und dann hatte er ihr Kleid geöffnet.
Kein Wort mehr gesagt, nur mit einer fast verbissenen Wut den Stoff von ihren Brüsten gezerrt. Er hatte sie so ähnlich genommen, wie es im Traum geschehen war, nur härter,
schneller, besitzergreifender. Irgendwann zwischen den keuchenden Atemzügen hatte er gesagt:
»Ich war an der Bar festgebunden, sonst hätte ich ihn zur Tür hinausgeprügelt. Ich hätte ihm seine wunderschönen Augen grün und blau
geschlagen. Glaub nur nicht, daß ich tatenlos zusehen würde.
Ich lasse mir niemals und von niemandem etwas wegnehmen. «
»Was wirst du tun, wenn er irgendwann zurückkommt? «
Und Eddi hatte sich aufgerichtet, wieder ganz und gar hinter seinem Selbstbewußtsein verborgen, mit seinem beruhigenden Lächeln auf sie hinuntergeschaut und ganz sachte den Kopf
geschüttelt.
»Er kommt nicht zurück, Patrizia. Warum sollte er auch? Er hat von dir bekommen, was er wollte. Mehr wollte er nicht. Vergiß das nie! «
Irrtum! Aber Ed würde bald begreifen, daß er sich in diesem Punkt geirrt hatte.
Allzu lange konnte sie nicht mehr warten mit der Tür. Kurz nach fünf kam Ed heim, er würde das Foto sehen und lesen, was sie für ihn geschrieben hatte, nur für den Notfall. Sie hatte nicht damit gerechnet, daß dieser Fall eintreten würde. Hatte gedacht, es sei überflüssig, irgend etwas aufzuschreiben. War davon ausgegangen, daß sie um fünf längst wieder daheim war. Daß sie, wenn Ed zur Tür hereinkam, auf ihn zugehen und sagen konnte:
»Du ahnst nicht, was passiert ist. «
Und ihm erzählen: Von der Fahrt in Retlings Wagen zu
Retlings Haus, wo sie zusammen mit dem zweiten Mann in einen anderen Wagen stiegen. Die beiden Männer auf den Vordersitzen, sie selbst im Wagenfond, neben sich den Koffer.
Wie sie dann während der Fahrt den Koffer öffnete. Ihn vielleicht vorher bat, ein wenig Musik zu machen, um damit das Schnappen des Kofferschlosses zu überdecken. Ein Stoßgebet zum Himmel schickend, daß die Pistole geladen war.
Das hatte sie daheim nicht kontrolliert in der Eile. Aber es spielte vielleicht auch nur eine nebensächliche Rolle. Wenn sie ihm die Mündung ins Genick drückte, würde er gewiß nicht darüber nachdenken.
Wie sie ihn aufforderte, an den Straßenrand zu fahren, den Lauf der Waffe zwischen beiden Köpfen hin und her
schwenkend. Wie sie ausstieg, sich gar nicht lange mit Koffer und Mantel belastend. Wie sie ihm die Schlüssel abverlangte.
Wie sie auf das Haus zuging, irgendein Haus, rückwärts und immer noch mit der Waffe auf den Wagen zielend. Wie sie jemanden um Hilfe bat.
»Rufen Sie die Polizei an. Die beiden Männer in dem Wagen dort… «
Und Ed wäre so stolz auf sie gewesen. Sie hatte wirklich
gedacht, es sei nicht notwendig, eine Nachricht für ihn zu hinterlassen. Aber wo Schramm sie so direkt dazu aufforderte.
Und man konnte nie wissen, bei ihm bestimmt nicht. Und um fünf kam Ed heim, fand den Zettel auf dem Tisch.
Er wußte natürlich gleich, was gemeint war. Und dann würde er kommen. Aber zuerst würde er ins Schlafzimmer gehen, um seine Waffe zu holen, und feststellen, daß sie nicht mehr in seinem Schrank lag. Und dann würde er zur Polizei gehen.
Sie sah das im Geist vor sich. Sein angespanntes Gesicht, wie er sich bemühte, Ruhe zu bewahren. Er erklärte den Polizisten die Situation, wies sie darauf hin, daß höchste Vorsicht angebracht war. Mindestens einer der Täter mußte bewaffnet sein. Ed mußte zwangsläufig davon ausgehen, daß man ihr die Waffe weggenommen hatte, anderenfalls wäre sie ja längst wieder daheim gewesen.
Er wußte nicht genau, wo sie sich befanden, auch das erklärte er den Polizisten. Und dann fuhr ein Wagen zu dem kleinen Wochenendhaus in die Eifel. Und einer kam hierher, fuhr ganz langsam am Haus vorbei. Die Beamten sahen, daß an sämtlichen Fenstern die Rolläden herabgelassen waren. Zuerst nahmen sie vielleicht an, daß das Haus verlassen war. Doch wenn sie
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