Die Auserwaehlte
Gefühl der Übelkeit und voller Verzweiflung über die Rolle, die sie jetzt würde spielen müssen, bereitete sie sich bereits innerlich vor, es zu ertragen, doch das viele Trinken und ausschweifende Essen hatten die Bedürfnisse ihres Mannes abgestumpft. Er ließ die leere Tasse auf dem Bettlaken stehen und forderte sie auf, ihm sein Gewand zu holen.
Mara brachte ihm das Kleidungsstück und half, die Seidenärmel über seine dichtbehaarten, stämmigen Arme zu schieben. Dann saß sie gelangweilt daneben, während Diener das Badewasser für ihren Herrn brachten. Nachdem sie seinen gewaltigen Rücken gewaschen hatte und das Wasser in dem Trog wieder abgekühlt war, erlaubte er seiner Frau, sich ebenfalls anzukleiden. Bedienstete brachten Brot und Früchte, doch sie allein durfte ihn bedienen. Während sie ihm zusah, wie er sich Jomach-Früchte in den Mund schob und Saft an seinem Kinn herunterrann, fragte sie sich, wie der kluge Lord der Anasati nur zu einem solchen Sohn hatte kommen können. Dann blickte sie durch sein ungehobeltes Benehmen hindurch in seine unergründlichen Augen, und mit einem kalten Gefühl tiefster Panik erkannte sie, daß er sie ebenso argwöhnisch betrachtete – wie ein Jäger. Mara begriff, daß seine Behauptung, er wäre nicht so dumm, möglicherweise keine Prahlerei gewesen war. Niedergeschlagenheit ergriff sie. Wenn Buntokapi einfach nur verschlagen war, wie der Lord der Minwanabi, würde es Wege geben, mit ihm fertig zu werden. Wenn er allerdings auch intelligent war … Der Gedanke bereitete ihr eine Gänsehaut.
»Du bist sehr schlau«, meinte Buntokapi schließlich. Er streichelte mit einem feuchten Finger ihr Handgelenk, beinahe kindisch besitzergreifend.
»Meine Vorzüge verblassen neben denen meines Herrn«, flüsterte Mara. Sie küßte seine Finger, um ihn abzulenken.
»Du ißt nichts«, bemerkte er. »Du grübelst nur. Ich mag das nicht bei einer Frau.«
Mara schnitt eine Scheibe Thyza-Brot ab und wog sie in der Hand. »Mit Eurer Erlaubnis, Mylord?«
Buntokapi grinste, als sie an einem Stück herumnagte. Das Brot hatte für sie jeden Geschmack verloren, doch tapfer und trotzig kaute und schluckte sie. Der Anblick ihres Unbehagens langweilte ihn bald, und er rief nach Musikern.
Mara schloß die Augen. Sie brauchte Nacoya so sehr, daß es sie innerlich schmerzte. Dennoch konnte sie als die Gemahlin des Herrschers nichts tun, als seinem Vergnügen zusehen, während er Balladen verlangte und mit dem Sänger über einige Nuancen in der vierten Strophe stritt. Der Tag wurde wärmer, und durch die geschlossenen Vorhänge wurde es in der Hochzeitshütte immer stickiger. Mara ertrug es und holte Wein, als ihr Mann der Musik überdrüssig geworden war. Sie kämmte seine Haare und schnürte seine Sandalen. Dann tanzte sie auf seinen Wunsch hin, bis ihre Haare an den Schläfen feucht wurden und ihr mitgenommenes Gesicht vor Anstrengung brannte. Genau in dem Augenblick, als es so schien, als wollte der Lord den ganzen Tag in der Hochzeitshütte verbringen, stand er auf und befahl den Bediensteten brüllend, seine Sänfte vorzubereiten. Er würde die Zeit bis zum Abend in den Baracken verbringen, um sich einen Überblick über die Anzahl der Krieger zu verschaffen und ihren Übungen zuzusehen, verkündete er.
Mara hoffte inständig, daß Lashima etwas von ihrer Geduld Keyoke zukommen lassen würde. Ermattet von der Hitze und Anstrengung, folgte sie ihrem Mann aus der Hütte hinaus in die blendende Nachmittagssonne. Die unbehagliche Situation hatte sie ganz vergessen lassen, daß die Ehrenwache draußen wartete, und so blieb ihr keine Zeit, die verletzte Wange zu verdecken, als sie vor Papewaio und Keyoke erschien. Viele Jahre harter Übung versetzten die beiden in die Lage, ein solch beschämendes Mal ausdruckslos anzusehen. Doch Keyoke umklammerte den Speerschaft mit solcher Kraft, daß die Knöchel weiß schimmerten, und Papewaios Zehen bohrten sich beinahe in die Sohlen seiner Sandalen. Hätte irgendein anderer Mann als der Herrscher selbst ihrer Mara-anni so etwas angetan, er wäre auf der Stelle tot gewesen. Mara trat in das helle Licht eines klaren Tages, den die Götter nicht hätten schöner machen können. Doch als sie an ihren früheren Vertrauten vorbeiging, spürte sie ihre Wut wie schwarze Schatten in ihrem Rücken.
Die Hochzeitshütte brannte, noch bevor sie das Herrenhaus erreicht hatten. Der Tradition nach wurde das Gebäude in Flammen gesetzt, um den heiligen Übergang
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