Die Auserwaehlte
selbst dann noch, als ihre Sänfte von den ständigen Rempeleien der geschäftigen Cho-ja hin und her geschüttelt wurde. Die meisten drehten sich einen Augenblick um und betrachteten die Menschen, bevor sie weitergingen.
Als die dritte Kreuzung hinter ihnen in der Ferne verschwand, dachte Mara über das so andersartige Aussehen der Cho-ja nach. Die Krieger schienen alle gleich stark zu sein; sie besaßen einen gewaltigen Unterleib, einen breitschultrigen Oberkörper und waren anderthalbmal so groß wie die größten Tsurani. Die Arbeiter dagegen waren deutlich kleiner und stämmiger und ruhiger in ihren Bewegungen. Aber sie hatte noch andere gesehen, die wendiger als die Arbeiter, aber weniger furchterregend als die Krieger waren. Sie fragte Arakasi danach. »Handwerker, Mistress«, antwortete er.
Der Weg wurde steiler, als sie weiter ins Innere des Stocks vordrangen. Die Kreuzungen tauchten jetzt häufiger auf, und die Luft war voller Cho-ja-Geruch. Nach einiger Zeit weitete sich der Gang und öffnete sich zu einer großen Höhle, in der viele Lichtkugeln hingen. Mara schob den Vorhang ihrer Sänfte zurück und bestaunte überrascht den Anblick, der sich ihr bot. An der Decke eines jeden Tunnels, der in die Kammer mündete, hingen kleine Cho-ja, die etwa so groß waren wie ein menschliches Kind von ungefähr fünf Jahren. Durchsichtige Flügel auf ihren Rücken schlugen wild auf und ab; die Bewegung war kaum mehr als ein verschwommener Fleck im dämmrigen Licht. Jedes Geschöpf schien eine oder zwei Minuten zu ruhen und dann für die gleiche Zeit weiterzuschlagen. Der unablässige Wechsel brachte die Luft mit beinahe musikalischen rhythmischen Veränderungen zum Summen. Arakasi bemerkte Maras Verwunderung und erklärte: Dies müssen Arbeiterinnen sein.«
»Ich dachte, Ihr hättet gesagt, daß Ihr nur etwas über die männlichen Cho-ja wißt«, bemerkte Mara.
»Ich habe diese hier niemals gesehen«, gestand er. »Aber ich weiß, daß nur die Weibchen Flügel haben.«
Lax’l enthüllte ein unerwartet scharfes Gehör, als er jetzt einen Blick zurück auf Mara und ihre Eskorte warf. »Ihr Berater hat recht, Lady Königin. Die Ihr hier seht, sind sterile Weibchen; sie sind nahezu geistlos und leben nur, um die Luft durch die Tunnel und Kammern zu treiben. Ohne ihre Arbeit würde es hier unten kaum Luft zum Atmen geben.« Er führte die Gruppe schnell durch die Höhle, bog um eine Ecke und trat in einen niedrigen Gang, der schon nach wenigen Metern leicht anzusteigen begann. Die Sklaven, die Maras Sänfte trugen, rangen nach Atem. Mara hatte gerade überlegt, ob sie nicht um ein langsameres Tempo bitten sollte, da öffnete sich der Tunnel plötzlich zu einem Raum, der nur die Kammer der Königin sein konnte.
Die Cho-ja-Königin war riesig, sie maß mindestens zehn Meter vom Kopf bis zum Ende ihres zweiten Rumpfsegments. Dunkel und beinahe glänzend schwarz lag sie auf einem Erdhügel. Aus dem Anblick der verkümmerten Beine schloß Mara, daß sie sich niemals von diesem Ort erhob. Tücher aus edlen Stoffen verbargen Teile ihres Körpers, und zwischen ihnen schössen Arbeiter hin und her und putzten ihren gewaltigen Körper, eifrig bemüht, ihr jede Bequemlichkeit zu geben und jeden Wunsch zu erfüllen. Hoch über ihr, festgebunden an ihrem Rumpf, hockte ein stämmiges Männchen mit dem Körperbau eines Soldaten und dem kleinen Kopf eines Arbeiters. In rhythmischen Bewegungen stieß der Cho-ja vor und zurück. Arakasi neigte den Kopf. »Eines der Zuchtmännchen, Mylady. Eines ist immer bei der Königin.« Ein Dutzend Cho-ja waren vor ihr aufgereiht, einige mit verzierten Helmen, andere ohne jeden Schmuck; sie alle warteten in höflichem Schweigen auf die Ankunft der Lady der Acoma und ihrer Begleiter. An beiden Seiten der Kammer lagen kleinere Versionen der Königin auf ihren Bäuchen, und Arbeiter eilten geschäftig um sie herum.
»Rirari, vermute ich; die geringeren Königinnen, die die Eier legen«, flüsterte Arakasi Mara zu.
Lax’l bedeutete ihnen zu warten und trippelte mit einer Reihe klickender Geräusche zu seiner Königin. Stille senkte sich jetzt über die Kammer, obwohl die Arbeiter weiterhin ihren Aufgaben nachgingen. Die Träger setzten Maras Sänfte auf der Erde ab, und mit Keyokes Hilfe stieg sie aus. Nun, da sie nicht länger hinter den Gazevorhängen verborgen war, fühlte sie sich klein, beinahe verlassen in der Kammer, die mindestens viermal so groß war wie die große Halle der Anasati; die
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