Die Auserwaehlte
haben bereits begonnen«, antwortete die alte Königin.
Mara spürte Besorgnis in sich aufsteigen. Die Endgültigkeit der Ereignisse kam zu schnell, um damit umgehen zu können. Sie hatte sich auf Arakasis Unterstützung verlassen. Jetzt bemühte sie sich, Zeit zu gewinnen. »Ich fühle mich erschöpft von den Strapazen der tagelangen Reise. Darf ich einen Tag ausruhen, bevor wir diese Angelegenheit besprechen?«
Die alte Königin wiederholte die Bitte und gab Mara dann die Antwort der jungen Königin: »Meine Tochter möchte jetzt gleich hören, was Ihr bietet.«
Mara schaute Arakasi an, der ihr zuflüsterte: »Wenn Ihr jetzt fortgeht, beleidigt Ihr sie unter Umständen und verliert jede Möglichkeit, noch einmal mit ihr zu sprechen.«
Mara fühlte sich plötzlich ausgesprochen müde. Die Aufregung, den Stock zu erreichen, hatte ihr in den letzten Stunden Auftrieb gegeben, aber jetzt hatte sie den Eindruck, kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen. Die Last der Verhandlungen mit der jungen Königin und das mörderische Tempo ihrer Reise in der vergangenen Woche umnebelten ihren Geist. Dennoch schien es keine andere Möglichkeit zu geben, als weiterzumachen. Mara bedeutete ihrem Sklaven, ein Kissen aus der Sänfte zu holen und auf den Boden zu legen. Sie nahm Platz und bemühte sich um einen formellen Anschein, während sie mit den Verhandlungen begann. »Was würde Eure Tochter wünschen, um auf dem Land der Acoma zu leben?«
Die junge Königin setzte sich in der Art der Cho-ja nieder; sie hockte sich auf die vier Beine, hielt den Oberkörper aufrecht und verschränkte die Arme in sehr menschlicher Weise. Sie heftete ihre großen Augen auf Mara und sagte etwas. Die alte Königin übersetzte. »Meine Tochter möchte wissen, ob die Erde Eures Landes naß oder trocken ist.«
Mara antwortete ohne zu zögern. »Beides. Das Land der Acoma ist weit und vielfältig, es reicht von wasserüberfluteten Thyza-Feldern bis zu hohen Wäldern. Wir haben Weideland, das bis in die Berge hinaufreicht und dem ähnelt, das diesen Stock umgibt.«
Die junge Königin lauschte der Übersetzung ihrer Mutter und antwortete: »Meine Tochter möchte ihren Schwarm neben klarem Wasser ansiedeln, doch der Boden sollte nicht zu feucht sein. Sie bittet außerdem darum, daß der Ort nicht in allzu großer Nähe zu einem Wald liegt, da die alten Wurzeln es schwierig machen, die unteren Tunnel zu graben. Die erste Kammer muß schnell gegraben werden, denn sie kann nicht riskieren, sich länger als unbedingt notwendig draußen aufzuhalten.«
Mara besprach sich mit Keyoke. »Wir könnten ihr die untere Weide westlich des Flusses geben. Sklaven könnten dann im Osten neues Land für die Herden roden.« Als der Kommandeur zustimmend nickte, fuhr Mara fort: »Sagt Eurer Tochter, daß wir ihr ein Stück Land mit einem kleinen Hügel anbieten, das von offenem Weideland umgeben ist und nur einen kurzen Marsch entfernt von frischem, klarem Wasser liegt. Aber das Land liegt höher als die Ufer des Flusses und bleibt daher trocken, selbst in den Zeiten der schweren Regenfälle.«
Die alte und die junge Königin begannen sich zu unterhalten. Die Sprache der Cho-ja mit ihren Klick-und Pfeiflauten schien effizienter als die menschliche Sprache zu sein, oder aber diese Wesen hatten neben dem Sprechen noch eine weitere Möglichkeit, Nachrichten auszutauschen. Mara wartete innerlich unruhig und angespannt.
Plötzlich hallte ein durchdringendes Pfeifen durch die große Kammer des Stocks. Maras Gefolgschaft richtete sich alarmiert auf, und die Unterhaltung zwischen der Königin und ihrer Tochter brach schlagartig ab. Besorgt, daß die Störung vielleicht ein Unheil ankündigte, griff Keyoke nach dem Griff seines Schwertes.
Doch Arakasi griff nach dem Unterarm des Kommandeurs und flüsterte eindringlich: »Wenn Ihr aus dieser Nähe eine Klinge auf die beiden Königinnen richtet, sind wir alle sofort tot.« Die ältere Königin wirkte gar nicht besorgt, aber die Männchen neben ihr hatten sich halb aus der Hockstellung erhoben. Es war eine Kampfposition, die es ihnen ermöglichte, sofort zum Angriff überzugehen. Die halberhobenen Unterarme bebten leicht, als rasiermesserscharfe Chitinkanten sich auf Keyoke richteten. Der alte Kommandeur hatte Cho-ja im Kampf gesehen; diese hier waren nur um Haaresbreite von einem Angriff entfernt. Er ließ sein Schwert los, und sofort gingen die Krieger vor der alten Königin wieder in die entspannte Hockstellung zurück. Die
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