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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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knurrte.
    »Sie mag dich«, stellte der Dealer fest. Er streckte den Arm aus und legte mir eine Hand um den Nacken. Seine Pupillen glichen riesigen schwarzen Murmeln. »Ich mag dich auch.«
    Furcht packte mein Herz, bis ich das Gefühl hatte, dass es jeden Moment platzen würde. »Schon gut«, sagte ich. »Ich brauche die Pillen nicht unbedingt. Ich … ich gehe einfach.«
    Dem Dealer fiel sein Lächeln aus dem Gesicht. »Nein, ich gebe dir, wofür du gekommen bist. Was du wirklich brauchst.«
    Meine Hand machte ein Wettrennen zum Pfefferspray und verlor.
    Mir blieb keine Zeit, um zu schreien. Genützt hätte es ohnehin nichts. Ich befand mich in der Zeltstadt. Ihre Bewohner waren Schreie gewöhnt.
    Der Dealer warf sich auf mich und drückte mich in einen Berg Kissen, bis ich glaubte, ich würde verschwinden, wir würden beide unter der Oberfläche versinken und abtauchen, als befänden wir uns im Wasser.
    Ich wehrte mich, kämpfte, kratzte, trat, knurrte, fluchte, doch der Dealer war mehr als zwanzig Kilo schwerer als ich, und welche Droge auch immer durch seinen Kreislauf gepumpt wurde, sie gab ihm Kraft. Ich versuchte zu schreien, aber er hielt mir mit der Hand den Mund zu. Ich biss fest zu, schmeckte Blut und wollte es ausspucken, konnte aber nicht, weil er noch immer seine Hand auf meinem Mund hatte, während er mit der anderen Hand an meinem T-Shirt zerrte und sich am Reißverschluss meiner Hose zu schaffen machte.
    Der Geschmack von Blut in meinem Mund verwandelte sich in den Geschmack von Kupferkabeln, die das Summen von Elektrizität abgaben.
    Die Hitze in mir erwachte knisternd zum Leben, und ich unterdrückte sie ausnahmsweise einmal nicht. Ich ließ sie wüten.
    »Was ist das?«, fragte der Dealer verwirrt. Ich spürte seine Hand auf meinem nackten Bauch. Er hatte also meine Blitzschlag-Narben gesehen. Das hätte mir eigentlich zu denken geben sollen, doch das tat es nicht, da das Feuer in mir das Ruder übernommen hatte und durch meine Arme wanderte. Es war schwierig, überhaupt nachzudenken, wenn man kurz vorm Explodieren war.
    »Hast du irgendeine Krankheit?«, wollte der Dealer wissen. Er wirkte plötzlich angewidert.
    »Ja«, entgegnete ich, wobei meine Stimme in meinen Ohren schwach klang. »Möchten Sie was davon abhaben?«
    Er setzte sich auf, das Gesicht vor Wut verzerrt. »Und das hättest du mir verschwiegen, du kleine Schlampe?«
    Er holte aus, um mich zu schlagen. Bevor er seinen Treffer landen konnte, ertönte ein Geräusch, als würde man mit einem Baseballschläger auf eine Grapefruit schlagen. Der Dealer stöhnte auf, und seine Augen traten hervor. Blutströpfchen flogen wie Farbspritzer durch die Luft, und er fiel flach auf mich. Erstickte mich. Ich versuchte, seinen schlaffen Körper von mir zu schieben, doch er war totes Gewicht, und ich konnte ihn kaum bewegen.
    Und dann packte jemand den Dealer und rollte ihn von mir herunter. Es war so dunkel, dass ich nicht erkennen konnte, wer über mir stand. Vor meinem inneren Auge blitzte ein Bild auf. Irgendetwas an der Silhouette kam mir vertraut vor, aber ich konnte es nicht einordnen. Der Typ, der sich vor mir auftürmte, hielt einen Gegenstand umklammert, doch in der Erinnerung, die sich bemühte, an die Oberfläche meiner Gedanken zu kommen, hatte er etwas anderes in der Hand. Etwas Funkelndes und …
    »Mia«, keuchte die Silhouette. »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Jeremy?« Ich hatte vor Überraschung einen kurzen Aussetzer, und die Erinnerung, die ich einfangen wollte, verabschiedete sich endgültig.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er noch einmal.
    »Ja. Ja, alles okay.« Es wurde zumindest langsam wieder. Das Feuer in mir wurde schwächer und erleichterte es mir, klare Gedanken zu fassen.
    Jeremy wandte den Blick ab. Ich sah an mir hinunter und stellte fest, dass meine Hose offen und mein T-Shirt bis knapp unterhalb meines BHs hochgeschoben war. Ich setzte mich auf und brachte hastig meine Kleidung wieder in Ordnung. Hatte er meine Blitzschlag-Narben gesehen?
    »Lass uns von hier verschwinden, bevor er wieder zu sich kommt«, sagte Jeremy. Er betrachtete den auf dem Bauch liegenden Dealer mit finsterem Blick. In einer Hand hielt er eine schwere gusseiserne Bratpfanne, die er sich an irgendeinem Kochfeuer geschnappt haben musste. So fest, wie er den Griff der Pfanne mit den Fingern umklammerte, erweckte es den Anschein, als wollte er damit noch ein paarmal auf den Kopf des Dealers einschlagen. Einige Stunden zuvor hatte ich geglaubt,

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