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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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Strandpromenade kämpfte und versuchte, ans andere Ende zu gelangen, wo sich hinter einer kleinen, grasbewachsenen und von schwankenden Palmen gesäumten Anhöhe der Strand und die Zeltstadt befanden. Auf der überfüllten Strandpromenade voranzukommen war nicht viel einfacher als der Versuch, durch eine Betonwand zu gehen, und es war schwierig, nicht aufzufallen, wenn man die einzige Person weit und breit war, die in den letzten zwei Wochen geduscht hatte. Ich stellte fest, dass mich mehrere Augenpaare beobachteten, und wusste, was sich die Besitzer dieser Augen fragten.
    Was hat sie, das ich brauche, das ich mir nehmen könnte?
    Ich begegnete den Blicken herausfordernd, da ich mir keine Blöße geben durfte. Diesen Fehler hatte ich schon einmal gemacht.
    Leg dich bloß nicht mit mir an, dachte ich jedes Mal, wenn ich dem Blick von jemandem begegnete, der mir zu viel Aufmerksamkeit schenkte. Diesmal bin ich vorbereitet.
    Ich berührte die Auswölbung in meiner Hosentasche, in der sich das Pfefferspray befand. Jetzt verstand ich, weshalb Milizionär Brent seinen Taser so liebevoll streichelte.
    Sich den Weg durch den Strom von Menschen auf der Strandpromenade zu bahnen war, als würde man durch einen reißenden Fluss schwimmen. Der widerliche Geruch ungewaschener Körper füllte meine Nase. Und der Lärm … Unzählige Stimmen, die gleichzeitig sprachen. Laut. Wütend. Weinende Kinder. Schreiende Babys.
    Normalerweise neigte ich nicht zu Platzangst. Enge Räume bereiteten mir keine Probleme, aber Menschenmengen … Menschenmengen waren eine andere Sache. Als ich von so vielen Menschen umgeben war, die sich mit ihren fremden, schmutzigen Körpern gegen mich pressten, setzte Panik nach und nach alle meine anderen Gehirnfunktionen außer Kraft.
    Ich kam zum Stillstand. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, und alle anderen schienen sich ebenfalls nicht mehr zu bewegen. Gesichter waren das Einzige, was ich sehen konnte. Überall Gesichter. Und Augen. Die mich alle anstarrten. Die mich als diejenige sahen, die ich war. Keine von ihnen . Ich gehörte nicht hierher, und alle wussten es.
    Neben meinem Ohr schrie ein Baby.
    Meine Lähmung löste sich.
    Ich stolperte die grasbewachsene Anhöhe hinauf, vorbei an den Palmen, bis ich die riesige Sandfläche überblicken konnte, die sich bis zum Wasser erstreckte.
    Im Lauf der Wochen war die Zeltstadt zu einer Art mittelalterlichem Dorf geworden, mit dem Unterschied, dass sie riesig war und sich in alle Richtungen erstreckte, so weit das Auge reichte. Eine Rauchwolke hing wie ein Sargtuch tief über den Zelten und wurde von unentwegt brennenden Kochfeuern genährt. Um die Feuerstellen scharten sich Menschen, selbst während der warmen Stunden des Tages, und glotzten einfach in die Flammen. Kinder schlenderten lethargisch zwischen den Zelten umher, verlangsamt von Hunger und Erschöpfung, mit rußverschmierten Wangen, Asche im Haar und Bekleidung, die mit jedem Tag lockerer saß.
    Viele der Zelte hatten leuchtende Farben gehabt, als die Zeltstadt gegründet worden war, doch inzwischen waren sie ausgeblichen und vom Rauch verfärbt. Ein Zelt stach jedoch hervor. Es war so breit wie ein kleines Haus und hoch genug, dass man darin stehen konnte: ein Armeezelt aus schwerem Segeltuch, das allerdings nicht tarnfarben war, sondern dunkelviolett angestrichen worden war – in der Farbe der Könige.
    Der Dealer hielt große Stücke auf sich.
    »Haben Sie einen Termin?« Der Wachposten, der vor der Höhle des Dealers stand, sah aus wie ein pensionierter Footballspieler.
    »Nein«, entgegnete ich. »Aber ich habe Bargeld.«
    Er starrte an mir vorbei. Seine Arme waren so riesig und muskelbepackt, dass er aussah, als hätte er sich Babys in die Ärmel gestopft. Vermutlich gab ihm der Dealer einen Rabatt auf Steroide.
    »Sie brauchen einen Termin«, sagte der Wachposten. »Der Dealer ist ein viel beschäftigter Mann.«
    »Ich bin Stammkundin. Hat man da nicht ein paar Privilegien oder so?«
    »Nein.«
    »Hören Sie, stecken Sie doch einfach den Kopf da rein und sagen Sie ihm, dass Mia Price hier ist. Er wird mich empfangen, das schwöre ich.«
    Einen Moment lang dachte ich, der Wachposten würde mich völlig ignorieren. Doch dann drehte er sich um und steckte den Kopf durch die Zeltklappe. Ich hörte ihn etwas murmeln und die hohe, beinahe weinerliche Stimme des Dealers, dann dessen gackerndes Lachen, das mir einen Schauder über den Rücken jagte. Vom Lachen des Dealers bekam ich immer heftige

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