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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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horizontal, sondern vertikal verschoben. Die gesamte Wüste hatte sich ungefähr drei Meter angehoben und glich jetzt einem riesigen Plateau mit einem Durchmesser von mehreren Meilen.
    Als Katrina noch knapp zwanzig Meter vom Rand des Plateaus entfernt war – einer Wand aus gebrochenem Asphalt, Betontrümmern und kaputten Rohren –, bog sie auf einen Parkplatz im Warehouse District ein, auf dem mehrere Dutzend andere Autos geparkt waren. Um das Plateau waren an zahlreichen Stellen Rampen errichtet worden, doch auch wenn an diesen Rampen keine bewaffneten Wachposten gestanden hätten, wäre es nicht ratsam gewesen, mit einem Fahrzeug ohne verstärkte Reifen in die Wüste zu fahren. Beim Einsturz der Wolkenkratzer war die Innenstadt unter einem Glasscherbenregen begraben worden. Noch immer lagen Berge von zersplittertem Glas wie Schneewehen herum. Wo auch immer der Rove stattfand, wir mussten den Rest des Weges zu Fuß zurücklegen.
    Über meine Haut lief ein fiebriges Kribbeln, als ich aus dem Auto in die Nachtluft stieg. Ich warf einen prüfenden Blick in den Himmel, entdeckte in seiner sternenlosen Schwärze jedoch nicht die Spur einer Wolke. Nur der zitronengelbe Mond war zu sehen, flankiert vom Lichtkegel eines Helikopters, der auf einen anderen Teil der Stadt gerichtet war. Ein typischer Los-Angeles-Himmel. Kein Anzeichen für Regen, doch meine Haut kribbelte stärker denn je, schmerzte vor Fieber, als befände sich das Phantomunwetter, das ich spürte, unmittelbar hinter dem Horizont.
    Als Katrina auf der Fahrerseite des Wagens ausstieg, bemerkte sie meinen Gesichtsausdruck. »Du spürst sie, nicht wahr?« Sie deutete auf die Zerstörung. »Die Kraft dieses Orts. Seine Energie. Es ist, als würde sie aus den Rissen im Boden bluten.« Sie rieb sich die Arme, aber ihre Augen leuchteten vor Begeisterung. »Sie ist überall um uns herum.«
    Katrina hatte Recht. Ich spürte es, was auch immer es war, wie einen anders gepolten Magneten, der mich anzog.
    Wir gingen leise auf das Plateau zu und hielten uns in der Dunkelheit. Als ich den bewaffneten Wachposten sah, der am Rand des Plateaus patrouillierte, kam ich zu dem Schluss, dass ich bei der Auswahl meines Einbrecher-Outfits ein glückliches Händchen bewiesen hatte.
    »Das ist keine gute Idee«, zischte ich Katrina ins Ohr. »Wir sollten uns einen anderen Eingang suchen. Ich möchte mich heute nicht erschießen lassen.«
    »Das sind keine echten Kugeln«, erwiderte sie. »Das ist ein Betäubungsgewehr. Außerdem sind die Wachposten keine Polizisten, sondern Freiwillige. Wenn sie auf dich schießen, treffen sie dich wahrscheinlich sowieso nicht.«
    Dass mich das beruhigte, war ein Beweis dafür, wie schlimm die Dinge standen.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Katrina. »Ich mache das nicht zum ersten Mal.«
    »Wie oft warst du schon hier?«
    »Oft. Ich weiß, was ich tue.«
    Wir näherten uns der Wand des Plateaus und dem Wachposten, dann blieben wir im Dunkeln stehen. Ich wagte es kaum zu atmen.
    Minuten vergingen, bis der Wachposten schließlich am Rand des Plateaus ein Stück weiterging.
    »Wenn ich ›los‹ sage, rennen wir. Kletter die Wand so schnell wie möglich hoch.«
    »Aber was ist, wenn …«
    »Los!«
    Katrina setzte zu einem Sprint zur Wand des Plateaus an und lief in ihren hochhackigen Stiefeln lautlos über den Teppich aus grauem Zementstaub. Ich eilte ihr hinterher, und mein Herz klopfte so heftig, dass ich nichts anderes hören konnte. Ich roch den ekelhaften Gestank toter Blumen, blickte nach unten und sah vertrocknete, auf dem Boden verstreute Blütenblätter, die Überreste von Kränzen und Gestecken, die Hinterbliebene zu Ehren der Toten niedergelegt hatten. Sie federten den Aufprall meiner Stiefel ab und dämpften meine hastigen Schritte.
    Wir kletterten die Wand des Plateaus hinauf, wobei wir abgebrochene Rohre wie Leitersprossen benutzten. Ich wagte es nicht, mich umzublicken. Wagte es nicht, irgendwohin zu blicken. Ich bildete mir ein zu hören, wie der Wachposten auf uns zugelaufen kam. Mein Herzschlag wurde zum Klang seiner Schritte, zum Knallen seines Betäubungsgewehrs, mit dem er auf uns schoss.
    Katrina kletterte trotz ihrer Hotpants und ihres Korsetts wie ein Affe. Ich war weniger graziös und spießte mich beinahe an scharfkantigen Metallteilen auf.
    Wir schafften es, auf das Plateau zu gelangen, ohne erschossen zu werden. Katrina blickte sich kurz um, ehe sie sich für eine Richtung entschied. Sie ging die Olive Street zum

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