Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
Vom Netzwerk:
dem Fuß in einem Riss im Asphalt hängen blieb. Mein Knöchel verdrehte sich, und ich wäre beinahe hingefallen, wenn ich mich nicht noch rechtzeitig an Jeremys Arm festgehalten hätte. In dem Moment, als wir uns berührten, durchflutete mich Hitze, die mir aber nicht das Bewusstsein raubte.
    Ich blickte über meine Schulter und sah, wie sich die Ratte in ein freiliegendes Rohr zwängte. Ihr Schwanz peitschte dabei hin und her wie Spaghetti, die man in den Mund saugt. Als sie verschwunden war, drehte ich mich wieder zu Jeremy um. Die Hitze, die er verströmte, erschwerte mir das Denken, aber ich war noch da. War noch präsent. War nicht in eine seltsame Vision vom Tower und dem Unwetter entführt worden.
    Nach wie vor hielt ich mich an Jeremys Arm fest und bemerkte, dass er einen beachtlichen Bizeps besaß. Seine Hand ruhte so leicht auf meiner Hüfte, dass es sich ebenso gut um die Hand eines Geists hätte handeln können. Er war nicht viel größer als ich, sodass sich unsere Nasen fast auf einer Höhe befanden. Nur Zentimeter trennten unsere Münder voneinander. Mein Herz pumpte Feuer und brachte mein Blut zum Kochen.
    Ich riss mich von Jeremy los, obwohl ich an seiner Brust, die sich rasend schnell hob und senkte, und an der Intensität seines Blicks erkennen konnte, dass er ebenfalls für mich brannte. Ich war unerfahren, was solche Dinge anbelangte, spürte aber trotzdem, dass er mich küssen wollte. Das spielte allerdings keine Rolle, oder? Wenn er gewusst hätte, wie ich wirklich aussah, dass mein Körper mit Narben überzogen war, wäre sein Verlangen nach mir versiegt.
    »Warum ist es diesmal nicht passiert?«, fragte ich.
    »Was?« Jeremy klang benommen, atemlos.
    »Du weißt schon, die Visionen oder Omen oder was auch immer. Normalerweise erscheinen sie, wenn …« Ich biss mir auf die Unterlippe.
    »Wenn ich dich berühre«, führte er meinen Satz zu Ende. Seine Stimme klang tief und ein wenig wackelig, als würde er nach Atem ringen. »Normalerweise kann ich sie kontrollieren«, erklärte er. »Andere Leute sehen nicht immer, was ich gesehen habe, wenn ich sie berühre, es sei denn, ich möchte das, aber … bei dir war es schwieriger.«
    »Oh.« Blut strömte in meine Wangen und an verschiedene andere Stellen. Das mulmige Gefühl in meinem Magen lenkte mich kurzzeitig von dem Kribbeln auf meiner Haut ab.
    Über Jeremys Schulter hinweg sah ich sein Motorrad, das er am Ende der Gasse abgestellt hatte. Ich ging an ihm vorbei und legte die letzten Meter zu seiner Maschine zurück.
    Obwohl ich nichts von Motorrädern verstand, war ich dennoch von seiner Maschine beeindruckt. Und verängstigt. Das Motorrad war schwarz und glänzend und kompakt. Es sah nicht einmal groß genug aus, um einer Person Platz zu bieten, geschweige denn zwei Leuten. Doch Jeremy klappte die Sitzbank hoch und holte aus dem Stauraum darunter zwei Helme hervor. Einen davon reichte er mir. Ich nahm ihn, starrte ihn aber nur dümmlich an.
    »Ist das okay für dich?«
    »Ich nehme an, mir bleibt nichts anderes übrig, oder?« Ich hob den Blick und sah ihm in die Augen, während ich auf meiner Lippe kaute. »Was ist …« Ich zögerte, weil ich mir nicht sicher war, wie ich die Frage formulieren sollte. »Was ist, wenn diese Sache passiert … Du weißt schon, wenn wir uns berühren. Was ist, wenn es passiert, während wir auf dem Motorrad sitzen? Falle ich dann hinten runter?«
    »Das wird nicht passieren«, sagte Jeremy.
    »Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Ich muss dich mit meinen Händen berühren, damit es passiert.« Er hob die Hände mit den Handflächen nach außen, als wollte er sich ergeben. »Solange die am Lenker bleiben, bist du in Sicherheit.«
    »Also darf ich dich berühren, aber du darfst mich nicht berühren?«
    Er nickte mit gerunzelter Stirn. »Vorerst«, sagte er, und die Anspielung ließ mein Blut erneut überkochen.
    Ein paar Augenblicke später klammerte ich mich an Jeremys Rücken und presste die Innenseiten meiner Oberschenkel gegen die Außenseiten seiner Oberschenkel, als wir mit einem Tempo durch die Wüste rasten, das angesichts des Zustands der Straßen selbstmörderisch erschien. Doch Jeremy handhabte das Motorrad so meisterhaft, als wäre er bereits Hunderte von Male über die kaputten Straßen gefahren.
    Meine Anspannung stieg, als wir eine der Rampen erreichten, die aus der Wüste hinausführten, doch es waren keine Wachposten zu sehen, und wir rauschten durch, ohne angehalten zu

Weitere Kostenlose Bücher