Die Auserwählte
blitzte ihn wütend mit zusammengekniffenen Augen an. Ich hob den Kopf. »Ich möchte mit Ihrem Vorgesetzten sprechen«, erklärte ich eisig.
Er musterte mich einen Moment lang. »Na schön«, sagte er; er trat beiseite und winkte mich mit seinem Schlagstock vorbei. »Hier entlang.«
»Vielen Dank«, sagte ich und machte einen Schritt an ihm vorbei.
Ich glaube, er hat mir ein Bein gestellt, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen; im nächsten Augenblick hatte er mich zu Boden geworfen, mir sein Knie ins Kreuz gestemmt und mir einen meiner Arme so weit auf den Rücken gedreht, daß ich unwillkürlich einen Schmerzensschrei ausstieß; es fühlte sich an, als würde mir gleich der Arm brechen. »Schon gut!« rief ich.
»Dave«, sagte er ruhig. »Filz mal diese Tasche, ja?«
Stiefel tauchten in meinem Blickfeld auf, und mein Seesack, der neben mir auf dem Boden lag, wurde mir aus der Hand gerissen.
»Sie brechen mir den Arm!« schrie ich. Der Druck ließ etwas nach, bis er bloß noch unangenehm war. Ich spürte, wie ich errötete, als mir bewußt wurde, wie leicht man mich übertölpelt und dann zu Boden geworfen hatte. Jegliche Befriedigung, die ich ob meiner Triumphe zwei Tage zuvor in Essex empfunden haben mochte, wurde mir von dem Knie in meinem Kreuz aus dem Leib gepreßt.
»Was ist das?« fragte mein Angreifer.
»Was?« sagte der andere.
»Das da. Was ist das?«
»’ne Flasche mit irgendwas drin.«
»Ja; und das?«
»Ja… könnte was sein, oder?«
Der Druck auf meinen Arm verstärkte sich wieder, und ich sog scharf die Luft ein, um nicht laut aufzuschreien. Ich spürte, wie der Polizist, der mich festhielt, seinen Kopf zu mir herunterbeugte, dann fühlte ich seinen Atem in meinem Nacken. »Ich glaube, wir haben hier eine verdächtige Substanz entdeckt, junge Dame«, erklärte er.
»Wovon reden Sie?« keuchte ich.
Ich wurde auf die Füße gezerrt und grob von dem Polizisten, der mich zu Boden geworfen hatte, vor sich festgehalten, während der andere Polizist mir zwei meiner Phiolen vor die Nase hielt. Ich konnte meinen Hut fühlen, der zwischen meinem Rücken und der Brust des Polizisten zerdrückt wurde.
»Und was ist das?« fragte der andere.
Ich verzog das Gesicht. »Das linke ist Asche!« sagte ich. Es bereitete mir größte Mühe, nicht ein »Dummkopf!« oder »Idiot!« an meine Äußerungen anzuhängen. Der Inhalt meines Seesacks lag auf dem Asphalt verstreut. Die Tasche selbst war von innen nach außen gekehrt worden.
»’aschisch?« fragte der Polizist hinter mir.
»Nein! Asche aus einem Herd«, rief ich aus, während ich sah, wie andere Polizisten zu uns herüber kamen. »Das ist für eine Zeremonie. Das andere Gefäß ist für mein Zeichen. Das Zeichen auf meiner Stirn. Können Sie es denn nicht sehen? Das sind religiöse Substanzen; heilige Sakramente!«
Der zweite Polizist nahm die Kappe von der Asche-Phiole. »Sakrileg!« brüllte ich. Der zweite Polizist schnüffelte an der Asche, dann stippte er einen befeuchteten Finger hinein. »Entweihung!« schrie ich, als die anderen Polizisten zu uns traten. Ich setzte mich nach Leibeskräften zur Wehr; der Griff um meinen Arm wurde fester, und ich wurde auf meine Zehenspitzen gehoben. Schmerz schoß mir durch den Arm, und ich schrie abermals auf.
»Ganz ruhig, Bill«, zischte einer der anderen Polizisten. »Dahinten steht ein Fernsehteam.«
»Geht klar, Sergeant«, erwiderte der Polizist hinter mir. Der Schmerz ließ abermals nach, und ich rang keuchend nach Luft.
»Also, junge Dame; was soll der Aufstand?«
»Ich habe versucht, meiner Cousine Morag Whit, die derzeit auf Clissolds Gesundheitsfarm und Country Club in Dudgeon Magna weilt, einen rechtmäßigen und friedlichen Besuch abzustatten«, preßte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. »Dieser… Mensch hinter mir war höchst beleidigend, und als ich darum bat, mit seinem Vorgesetzten sprechen zu dürfen, um sein unmanierliches Betragen zu melden, hat er mich übertölpelt und angegriffen.«
»Verdächtig aussehende Substanz, Sergeant«, mischte sich der Polizist mit der Phiole ein und hielt sie dem älteren Mann hin, der stirnrunzelnd daran roch.
»Sakrileg!« schrie ich.
»Hmm«, sagte er. Er betrachte den auf dem Boden verstreuten Inhalt meines Seesacks. »Sonst noch was?«
»Da sind noch andere Gläser und Sachen hier«, erklärte einer der anderen, während er sich bückte und die Phiole mit dem getrockneten Flußschlamm aufhob. Als er sich wieder
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