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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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übermittelt, ich solle reinhüpfen. Ich setzte mich auf den harten Metallboden.
    »Ja, anscheinend hat er mal ’ner Firma gehört, die Haus- und Wandverkleidungen und so ’n Zeug verkauft hat«, sagte das Mädel, neben dem ich saß und das etwa in meinem Alter war. Ich hatte eine Bemerkung bezüglich des sonderbaren Aussehens des Lieferwagens gemacht.
    Das alte Fahrzeug war nicht nur von außen, sondern auch von innen mit Platten aus künstlichen Backsteinen verkleidet. Die zehn jungen Leute, die es beherbergte, befanden sich auf dem Weg zu einer Art Feier auf einer Wiese nahe Glastonbury.
    Ich rief mir die Landkarte, die ich in der Nacht zuvor angeschaut hatte, ins Gedächtnis. »Ist das hier nicht eine recht ungewöhnliche Strecke, um nach Glastonbury zu kommen?« fragte ich.
    »Wir gehen nur den Bullen aus dem Weg«, rief der Bursche am Lenkrad fröhlich nach hinten.
    Ich nickte, als wüßte ich, wovon er sprach.
    »Was ist in Dudgeon Magna?« erkundigte sich eine der anderen.
    »Meine Cousine«, erklärte ich ihr. Sie war wie die anderen angezogen, in Schichten und Aberschichten löchriger, abgerissener, doch farbenfroher Kleidungsstücke gehüllt; sie trug schwere Stiefel, die offenkundig schon so manches Feld gesehen hatten. Die sechs jungen Männer hatten alle Dreadlocks – ich hatte Roadkill gefragt, wie man diese Frisur nannte –, und die vier jungen Frauen hatten sich die Köpfe teilweise rasiert. Ich fragte mich, ob sie vielleicht einem Orden angehörten.
    »Sollte das nicht eigentlich Dudgeon Alto oder so heißen?« erkundigte sich ein anderes Mädel und reichte mir eine Dose Cider.
    Ich lächelte. »Ja, ich nehme an, das wäre ganz nett, nicht wahr?« erwiderte ich und trank einen Schluck aus der Dose.
    »O Scheiße«, rief unser Fahrer. »Was machen die denn hier?«
    »Straßensperre«, sagte der Bursche auf dem Beifahrersitz. »Schweine.« Etliche der anderen erhoben sich und drängelten sich hinter der vorderen Sitzbank, wobei sie Laute der Enttäuschung und des Unmuts ausstießen.
    »Das sind die Bullen«, murmelte einer nach hinten zu uns gewandt, die wir sitzen geblieben waren, während der Lieferwagen abbremste und schließlich zum Halten kam. Das Mädchen mir gegenüber, das mir den Cider gereicht hatte, verdrehte die Augen und seufzte laut. Der Fahrer kurbelte sein Fenster herunter.
    »Was gibt’s?«
    »… Grund zu der Annahme…« hörte ich eine tiefe Männerstimme sagen; die anderen begannen zu reden, und ich fing nur noch Fetzen des Gesagten auf.
    »Aber – «
    »… unterwegs zu einer widerrechtlichen Versammlung…«
    »Ach, kommen Sie schon, Mann – «
    »… Störung der öffentlichen Ruhe…«
    »… tun doch nichts, wir tun doch niemandem was.«
    »… richterliche Verfügung, die besagt…«
    »… meine, was sollen wir denn gemacht haben?«
    »Warum fangt ihr nicht Vergewaltiger oder so was?«
    »… zurück, woher immer Sie gekommen sind…«
    »Hört mal, wir wollen doch nur Freunde besuchen, verdammt noch mal!«
    »… wird hiermit…«
    »… unfair; ich meine, das ist einfach unfair.«
    In diesem Moment wurde die Hecktür des Lieferwagens von zwei Polizisten in Overalls und Sturzhelmen und mit langen Schlagstöcken in den Händen aufgerissen. »Also los, kommt schon; raus da!« befahl einer von ihnen.
    Ich stieg mit den anderen aus, inmitten einer Welle der Unmutsbekundungen.
    »Was ist denn los, Officer?« fragte ich einen der Männer.
    »Da rüber«, befahl man uns.
    Vor uns auf der Straße stand ein Polizeitransporter mit blinkendem Blaulicht; wir waren auf einen Rastplatz gelotst worden, wo schon andere ramponierte Lieferwagen, zwei alte Autos und ein klappriger Bus standen. An den Böschungen und Randstreifen standen weitere Polizeitransporter und Streifenwagen, und überall wimmelte es von Polizisten, einige in gewöhnlichen Uniformen, andere in Overalls.
    Wir standen auf einer Grasböschung, während der Lieferwagen kurz durchsucht wurde und die Polizei seine Reifen und Lichter überprüfte; unser Fahrer mußte einige Papiere vorzeigen. Einige der Lieferwagen und Autos, die angehalten worden waren, mußten umkehren und wieder dorthin zurückfahren, woher sie gekommen waren. Andere schienen Streitobjekt zwischen ihren Insassen und der Polizei zu sein; eine kleine Gruppe von Leuten, einige von ihnen in Tränen aufgelöst, marschierte mit Schlafsäcken, Rucksäcken und Plastiktüten beladen zurück zur Straße. Ein weiterer verbeulter alter Minibus wurde

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