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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wieder meinen Pfannkuchen mit Sirup zu.
    »Um ganz ehrlich zu sein, ja, ich bin in Eile«, erklärte Yolanda; sie legte ihre Alligatorenleder-Stiefel auf den Couchtisch und schlug die Beine übereinander. »Mittwoch fliege ich nach Prag, um mir einen roten Diamanten anzusehen. Hab gehört, die hätten dort einen, der vielleicht zum Verkauf steht.«
    »Ein roter Diamant«, sagte ich in einer Pause, die nach einer Antwort zu verlangen schien.
    »Genau; gewöhnliche Diamanten sind so verbreitet wie Kuhscheiße, aber DeBeers hält die Preise künstlich hoch; wer einen gewöhnlichen Diamanten kauft, ist ein Idiot, aber rote Diamanten findet man seltener als einen ehrlichen Politiker; es gibt nur schätzungsweise sechs auf der ganzen Welt, und ich will wenigstens einen davon sehen und in meiner Hand halten, nur ein einziges Mal, selbst wenn ich ihn nicht kaufen kann.«
    »Du meine Güte«, sagte ich. »Prag.«
    »Prag in Tschechenland, oder wie immer das heute heißt. Willst du mitkommen?«
    »Ich kann nicht; ich muß meine Cousine Morag suchen.«
    »Ja; was soll eigentlich der ganze Trubel wegen ihr? Hat dein Opa plötzlich einen Narren an ihr gefressen? Was ist bei euch da oben überhaupt los? Die waren richtig eisig zu mir, als ich dort war. Hast du was angestellt? Sind sie sauer auf dich?«
    »Was? Ähm?« Ich sah fragend zu ihr hoch.
    »Ganz im Ernst, Darling«, sagte sie. »Den Teuren Gründer habe ich nicht gesehen, aber ich habe mit deinem Bruder Allan und mit Erin gesprochen; sie haben sich aufgeführt, als wäre Salvador böse auf dich.«
    »Böse auf mich?« fragte ich erschrocken. Ich wischte mir die Finger an einer gestärkten weißen Serviette ab und setzte mich zu meiner Großmutter auf die Couch. Ich war so bestürzt, daß es einige Minuten dauerte, bis mir auffiel, daß ich nicht mein Sitzbrett benutzt hatte. Ich glaube, der Teppich war so weich gewesen, daß ich kaum einen Unterschied spürte. »Worüber ist er böse?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Yolanda. »Ich hab gefragt, aber ich habe keine Antwort bekommen.«
    »Du mußt dich irren«, sagte ich und hatte mit einem Mal ein ganz komisches Gefühl in der Magengegend. »Ich habe nichts getan. Bis gestern ist meine Mission höchst erfolgreich verlaufen; ich war sehr zufrieden damit…«
    »He, vielleicht habe ich irgendwas in den falschen Hals bekommen«, beschwichtigte mich Yolanda. Sie zog die Füße unter sich, drehte sich zu mir und machte sich abermals daran, meine Haare mit dem Handtuch trockenzurubbeln. »Hör nicht auf deine verrückte alte Oma.«
    Ich starrte aus dem Fenster. »Aber was kann da passiert sein?« hörte ich mich mit versagender Stimme fragen.
    »Wahrscheinlich ist gar nichts los. Mach dir keine Sorgen. He, komm schon; was ist mit Morag los?«
    Ich erklärte ihr, welche wichtige Rolle meine Cousine für die Missionsarbeit der Gemeinde spielte, und erzählte ihr von dem Brief, in dem Morag uns mitgeteilt hatte, daß sie unseren Glauben verlassen und nicht zum Fest nach Hause kommen würde.
    »Okay, du hast sie also nicht finden können«, sagte Yolanda. »Wir werden einen Detektiv anheuern.«
    »Ich denke nicht, daß das der Situation angemessen wäre, Großmutter«, erwiderte ich seufzend. »Ich wurde persönlich mit der Aufgabe betreut.«
    »Spielt das eine Rolle, solange du sie findest?«
    »Ich denke schon.«
    Yolanda schüttelte den Kopf. »Mann, ihr seid ein komischer Haufen«, murmelte sie.
    »Es gibt noch ein anderes Problem«, sagte ich.
    »Ach ja?«
    Ich erzählte ihr von dem Video und meiner Entdeckung, daß Morag unter dem Namen Fusillada DeBauch als Darstellerin in pornographischen Filmen tätig war.
    »Was?« rief Yolanda aus. »Du nimmst mich auf den Arm!« Sie klatschte sich auf beide in Designerjeans gehüllte Schenkel gleichzeitig. Ich glaube, wenn sie einen Stetson oder etwas ähnliches getragen hätte, hätte sie ihn in die Luft geworfen. »Mann, dieses Mädchen! Meine Herren!« Sie legte den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
    »Du denkst doch nicht, daß Salvador das mit Morag von Zeb oder sonst jemand erfahren haben könnte, oder?« fragte ich, während ich überlegte, ob dies vielleicht die Erklärung für seinen Unmut sein könnte.
    »Nein«, erwiderte Yolanda. »Es klang nicht so, als ob es irgendwas mit ihr zu tun hätte.«
    »Hmm. Herrje«, sagte ich stirnrunzelnd und schlug die Hände vor den Mund.
    »Mach dir keine Sorgen, Darling«, beruhigte mich meine Großmutter. »Wirst du weiter nach Morag

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