Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
doch ganz klar; du fährst auf eine Tankstelle, gehst zum Tankwart und du bekommst Benzin. Du wirst bedient; jemand füllt deinen Tank, macht sich dabei vielleicht die Hände dreckig, wischt dir die Insekten von der Windschutzscheibe, überprüft die Reifen, was auch immer; du bezahlst die Rechnung, und das alles ist schön und gut… aber wenn du dich an die Zapfsäule stellst, dann mußt du selber tanken, du machst dir deine eigenen Hände dreckig, brichst dir vielleicht sogar noch einen Nagel ab, Herrgott noch mal; niemand überprüft deinen Ölstand, niemand wischt deine Windschutzscheibe ab, es sei denn, du machst es selbst; und du bezahlst haargenau dasselbe Geld! Ich meine, komm schon, findest du das logisch? Findest du das richtig?«
    »Nun, wenn man es so betrachtet – «
    »Ich frage dich ja nur, weil du vielleicht objektiv sein kannst, weil du nicht Auto fährst und vielleicht auch noch nie darüber nachgedacht hast, vielleicht ist es dir noch nicht mal aufgefallen. Ich meine, du warst noch nie in den Staaten, oder?«
    »Nein.«
    »Nein; genau. Also erwartest du keine Zapfsäulen, an denen du bedient wirst, und Zapfsäulen, an denen Selbstbedienung gilt, und weil du ein braves kleines Luskentyrianerkind bist, hast du wahrscheinlich auch nie Filme über die Staaten gesehen, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Genau; heutzutage wirklich ungewöhnlich, glaub mir. Also hast du – «
    »Oma?«
    »Was, Darling?«
    Ich lachte. »Ist das alles wirklich wichtig? Ich meine, spielt es wirklich eine Rolle?«
    »Zum Teufel, ja! Dienstleistung ist wichtig. Dieses Land war mal altmodisch und gediegen und irgendwie sozialistisch angehaucht; seit eurer Mrs. Thatcher ist es etwas besser geworden; die Leute sind höflicher, sie wissen, daß ihre Jobs auf dem Spiel stehen und daß jederzeit andere da sind, um sie zu übernehmen, sie wissen, es gibt andere Firmen, die dieselben Sachen für weniger Geld oder schlicht und einfach besser machen, also seid ihr mittlerweile schon auf dem richtigen Weg, verstehst du? Aber ihr habt immer noch einen langen Weg vor euch. Und ihr habt unterwegs eine Menge von eurem Charme und eurer Gediegenheit eingebüßt. Wenn ihr auf Charme verzichtet, dann solltet ihr besser verdammt aufpassen, daß ihr endlich rationeller arbeitet und konkurrenzfähig werdet, oder ihr geht den Bach runter, Baby. Diese ganze Scheiße mit eurem großen kulturellen Erbe wird die Leute nicht auf ewig zum Narren halten.«
    »… ist das ein Blaulicht hinter uns?«
    »Wie bitte? Aaah, Scheiße…«
    *
    »Verstehst du jetzt? Das war wieder einmal ein gutes Beispiel; wenn ihr gleich zu bezahlende Bußgelder hättet, hätten mir die Cops hundert, zweihundert Mäuse abknöpfen können; damit hätten sie schon das Benzingeld für ihren Blaulicht-Flitzer wieder rausgehabt. Und was bekomme ich statt dessen? Eine Verwarnung. Ich meine, das ist doch traurig!«
    »Ich glaube, es hat geholfen, daß du Amerikanerin bist«, bemerkte ich, während ich beobachtete, wie die Nadel wieder einen großen Bogen auf dem Tachometer zog. »Sind amerikanische Meilen tatsächlich kürzer als britische?«
    »Ich denke schon, oder nicht? Dasselbe wie mit Gallonen, glaube ich…« Yolanda machte eine abfällige Geste. »Ach, zum Teufel damit; es hat funktioniert. Sie haben uns weiterfahren lassen; wahrscheinlich hatten sie keine Lust auf den ganzen Papierkram.«
    »Hmm. Jedenfalls – « – ich hatte nachgedacht – »meinst du wirklich, Rationalität ist der beste Maßstab für solche Dinge?«
    »Was?«
    »Nun, wenn man eine Arbeit rationeller mit weniger Menschen erledigen kann, dann ist das sicher sehr gut für die betreffende Firma, aber wenn wir weiterhin alle in derselben Gesellschaft leben müssen, spielt es dann eine Rolle? In der Gemeinde könnten wir sicher etliche Dinge rationeller mit weniger Menschen erledigen, aber dann würden sich die Leute, die nichts zu tun haben, einfach nur nutzlos fühlen. Was für einen Sinn kann das haben? Man kann die Leute nicht einfach vom Hof verjagen oder sie einsperren oder sie umbringen, also warum sollte man ihnen nicht ihre Arbeit lassen, selbst wenn es weniger rationell ist?«
    Yolanda schüttelte den Kopf. »Darling, genauso haben es die Kommunisten gemacht, und schau dir an, was es ihnen eingebracht hat.«
    »Nun, vielleicht hatte das andere Gründe. Ich meine ja nur, daß Rationalität ein seltsames Maß ist, um daran zu messen, wie gut es einer Gesellschaft geht. Schließlich könnte es das

Weitere Kostenlose Bücher