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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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der anderen Seite des Regals mit der Suche anfangen könnten?«
    Seine Bitte war eine willkommene Abwechslung in dem beständigen Einerlei ihrer Tage, so dass sie sich auf ihre Aufgabe stürzte und dafür sogar ihre Handtasche wegstellte. Tommasos Zeigefinger lief über die Buchrücken. Warum standen hier so viele Kochbücher – dafür gab es in einem Hospiz doch nun wirklich keine Verwendung?
    »Hier.«
    Die ältere Frau hielt ein Kinderbuch in der Hand. Unsere Welt , hieß es. Auf der Titelseite waren Indianer und Cowboys zu sehen.
    »Danke, danke vielmals für Ihre Hilfe.«
    In der Mitte des Buches fanden sich ein paar farbige Karten. Tommaso sah zu der Frau hinüber, die vor Entsetzen erstarrte, als er mit einer raschen Bewegung die Seiten aus dem Buch riss.

62.
    62.
    Rigshospital, Kopenhagen Die direkte und unmittelbare Verbindung zwischen Theorie und Beweisführung war für sie etwas vollständig Ungewohntes. Hannah war es gewohnt, ihre Theorien erst einmal jahrelang mit ihren Kollegen zu diskutieren. Erst wenn die Physiker endlich eine einigermaßen zufriedenstellende, allseits anerkannte Theorie aufgestellt hatten, begannen sie mit der Suche nach den notwendigen Beweisen, wobei es alles andere als sicher war, dass diese Beweise noch zu Lebzeiten der Wissenschaftler gefunden wurden. Der englische Physiker Peter Higgs konnte sich als einen ausgenommen glücklichen Menschen betrachten; 1964 stellte er die Theorie über den Partikel auf, nach dem man nun mit voller Kraft in einem extra dafür hergestellten, siebenundzwanzig Kilometer langen, unterirdischen Tunnel in der Schweiz suchte. Higgs war mittlerweile achtzig. Fand man den Partikel, dessen Existenz er vor vierzig Jahren in seiner Theorie postuliert hatte, wäre er einer der wenigen Physiker, der die direkte Verbindung zwischen Theorie und Beweis erlebte. Er und schließlich auch Hannah.
    Sie betrachtete die Menschen im Eingangsbereich des Krankenhauses. Frauen und Männer in weißen Kitteln. Am Abend zuvor hatte sie die Logik eines Mordmusters erkannt und mit geografischer Präzision die Koordinaten ausgerechnet, ohne auch nur die entfernteste Ahnung davon zu haben, dass diese Koordinaten exakt den Standort des größten Krankenhauses des Landes beschrieben. Niels kam von seinem Rundgang in der Lobby zurück.
    »War doch klar. War doch klar!«, wiederholte er.
    Hannah wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie fühlte sich unwohl. Noch immer außer Atem, holte sie noch einmal das GPS aus der Tasche. Hatte sie sich geirrt? Sie schaltete es ein.
    »Funktionieren die Batterien wieder?«
    »Vielleicht.«
    Der kleine Positionierungscomputer begann zu arbeiten und fand sofort das Signal der Satelliten, die sich auf ihrer ewigen Bahn rund um die Erde befanden.
    »Und, was ist?«, fragte Niels ungeduldig.
    »Es passt. Es ist hier.«
    Sie sah ihn resigniert an. Niels schüttelte den Kopf. »Ärzte, Hebammen.«
    Hannah übernahm: »Krebsforscher, Laboranten, Chirurgen. Im Rigshospital geht es eigentlich immer darum, Leben zu retten. Hier wimmelt es von Menschen, die sich für die Bezeichnung ›guter Mensch‹ qualifizieren.«
    »Kannst du nicht den exakten Ort herausfinden?«, fragte Niels.
    »Noch weiter als jetzt können wir das nicht eingrenzen. Die Zeit ist knapp.«
    Niels fluchte und begann, wieder durch den Eingangsbereich zu traben. Dann kam ihm ein flüchtiger Gedanke: Hätte er nicht diese Scheißreisephobie, würde er jetzt vielleicht mit einem Drink in der Hand irgendwo an einem netten Pool sitzen. Dann könnte ihm der ganze Mist hier vollkommen egal sein. Stattdessen warf er einen Blick in die Personalkantine des Rigshospitals und sah Hunderte von Menschen in weißen Kitteln. Weiß als Abbild des Guten. Hitlers vertrauteste Soldaten trugen Schwarz. Ärzte hingegen Weiß. Hannah nahm seine Hand, sie wusste, was er dachte.
    »Es sind so viele.«
    »Ja«, sagte er. »Zu viele.«
    ***
    Der Mann am Empfang des Krankenhauses blickte nicht einmal vom Computer auf. Vielleicht hielt er die Frage auch ganz einfach für einen Scherz: »Wie viele Leute arbeiten hier?«
    »Generelle Fragen stellen Sie bitte an die Presseabteilung.«
    Niels hielt ihm seine Dienstmarke unter die Nase: »Ich habe Sie gefragt, wie viele Menschen hier arbeiten!«
    »Also…«
    »Wenn Sie alle mitzählen, also Ärzte, Pfleger und Schwestern, Putzfrauen, einfach alle …«
    »Wollen Sie einen bestimmten Patienten besuchen?«
    »Und Patienten und Angehörige! Nein, lassen Sie mich die Frage

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